Das Rote Kreuz probte den Ernstfall am Merania-Bad in Lichtenfels: Was ist zu tun, wenn Chlorgas austritt? Der simulierte Einsatz wurde bei einem realitätsnahen Szenario sehr professionell über die Bühne gebracht.
Martinshörner am beschaulichen Samstagnachmittag, eine Menge Blaulichter am Eingang zum Merania-Bad: Wenn Chlorgas austritt, ist höchste Eile, aber auch höchste Vorsicht geboten. Die meisten Schwimmbäder arbeiten mit Desinfektionsverfahren, bei denen Chlorgas eingesetzt wird. Hier kommt es bundesweit immer wieder zu Störfällen in den Chlorierungsanlagen, deswegen musste die Übung so realitätsnah wie möglich ablaufen.
Über 50 Aktive mit zwei Dutzend Fahrzeugen des BRK-Kreisverbandes demonstrierten bei einer Großübung ihre Schlagkraft - sowohl Einsatz als auch Ausrüstung konnten sich sehen lassen. Zweite Bürgermeisterin Sabine Rießner, Polizeichef Williband Lankes, der Geschäftsführer des Rot-Kreuz- Kreisverbandes, Thomas Petrak, und Kreisbrandrat Timm Vogler überzeugten sich vor Ort davon, dass die Helfer alles im Griff und sich die anschließende Brotzeit in der Betreuungsstelle des
BRK-Kreisverbandes redlich verdient hatten.
Gut zwei Stunden befanden sich die über Aktiven bei der Rettungsübung im Einsatz, sie haben ihr Wissen aufgefrischt und sind gerüstet, falls wirklich einmal etwas passieren sollte. Bei ihrem Vorgehen bewiesen die Rotkreuzler Schnelligkeit und Professionalität, lobten die Beobachter einhellig.
Professionelle Hilfe
Fünf Minuten nach der Alarmierung um 18.30 Uhr traf die Feuerwehr vom Gefahrenzug Lichtenfels/Main am Übungsort ein. Die Brandschützer hatten zwar keine Funktion bei der BRK-Übung, sicherten aber den Verkehr und verhinderten, dass Schaulustige die Rettungsarbeiten behinderten. Zuerst rollten Rettungswagen aus Kronach und Neustadt bei Coburg an. Sie waren vom Klinikum auf der Heimfahrt und wurden über die Rettungsleitstelle in Ebersdorf zum "Unfallort" umdirigiert.
Nach und nach kamen immer mehr Fahrzeuge mit ehrenamtlichen Helfern dazu.
50 Verletzte, davon 15 schwer, mussten sofort nach Abfrage in die umliegenden Krankenhäuser in Lichtenfels, Bamberg, Coburg, Neustadt oder Kronach transportiert werden. Leitender Notarzt Jürgen Murrmann stellte fest: "Die Patienten in der Kategorie ,Rot' werden nicht vor Ort erstversorgt, sondern müssen sofort in die Notfallaufnahme des Krankenhaueses". Verletzte in der Kategorie "Gelb" oder "Grün" könnten hingegen in den vorhandenen Fahrzeugen oder am "Verbandsplatz" behandelt werden.
In nur wenigen Minuten war das "Luftzelt" am Behandlungsplatz aufgeblasen. Notarzt Thomas Möhrlein vom BRK-Lichtenfels überwachte den Einsatz im Zelt, das mit modernsten Rettungsgeräten ausgestattet ist. Seine Aufgabe war, die Schwere der Verletzung festzustellen und die Patienten dann in die entsprechende Kategorie einzuteilen.
Zum Teil wurden nicht nur verätzte Atemweg behandelt, sondern auch Knochenbrüche und Hautverletzungen, die sich die Badegäste bei der Flucht aus dem Bad zugezogen hatten.
Eine wichtige Rolle fiel den Beobachtern und den Schiedsrichtern zu. Sie registrierten Einzelheiten des Übungsablaufes. Michael Stelzner von der BRK-Bereitschaft Neustadt berichtete über den Verbleib der Verletzten. "Wir wollen Fehler aufdecken und können Empfehlungen geben", sagte der erfahrene Rettungssanitäter.
Tobias Eismann, Taktischer Leiter, dirigierte die Helfer bei der so genannten Vollübung. "Wir bleiben außerhalb des Gefahrenbereichs und übernehmen die Verletzten von der Feuerwehr oder dem Technischen Hilfswerk", machte er deutlich. Der heutige Einsatz sei eine reine BRK- Übung, die anderen Hilfsorganisationen seien nicht mit eingebunden. Eine wichtige Aufgabe hatten auch die Männer und Frauen in den Räumen des BRK-Kreisverbandes.
Dort wurde im großen Saal eine Betreuungsstelle für 120 Unverletzte eingerichtet. "Oft sind die Betroffenen traumatisiert", erläuterte Michael Göbel, Fachdienstleiter der Schnelleinsatzgruppe. "Wir betreuen mit speziell ausgebildeten Fachkräften psychisch belastete Menschen", sagte er.
Betreuung für alle
Die Bezeichnung Notfallseelsorger wolle man nicht mehr beim BRK verwenden, da bei den unterschiedlichsten Konfessionen, zum Beispiel auch Angehörige des Islams, religiöse Gründe nicht im Vordergrund stehen sollten. "Wir betreuen aber auch Menschen, die nicht nach Hause kommen können, etwa weil sie durch Absperrungen nicht zu ihren Fahrzeugen gelangen können." Die Betreuten würden verpflegt und könnten auch hier übernachten.