25 Jahre Sport fürs Herz

2 Min
Petra Ernst (vorne) leitet seit 14 Jahren die Übungseinheiten der Herzsportgruppe Lichtenfels. Fotos: Andreas Schmitt
Petra Ernst (vorne) leitet seit 14 Jahren die Übungseinheiten der Herzsportgruppe Lichtenfels. Fotos: Andreas Schmitt
Dr. Erich Dünninger (rechts) hat alles dabei, was im Notfall lebensnotwendig sein kann. Dieter Kellermann ist indes der Organisator der gesellschaftlichen Aktivitäten der HSG. Foto: Andreas Schmitt
Dr. Erich Dünninger (rechts) hat alles dabei, was im Notfall lebensnotwendig sein kann. Dieter Kellermann ist indes der Organisator der gesellschaftlichen Aktivitäten der HSG.  Foto: Andreas Schmitt
 

Seit 25 Jahren gibt es in Lichtenfels eine Sportgruppe für Herzkranke. Dort testen sie ihre körperlichen Grenzen aus und sind Teil einer kleinen Familie.

Zum Aufwärmen laufen sie im Kreis. Anschließend werden Stäbe geworfen und es wird Federball gespielt. Zum Abschluss gibt es dann noch eine Runde Gymnastik.

Es ist eine ganz normale Trainingseinheit der Herzsportgruppe (HSG) Lichtenfels, für die Teilnehmer aber keine Selbstverständlichkeit. Denn sie haben einen gesundheitlichen Schicksalsschlag - zum Beispiel einen Herzinfarkt oder schwerste Operationen - hinter sich. Und damit eine Zeit, in der es ums nackte Überleben ging und ans Laufen, Werfen und Spielen nicht zu denken war.


Hilfe für Körper und Geist

"Wir wollen ihre körperlichen Werte verbessern und ihnen gleichzeitig neue Motivation geben, um den Alltag und das Berufsleben zu meistern", sagt Petra Ernst.
Die Krankenschwester leitet seit 14 Jahren das Training und ist die gute Seele der HSG, deren 120 Mitglieder aus dem ganzen Landkreis in die Turnhalle der Maximilian-Kolbe-Schule kommen. Neben dem normalen Übungsleiterschein, den sie alle zwei Jahre erneuern muss, hat Petra Ernst auch noch eine Spezialausbildung für Herzsport. "Ich will helfen. Es motiviert mich, wenn es den Leuten nach einem Rückschlag wieder besser geht", begründet die 57-jährige Mistelfelderin ihren Einsatz.

Gegründet wurde die Lichtenfelser Herzsportgruppe 1991. Das erste Training fand unter der Leitung des Coburger Krankengymnasten Herbert Marr statt. Er trainierte die HSG bis 2003, dann übernahm Petra Ernst.
Doch sie ist nicht alleine für die Sportler da, sondern es ist immer auch ein Arzt des Klinikums Lichtenfels vor Ort. "Falls etwas passiert, zählt jede Sekunde", begründet Dr. Erich Dünninger, Mitgründer der HSG. Defibrillator, Intubationsgerät, Insulin und vieles mehr hat er in seinem Koffer. "Wir sind ähnlich gut ausgerüstet wie ein Notarztwagen", sagt der Chefarzt für Kardiologie am Klinikum Lichtenfels. Mit fünf seiner Kollegen wechselt er sich ab, einer ist immer anwesend.


Immer ein Arzt vor Ort

Etwas Schlimmeres ist aber Gott sei Dank noch nicht passiert. Lediglich Kreislaufprobleme bei großer Hitze waren zu behandeln - und das, weil die Leute zu wenig getrunken hatten.

"Die Nachsorge der Herzpatienten war mangelhaft, nach der Reha waren die Patienten mit ihren Ängsten und Sorgen alleine", erinnert sich Dünninger, warum sich ein Ärzteteam um Professor Wilhelm Atzpodien für die Gründung einer Herzsportgruppe stark machte.

Als Träger konnte man die Volkshochschule gewinnen, in der die HSG eine der mitgliederstärksten Gruppierungen ist. Die Finanzen laufen über die Krankenkassen. Alle Teilnehmer kommen auf Verordnung ihrer Hausärzte, Werner Kosok hilft ehrenamtlich bei der Abrechnung.

Die Teilnehmer haben so den Kopf frei für das Wesentliche: die Verbesserung ihrer Werte und das Erleben des Gemeinschaftsgefühls. "Ich habe die anderen schon ein wenig vermisst", scherzt beispielsweise Thea Höppel aus Schönbrunn. Die 65-Jährige fährt seit zwölf Jahren montags nach Lichtenfels. Zuletzt hatte sie zwei Herz-Operationen binnen drei Tagen. Vor kurzem kam sie aus der Reha zurück und wenig später besuchte sie schon wieder die HSG. "Wenn man nicht mehr motiviert ist, kann man es vergessen", sagt sie.


Werte um 50 Prozent verbessert

Gerade machen die Sportler eine kleine Pause. Blutdruck- und Pulswerte werden überprüft und eingetragen. Dann geht es weiter. Heute spielen sie Federball, sonst auch gerne Tischtennis, Ringhockey oder Völkerball.
Reaktion, Ausdauer und Gleichgewicht werden dabei trainiert. Die Werte der Teilnehmer verbesserten sich - so Dünninger - oftmals um ein Drittel, manchmal sogar um 50 Prozent. "Viele Teilnehmer befinden sich in einer Art zweitem Leben und sind deshalb mit großem Eifer dabei."

Gerhard Deuerling aus Lichtenfels zum Beispiel hatte vor 20 Jahren einen Herzinfarkt, lebte danach auch dank des Trainings sehr gut. Im Dezember 2015 erhielt er einen Schrittmacher, jetzt ist er wieder da. "Es war klar, es hat ja vorher gut geklappt", sagt der 76-Jährige.

Mindestens genauso wichtig wie die körperliche Genesung ist vielen die Möglichkeit, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Erich Dünninger: "Es hilft, mit Betroffenen über seine Krankheit zu sprechen.

Deshalb gehen die Aktivitäten der Gruppe über die Sporthalle hinaus. Weinfahrt, Frühjahrsausflug und Weihnachtsfeier - das alles gehört dazu. Kein Wunder also, dass viele Teilnehmer schon zehn oder 20 Jahre mit der HSG verbunden sind. Mit dem 78-jährigen Otto Küthe aus Lichtenfels sportelte diesmal sogar ein Gründungsmitglied mit.