Der 79-jährige Albert Dietz erinnert sich an die Dauerschafkopf-Weltmeisterschaft 1971 in Staffelstein. Fünf Männer karteten damals mehr als zwei Wochen nonstop, um den Rekord eines Teams aus Marktoberdorf zu brechen.
Es klingt ein bisschen skurril, auf jeden Fall aber nach Guinness-Buch der Rekorde: Fünf Staffelsteiner Frühschöppler setzten sich 1971 tagelang an ihren Stammtisch, um eine Schafkopf-Weltmeisterschaft auszutragen. Vom 22. Januar bis 8. Februar karteten sie 408 Stunden nonstop im Gasthaus "Zur Linde". Albert Dietz nahm an dieser denkwürdigen Schafkopf-WM teil.
Die Idee wurde beim Frühschoppen am Stammtisch geboren, sagt der 79-Jährige. Georg Pfarrdrescher, Günter Weber, Alfred Senger, Andreas Lunz und er selbst griffen die Herausforderung einer Schafkopfrunde aus Marktoberdorf auf. Dort hatte eine Männerrunde kurz zuvor damit begonnen, einen Langstrecken-Schafkopf zu karten. Die Staffelsteiner sagten sich: Das können wir auch, das können wir sogar noch besser. Sie warteten zunächst ab, wie sich die Marktoberdorfer schlugen. Mit schelmischem Lächeln erinnert sich Albert Dietz: "Wir haben Spione runtergeschickt."
Die Stadt mit Leben erfüllt
"Zu diesem Zeitpunkt", sagt er, "war in Staffelstein nix los, da war null!" Deshalb entschlossen sich die fünf Männer, den Schafkopf-Marathon der Marktoberdorfer als Herausforderung zu sehen und deren Team zu überbieten. Der Staffelsteiner Landrat Ludwig Schaller und Bürgermeister Anton Mittelweger "waren voll hinter uns gestanden, denn wir haben Leben in die Bude reingebracht". Landrat und Bürgermeister sorgten mit einer Sondergenehmigung dafür, dass die Sperrstunde verkürzt wurde.
Im Gasthof "Zur Linde" (heute "Bei Manu") in der Bahnhofstraße begannen die fünf Männer am 22. Januar 1971 ihre WM. Vier von ihnen karteten pausenlos unter der Aufsicht eines Schiedsrichters, während sich abwechselnd der Fünfte eine Mütze voll Schlaf gönnen durfte. "Wir haben 16 Stunden gekartet, dann vier Stunden geschlafen", erklärt Albert Dietz den Ablauf.
Kost und Logis von der Wirtin
"Linden"-Wirtin Elsa Borhegyi verköstigte die Männer mit Speis' und Trank und stellte ihnen ein Schlafzimmer zur Verfügung. In der Gaststube herrschte während der Schafkopf-WM reger Betrieb, so dass die Wirtin auf ihre Kosten kam. Die Zuschauer standen um die Kartler herum und amüsierten sich.
Es sei sehr anstrengend gewesen, erinnert sich Albert Dietz. Das Karten ging irgendwann reflexartig und nahezu automatisch. Manchmal sackte einer übermüdet in sich zusammen oder nickte ein. "Wir ha'm sogar während dem Karten gegessen", fährt er fort. Wach gehalten wurden sie durch den regen Publikumsverkehr in der Gaststätte, die bis 1 Uhr nachts und ab 6 Uhr früh für die Allgemeinheit geöffnet war. "Die Bud'n war den ganzen Tag voll", beschreibt Albert Dietz die Szenerie. In der Nacht kartelten die Männer ohne Publikum weiter - unter der Aufsicht des Schiedsrichters.
Die Beine schwollen an
"Ohne medizinische Unterstützung hätten wir's niemals gepackt", beschreibt der Veteran die Strapazen an der Schafkopffront. "Mir ha'm solcha Baa droo hänga g'habt", ergänzt er und macht mit beiden Händen eine voluminöse Geste, die den Umfang der Waden verdeutlicht. Als "Mannschaftsarzt" war Dr. Hans Düchtel verpflichtet worden, der über die Unversehrtheit der Karter wachte. Die vom langen Sitzen angeschwollenen Beine der Männer wurden von Anita Pöhner massiert, die ein Fußpflegestudio betrieb. Und der Friseur-Obermeister Keller aus Schottenstein hatte sich um die Nackenmassage der fünf Schafkopfkarter zu kümmern.