Windkraft: Auch die Fledermaus ist in Gefahr

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Auch für den Großen Abendsegler sind Windkraftanlagen eine Gefahr, sagt Erich Schiffelholz. Foto: dpa
Auch für den Großen Abendsegler sind Windkraftanlagen eine Gefahr, sagt Erich Schiffelholz. Foto: dpa
Der Artenschutz darf nicht außer Acht gelassen werden, sagt Erich Schiffelholz.
Der Artenschutz darf nicht außer Acht gelassen werden, sagt Erich Schiffelholz.
 

Der Kulmbacher LBV-Kreisvorsitzende Erich Schiffelholz sorgt sich um Fledermäuse und Vögel, die durch Windkraftanlagen zu Tode kommen. Eine Untersuchung, wie sie an den neuen Wirsberger Windrädern gefordert wird, hält er für folgerichtig.

Windkraftanlagen gefährden viele Tiere - auch die Fledermaus. Das sagt der Kreisvorsitzende des Landesbunds für Vogelschutz, Erich Schiffelholz. Schiffelholz fordert im nachfolgenden Interview, dass beim Bestreben, die Energiewende weiter voranzutreiben, der Artenschutz nicht außer Acht gelassen werden darf.

Herr Schiffelholz, in Wirsberg wird das geforderte Monitoring kritisiert, mit dem geklärt werden soll, wie und wann sich im Umfeld der neuen Windräder Fledermäuse aufhalten. Ist die Windkraft für die Tiere eine große Gefahr?
Erich Schiffelholz: Die Fledermaus ist in Gefahr. Fledermäuse können durch die Kollision mit den Rotorblättern oder durch das "Barotrauma" zu Tode kommen. 50 Experten aus dem Bundesgebiet haben sich 2012 mit dem Thema befasst und ein Positionspapier erstellt.
Darin kommt man zu dem Schluss, dass bei Hochrechnung potenzieller Schlagopfer an einer Windkraftanlage die Verluste einen negativen Einfluss auf die Population haben können. Die Forderungen nach einer sorgfältigen Voruntersuchung von Standorten auf Fledermausvorkommen und nach einem Begleitmonitoring sind deshalb gerechtfertigt.

Wie hoch ist das Tötungsrisiko?
Es wird geschätzt, dass an jeder der derzeit etwa 22 000 in Deutschland betriebenen Windkraftanlagen zehn Tiere pro Jahr getötet werden. An Einzelstandorten können es 50 pro Anlage sein. Hochgerechnet ergeben sich damit jährlich 220 000 Schlagopfer. An Waldstandorten ist aufgrund der erhöhten Fledermausaktivität mit höheren Opferzahlen zu rechnen als an Offenlandstandorten.

Können die Populationsverluste ausgeglichen werden?
Fledermäuse bekommen pro Jahr maximal ein bis zwei Jungtiere. Verluste können daher nur langsam ausgeglichen werden. An großen Windparks mit einer hohen Schlagopferzahl kann die erhöhte Mortalität die lokale Population erheblich dezimieren oder sogar auslöschen. Die Schlagopferstatistiken führen mit Abstand die Arten Großer Abendsegler, Kleiner Abendsegler, Zwerg-, Mücken-, Rauhaut-, Breitflügel- und Zweifarbfledermaus an. Die sind auch in unserem Raum vorhanden oder ziehen hindurch. Experten befürchten, dass deren Populationen dramatisch einbrechen, sollten die neu gewonnenen Erkenntnisse beim weiteren Ausbau der Windenergie unberücksichtigt bleiben.

Ist der LBV gegen die Windkraft?
Naturschutzverbände sind für die Energiewende und damit auch für Windenergienutzung. Allerdings setzt die Akzeptanz eine umweltgerechte Planung voraus. Nicht jeder auserkorene Standort ist ein guter Standort. Anlagen sind abzulehnen, wo sie sich mit Belangen des Natur- und Artenschutzes nicht vereinbaren lassen. Jahrzehntelange Bemühungen des Natur- und Artenschutzes würden ad absurdum geführt. Auch dafür eingesetzte Steuermittel wären vergebens, wenn man ohne Fingerspitzengefühl agiert. Das scheint vielfach verloren zu gehen, winken doch offensichtlich gute Gewinne. Goldgräberstimmung hat sich mancherorts breit gemacht und verwehrt den Blick auf die Natur, unsere Mitgeschöpfe und Lebensgrundlagen.

Sorgt sich der LBV neben der Fledermaus um andere Tierarten?
Es geht nicht nur um Fledermäuse, sondern auch um Vögel, die immer wieder in Rotorblättern zu Tode kommen. In erster Linie ist an die Gruppe der Greifvögel zu denken. Hier rückt der Rotmilan in den Vordergrund, der die Liste der Schlagopfer anführt und von dessen Weltpopulation 60 Prozent in Deutschland beheimatet sind. Zudem muss man auch an Uhu und Schwarzstorch denken. Vorgeschriebene Mindestabstände jeder einzelnen Windenergieanlage zu Brutplätzen und Jagdhabitaten sollen Todesopfer vermeiden helfen. Ebenfalls wären Zugkorridore für Zugvögel freizuhalten.

Die Energiewende steht im Mittelpunkt. Darf der Tierschutz die politische Vorgabe bremsen?
Fledermäuse gehören beispielsweise zu den europaweit streng geschützten Arten. Es ist verboten, diese zu verletzen oder zu töten oder ihre Fortpflanzungs- und Ruhestätten zu zerstören. Das Tötungs- und Verletzungsverbot nach dem Bundesnaturschutzgesetz ist eng auszulegen. Es wird aber auch darauf verwiesen, dass "unvermeidbar betriebsbedingte Tötungen als Verwirklichung sozialadäquater Risiken" in der Regel nicht unter dieses Verbot fallen. Das Tötungsrisiko muss dann jedoch durch geeignete Maßnahmen reduziert werden. Werden diese umgesetzt und schlagen Anlagen dennoch weiterhin Fledermäuse, muss die Frage geklärt werden, ob es sich um ein "signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren" handelt, also ob der Tötungstatbestand als erfüllt anzusehen ist.

Sind die rechtlichen Vorgaben zum Schutz der Tiere ausreichend?

Sie sind ausreichend, wurden und werden nach Einschätzung der Experten jedoch bei der Planung und dem Betrieb der meisten Windenergieanlagen nicht ausreichend berücksichtigt. Demnach würde ein Teil der Anlagen naturschutzfachlich widerrechtlich betrieben.

Was sagen Sie zu den Diskussionen in Wirsberg?
Aufgrund der allgemein erlangten Erkenntnisse und der geltenden Rechtslage erscheint es alles andere als "Schikane und Unfug", wie es Bürgermeister Hermann Anselstetter genannt hat, wenn es darum geht, Schaden von artengeschützten Tieren abzuwenden oder zu reduzieren. Im Fall Wirsberg-Sessenreuth müsste es das Ziel sein, mit Hilfe von Abschaltzeiten, die in mehreren Phasen den Flugaktivitäten der Fledermäuse angepasst werden, das Risiko für die Tierart zu minimieren.

Die Eigentümer klagen auch darüber, dass die Abschaltzeiten zu Einnahmenverlusten führen.
Es ist schwer vorstellbar, dass die gesamte Eigentümergemeinschaft uneingeschränkt der gleichen Meinung wie die Geschäftsführung der Beermann Windkraft GmbH & Co. Sessenreuth KG ist. Ein Einlenken und als Folge die Durchführung der geforderten Untersuchungen wäre wünschenswert, zumal die Eigentümer damit den Beweis erbringen würden, dass es ihnen nicht nur ums Geld geht.

Das Gespräch führte Alexander Hartmann