Die Familie Stöcker verabschiedet sich schweren Herzens im Mai aus den "Kesselstuben". Ob es weitergeht, ist derzeit nicht gesichert. Die Suche nach einem Nachpächter gestaltet sich schwierig.
Da blutet jedem Freund der fränkischen Wirtshauskultur das Herz: Mit den "Kesselstuben" im Kulmbacher Stadtteil Weiher droht wieder ein Wirtshaus von der Bildfläche zu verschwinden.
"Die Kesselstuben sind ein gut eingeführtes Lokal mit einer großen Zahl von Stammgästen und Vereinen. Wir trennen uns schweren Herzens", sagt Michael Stöcker (34). Und seine Mutter Helga (60) betont: "Es war eine wunderbare Zeit."
Der Xaver fehlt Doch seit ihr Mann Xaver vor knapp einem Jahr gestorben ist, fehlt in dem Familienbetrieb ein wichtiger Mann, um den Wirtschaftsbetrieb stemmen zu können. Denn Michael Stöcker hat gemerkt, dass er durch die Mehrfachbelastung - der Koch hat die Mensa des MGF-Gymnasiums gepachtet und betreibt außerdem einen Partyservice - an seine Grenzen stößt. "Für uns zu zweit ist es nicht zu schaffen.
Und meine Frau kann mit unserem kleinen Kind auch nicht so mithelfen."
Am 31. Mai ist für die Familie Stöcker offiziell Schluss in der Hans-Herold-Straße. Das Lokal ist aber schon vorher zu, um auszuräumen und zu renovieren. "Damit ein neuer Pächter sofort loslegen kann", sagt Stöcker und hofft, dass es weitergeht.
25 Vereine und Stammtische Derzeit gibt es keinen Nachfolger - vor einer Woche sah's noch ganz anders aus. Michael Stöcker: "Der Pächter war da und der Vertrag unterschriftsreif - doch jetzt ist er wieder abgesprungen." Was der 34-Jährige nicht verstehen kann: "Die Kesselstuben haben einen guten Namen als Gasthaus mit gutbürgerlicher deutscher Küche. Wir sind offizielle Sky-Sportsbar und haben 25 Vereine und Stammtische bei uns. Es sind sogar schon Weihnachtsfeiern angemeldet.
Der Nachpächter könnte nahtlos weitermachen."
Bei der Kulmbacher Brauerei hat man Verständnis für die Entscheidung der Familie Stöcker. "Sie sind an ihre Belastungsgrenze gestoßen", sagt Gebietsverkaufsleiter Klaus Harreis.
Ideal wäre deutsche Küche Die Brauerei unterstützt den Bayreuther Eigentümer des Lokals bei der Suche nach einem neuen Wirt. "Er will auch, dass die gastronomische Nutzung erhalten bleibt. Ideal wäre ein Koch, der deutsche Küche anbietet", so Harreis. Die Brauerei sei auch bereit, sich bei Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen finanziell zu engagieren.
Dabei denkt Harreis besonders an die Vereine und Stammtische und an die Stammgäste.
"Die brauchen alle ein Wirtshaus in ihrem Viertel", betont er.
Wie schwierig es ist, ein neues Lokal zu finden, erleben gerade die Mittwochskartler um Bernd Murrmann: "Wir haben noch keine Alternative. Es gibt ja nicht so viele Wirtschaften, wo Schafkopfer willkommen sind. Leider Gottes sterben solche Wirtshäuser immer mehr aus." Murrmann zieht das ATS-Sportheim in Erwägung, ihm wäre es aber am liebsten, wenn es in den "Kesselstuben" weitergeht.
"Der eigene Raum war ideal" Genauso denkt Werner Müller von den Stomping-Deputies-Linedancer. "Wir waren hier sehr zufrieden. Wir hatten unseren eigenen Raum im Keller, das war ideal." Übergangsweise wird nun im Mönchshof-Bräuhaus getanzt.
Beim Dart-Club Kulmbach bedauert man es, dass in den "Kesselstuben" erst mal Schluss ist.
"Wir sind auf der Suche", sagt Frank Holzmann, "schöner wäre es aber, wenn wir in den Kesselstuben bleiben könnten."
Während ihr Sohn ein Fassbier zapft, trauert Helga Stöcker den alten Zeiten nach und weiß schon jetzt: "Ich werde das alles vermissen. Ich hab's immer gern gemacht, obwohl ich nie eine Gastwirtschaft machen wollte. Wir sind da so reingerutscht." Sie und ihr Mann Xaver hätten vor 25 Jahren angefangen - 18 Jahre in den "Kesselstuben" und vorher im DJK-Sportheim.
Staatssekretär als Erbauer "Uns hat's Spaß gemacht, wir haben viele nette Leute kennengelernt", bedauert Michael Stöcker und hofft, dass es nicht das Ende für eine Gastwirtschaft ist, die 1968 unter dem Namen "Kulmbacher Hof" vom SPD-Bundestagsabgeordneten und Staatssekretär Karl Herold erbaut wurde.