Wie super ist Superfood wirklich?

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Bunt und gesund: Heimische Beeren - hier verschiedene Johannisbeeren - sind eine preiswerte Alternative zu vermeintlichem Superfood. Symbolbild: stock.adobe.com - Alexander Raths
Bunt und gesund: Heimische Beeren - hier verschiedene Johannisbeeren - sind eine preiswerte Alternative zu vermeintlichem Superfood. Symbolbild: stock.adobe.com - Alexander Raths
 

Exotische Lebensmittel versprechen wahre Wunder. Aber was ist dran an Chia, Goji und Co.?

Die Werbung ist vielversprechend. Von "Nährstoffwundern" ist da die Rede und davon, dass sie uns gesünder, fitter, schlanker und schöner machen: Superfood ist - im wahrsten Sinne des Wortes - in aller Munde. Goji-Beeren und Acerola-Kirchen, Chia-Samen und Spirulina-Algen sollen nicht nur Herz und Immunsystem stärken, sondern auch das Risiko für Krebs, Diabetes, Alzheimer und Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken.

Nebenwirkungen? Vor allem eine: All diese Superfoods, erzeugt weltweit und über weite Wege in die Supermarktregale transportiert, gehen gewaltig ins Geld.

Stolze Preise

Während ein Kilo heimischer Leinsamen, von dem noch die Rede sein wird, für zwei, drei Euro zu haben ist, schlagen Chia-Samen mit 14 Euro je Kilogramm, Goji-Beeren mit 20 Euro je Kilogramm und Spirulina-Algen mit stolzen 70 Euro je Kilogramm beim Einkauf tüchtig zu Buche.

Gibt es Alternativen? Ja, sagt Birgit Distler, Ernährungsexpertin aus dem Kulmbacher Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: "Superfood hat eine starke Marketingpräsenz, und scheinbar kommt keiner daran vorbei." Im Vergleich könnten heimische Lebensmittel aber mehr als mithalten, wenn es um die Inhaltsstoffe gehe. "Deutlich punkten wir bei Themen wie Umwelt und Nachhaltigkeit."

Und was ebenfalls wichtig sei: "Wir wissen, wo's herkommt." Da schneiden nach Birgit Distlers Überzeugung Erzeugnisse aus der Region deutlich besser ab als Lebensmittel, die eine weite Anreise hinter sich haben.

Ähnlich sieht man das im Kompetenzzentrum für Ernährung in Kulmbach. Das Superfood schlechthin gebe es ohnehin nicht, sagt Christiane Brunner, Bereichsleiterin für Ernährungsinformation und Wissenstransfer. "Allgemein versteht man unter Superfood Lebensmittel, die reich an Vitaminen, Mineralstoffen oder Antioxidantien sind. Ihnen wird eine besonders hohe gesundheitsfördernde Wirkung nachgesagt."

Um mit der gesundheitlichen Wirkung werben zu dürfen, seien zahlreiche wissenschaftliche Studien möglich. Eine solche Art der Werbung sei derzeit keinem der aktuellen "Superfoods" erlaubt. "Es gibt also keine gesicherten Aussagen darüber, ob Goji-Beeren, Acai-Beeren oder Chia-Samen wirklich so einen positiven Effekt auf unsere Gesundheit haben", betont die Expertin. "Was jedoch sicher ist: dass zuckerreiche Müsliriegel oder Joghurtdrinks mit ein paar Goji-Beeren nicht gesünder werden. Die meisten Aussagen zu Superfood sind reine Werbung für das Produkt."

Heimische Produkte

Ebenso wie schon Birgit Distler verweist auch Christiane Brunner auf heimische Produkte, die genauso gut und gesund seien wie vermeintliches Superfood. Leinsamen und Leinöl Reich an Vitamin E und Kalium, liefert Eisen und Zink und Omega-3- sowie Omega-6-Fettsäuren, die regulierend auf den Cholesterinspiegel einwirken; eine gute Alternative zu Chia-Samen Johannisbeeren und andere heimische Beeren Reich an Vitaminen, Mineralstoffen, Vitamin C, Vitamin B, Kalium (besonders hoch bei schwarzen Johannisbeeren), Eisen und Kalzium, dazu kalorienarm; Alternative zu Goji-Beeren Wildbeeren wie beispielsweise Holunder Reich an Inhaltsstoffen; Alternative zu Acai-Beeren. Walnüsse Alternative zu Avocados. Walnüsse haben einen höheren Gehalt an der einfach ungesättigten Fettsäure Ölsäure sowie an mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Hinzu kommt, dass Walnüsse sehr gut in Deutschland wachsen können und lange lagerfähig sind. Bei der Erzeugung von Avocados ergibt sich eine negative Ökobilanz. Hirse und Hafer können eine Alternative sein zu Quinoa, das fast ausschließlich aus der Andenregion zu uns kommt. Hirse liefert wertvolle Proteine und Eisen und ist glutenfrei. Auch Hafer liefert viele Proteine und ist gut verträglich. Hinsichtlich des Glutens ist sich die Wissenschaft noch nicht ganz einig. Sowohl Hirse als auch Hafer gibt es aus heimischer Erzeugung.

Regional, saisonal

Und schließlich hat die Fachfrau noch einen ganz simplen Rat: "Das beste und günstigste Superfood, das es gibt, ist unser regionales und saisonales Obst und Gemüse." Ein vielfältiges und buntes Angebot und kurze Transportwege sprächen klar dafür. Ein tolles Superfood seien auch Produkte aus Vollkorn, wie Brot oder Nudeln.

"Verteufeln braucht man exotisches Superfood dennoch nicht", so Christiane Brunner. "Es kann den eigenen Speiseplan bereichern und neue Geschmackserlebnisse vermitteln."

Kommentar: Der honigsüße Etikettenschwindel

Mancher lebt auf Kosten seiner Gesundheit. Die Wiederherstellung der verloren gegangenen Gesundheit lässt er sich dann allerhand kosten. Teures "Superfood" muss her, als Wundermittel gepriesene Früchte und Körner vom Ende der Welt.

Super ist das meiste Superfood vor allem für einen: Den Händler, der dank eines ausgeklügelten Marketings manches völlig überteuerte Produkt unter die hoffnungsvoll-gläubigen Verbraucher bringen kann.

Beispiel gefällig? Der Manuka-Honig aus Neuseeland. Manuka-Honig ist ein von Honigbienen aus dem Blütennektar der Südseemyrte (Manuka) erzeugter Honig, der traditionell als Naturheilmittel verwendet wird und unter anderem antibakterielle Eigenschaften aufweist.

Schnelle Wundheilung, schöne Haut, bessere Immunabwehr oder eine Verbesserung des Wohlbefindens: Es gibt viele Gründe, warum sich Menschen Manuka-Honig kaufen und dafür durchaus einmal einen Hunderter für ein handelsübliches 500-Gramm-Glas hinlegen.

Das Problem dabei: Nicht überall, wo Manuka draufsteht, ist Manuka drin. Nach Recherchen des Manager-Magazins wurden vor zwei Jahren in Neuseeland 1700 Tonnen Manuka-Honig erzeugt - in den weltweiten Verkauf kamen aber rund 10 000 Tonnen. Finde den Fehler!

Wirklich schützen kann man sich als Verbraucher vor derartigem Etikettenschwindel kaum. Zu weit sind die Wege, die Quinoa-Körner aus den Anden, Chia-Samen aus Mexiko oder Goji-Beeren aus China zurücklegen, bevor sie bei uns in den Ladenregalen landen. Es gilt das Prinzip: Zahlen und hoffen.

Aber es geht anders. Auf den Feldern und in den Gärten und Wäldern rund um Kulmbach wächst Superfood in rauen Mengen. Man kann es selber ernten. Man kann direkt beim Erzeuger kaufen und nachfragen, wie es sich verhält mit Anbau und Ernte. Man bekommt frische Produkte ohne lange Transporte. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Und den heimischen Bauern hilft's auch. Ist das nicht super?