Man registriere durchaus mehr Verkehrsgeräusche, sagt eine Anwohnerin des Flurwegs. "Das sagen auch die Nachbarn, wenn man sich mal über den Gartenzaun unterhält." Eine Lärmschutzwand oder ähnliches wäre schon schön gewesen. Die aber ist, wie aus dem Staatlichen Bauamt zu erfahren ist, auch künftig nicht vorgesehen.
"Laster durchs Wohnzimmer"
So schlimm, wie von manchen befürchtet, ist es allerdings nicht gekommen. Das jedenfalls neint Annemarie Heidenreich. "Ja, man hört das Rauschen von der Straße", sagt sie. "Aber ich empfinde das nicht unbedingt als störend."
Es sei jedenfalls kein Vergleich zu dem Lärm, den die Anwohner der Hauptstraße über Jahrzehnte hinweg hätten ertragen müssen. "Die hatten ja manchmal das Gefühl, als würden die Laster direkt durchs Wohnzimmer fahren."
Angenehm überrascht ist selbst Bernd Matthes, seit der Planungsphase bis zum heutigen Tag einer der entschiedensten Kritiker der Ortsumgehung. "Wenn man im Haus ist, stört die Straße nicht. Wie es ist, wenn man wieder mehr im Garten sein kann, wird man sehen", sagt er. Dass sich die Stadt Kulmbach dafür stark gemacht habe, dass auf der Straßenoberfläche sogenannter Flüsterasphalt aufgebracht wurde, mache sich aber offensichtlich bezahlt.
In der Zettlitzer Straße ist es Matthes zufolge sogar deutlich ruhiger geworden: Die Verbindung nach Unter- und Oberzettlitz erfolgt jetzt nicht mehr über die Ortsstraße, sondern über eine neue Anschlussstelle an der Umgehungsstraße. Die Zettlitzer Straße befahren nun nur noch die Anlieger.
Hätte es eine Nummer kleiner auch getan?
"Eine Nummer kleiner hätt's auch getan!" Solche und ähnliche Sätze hörten wir öfter, als wir nach den ersten Erfahrungen mit der neuen Melkendorfer Ortsumgehung fragten.
Zu denen, die das 15,6 Millionen Euro teure Projekt nach wie vor sehr kritisch beobachten, gehört Bernd Matthes, der selbst in Melkendorf lebt und Kopf jener Bürgerinitiative war, die schon in der Planungsphase gegen die neue Straße zu Felde gezogen war. Er ist der festen Ansicht, dass der Flächenverbrauch für die Straße zu groß ist, und dass man der sensiblen Natur im Rotmain-Tal damit großen Schaden zugefügt hat. Alles in allem sei die Umgehung zu üppig dimensioniert - was im übrigen auch für die im Bau beziehungsweise in der Planung befindlichen Ortsumgehungen in Untersteinach und Stadtsteinach gelte.
Was die Melkendorfer Umgehung angehe, so Matthes weiter, sei der Eindruck nicht von der Hand zu weisen, "dass man hier Stück für Stück an einem Autobahnzubringer zur A 70 baut".
Ist insbesondere der Kreisel zwischen Melkendorf und Kulmbach zu groß geraden? Hätten es einfache Auf- und Abfahrten nicht auch getan? Nein, sagt Abteilungsleiter Siegfried Beck vom Staatlichen Bauamt Bayreuth. "Der Kreisverkehr bietet den Vorteil, dass die Verkehrsströme zweifelsfrei auf die neue Umgehung gelenkt werden können. Mit einem konventionellen Knotenpunkt mit Linksabbiegestreifen wäre der Hauptverkehrsstrom zur Umgehung untergeordnet und wartepflichtig. Damit würde für den Verkehr von Melkendorf nach Kulmbach die Fahrtrichtung zur Schauer-Kreuzung wieder Vorrang haben und die Hervorhebung der Umgehung als Entlastungsstrecke konterkarieren."
Und was ist mit den neuen Schutzplanken an der Theodor-Heuss-Allee? Seit 30 Jahren sei er dort unterwegs, sagte uns ein Autofahrer. Bisher sei es doch auch ohne gegangen. Hier verweist Abteilungsleiter Beck auf die Vorschriften: Böschungshöhen, Bauwerke, Masten, Durchlass - das seien entlang der neuen Straße Faktoren, für die die gesetzlichen Regelwerke Schutzplanken in dieser Größenordnung vorsehen.
Eine Straße ins Nirgendwo?
Zwei Wege führen von Melkendorf nach Kulmbach. Der eine geht über die Theodor-Heuss-Allee durchs Industriegebiet, der andere auf der Staatsstraße 2190 an der Gärtnerei Herzog vorbei zur Schauer-Kreuzung.
Um letzteren zu finden, muss man freilich ortskundig sein: Ausgeschildert wurde nach dem Bau der Melkendorfer Ortsumgehung nämlich nur die Route über die Theodor-Heuss-Allee. Auf die andere Variante deutet auf der großen Hinweistafel, die am Kreisverkehr steht, nur ein namenloser Strich hin, der dem Fremden suggeriert, er habe es hier mit einer Straße ins Nirgendwo zu tun. Ein Schildbürgerstreich? Mitnichten! Abteilungsleiter Siegfried Beck vom Staatlichen Bauamt in Bayreuth weist darauf hin, dass die gesamte Beschilderung im Bereich der Ortsumgehung mit der Stadt Kulmbach als der zuständigen Straßenverkehrsbehörde abgestimmt worden sei. "Mit der Nichtbeschilderung in Richtung der Schauer-Kreuzung soll bewusst der überörtliche Verkehr über den Kreisverkehr auf die neue Umgehung und zur B 289 geleitet werden" beantwortet Beck eine entsprechende Anfrage der Bayerischen Rundschau.
Jetzt alle paar Tage nachzufragen, wie es den Melkendorfern geht, ist zwar verständlich, jedoch gleichzeitig unsinnig. Erstmal kehrt natürlich Ruhe entlang der Ortsdurchfahrt ein. Entscheidend ist jedoch, wie sich die Entwicklung des örtlichen Handels und der Gaststätten nun gestaltet. Und dies wird sich erst in einem Jahr zeigen. Da braucht man nur z.B. nach Wallenfels zu blicken. Nach der Freigabe der Umgehung war eitel Sonnenschein bei allen Beteiligten. Aber nach ca. 2 Jahren stellte sich die Rezession ein. Geschäfte und Gaststääten schlossen, die Bevölkerung nimmt kontinuierlich ab, Häuser stehen leer und verfallen z.T., die Attraktivität leidet stark. Und auch 15 Jahre nach Freigabe der Umgehdung ist keine sichtbare positive Entwicklung zu erkennen. Wallenfels dümpelt nur noch dahin.