Weihnachtsduft bei 30 Grad: Warum ein Kulmbacher Supermarkt schon Lebkuchen verkauft

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Michael Seidl, Inhaber des Edeka-Markts Am Goldenen Feld in Kulmbach, verkauft im Hochsommer Lebkuchen und Glühwein. Foto: Andreas Schmitt
Michael Seidl, Inhaber des Edeka-Markts Am Goldenen Feld in Kulmbach, verkauft im Hochsommer Lebkuchen und Glühwein.  Foto: Andreas Schmitt
Ein Kameramann des Bayerischen Fernsehens hat am Montagvormittag das Regal mit den Lebkuchen und dem Glühwein gefilmt. Foto: privat
Ein Kameramann des Bayerischen Fernsehens hat am Montagvormittag das Regal mit den Lebkuchen und dem Glühwein gefilmt.  Foto: privat
 
Harry Luck Foto: privat
Harry Luck  Foto: privat
 
Michael Seidl. Foto: Andreas Schmitt
Michael Seidl.  Foto: Andreas Schmitt
 

Der Edeka-Markt Seidl verkauft jetzt schon Lebkuchen und Glühwein. Am Montag lockte das außergewöhnliche Sommerangebot Fernsehteams nach Kulmbach.

"Mit dem Medienecho hätten wir nicht gerechnet", sagt Michael Seidl. Der Inhaber des Edeka-Marktes Am Goldenen Feld war am Montag ein begehrter Gesprächspartner.

Der Bayerische Rundfunk drehte in seinem Laden für die "Abendschau", Bayern 1 berichtete im Radio, Bild-Zeitung, RTL und Augsburger Allgemeine auf ihren Internetseiten. Und das alles wegen einem einzigen, aber für die Jahreszeit eben ungewöhnlichen Regal-Aufsteller.


Schon 90 Packungen verkauft

"Der Hersteller hat gefragt, und wir haben uns nach kurzer Überlegung entschieden, es einfach mal zu testen", erklärt Seidl, wie es dazu kam, dass er 2017 so früh Lebkuchen und Glühwein verkauft wie noch nie. Mit Erfolg: 90 der 144 gelieferten Packungen Elisen-Lebkuchen und zwei Kartons Glühwein, der ohnehin auf Lager war, sind seit 28. Juli verkauft.

Denn vor gut zwei Wochen schon hat Seidls Team das Regal aufgestellt. Überregionale Aufmerksamkeit erregen die Produkte aber erst, seit ein Twitter-Nutzer sie fotografiert und über das Netzwerk verbreitet hat.

"Das war nicht unser Ziel", sagt Seidl. Er berichtet, dass ihn in den Vorjahren mehrfach Kunden schon im Spätsommer nach Lebkuchen gefragt hätten. "Für diese Leute wollten wir es einfach mal anbieten. Wer jetzt noch keine Lebkuchen haben will, muss ja noch keine kaufen", sagt Seidl. Er betont, dass "richtige Weihnachtsartikel" wie Nikoläuse oder Zimtsterne erst ab Allerheiligen in den Markt kämen.

Geliefert wird das Gebäck von Elisen-Lebkuchen Frank. Beim 152 Jahre alten Traditionsbetrieb aus Arzberg im Fichtelgebirge weiß man, dass der Verkauf von Lebkuchen im Hochsommer polarisiert. "Wir sind seit Jahren die ersten auf dem Markt. Das ist ein guter Werbeeffekt. Unser Name bleibt im Gedächtnis der Kunden", sagt Geschäftsführer Helmut Frank. In Supermärkten in Marktredwitz, Wunsiedel und Arzberg mache man damit seit einem Jahrzehnt gute Erfahrungen.


Kundennachfrage vorhanden

"Die Kunden nehmen den Marketing-Gag gerne an. Schließlich sind die ersten frischen Lebkuchen die besten", sagt Frank, für dessen Firma die ersten kleinen Liefermengen keinen finanziellen Gewinn brächten. "Aber der Zeitgeist ändert sich. Und es ist auch schwierig, die Nachfrage der Kunden und des Handels abzulehnen. Das kann sich keine Firma leisten."

Außerdem, so der Geschäftsführer, seien Lebkuchen traditionell kein reines Weihnachtsgebäck. "Vor Hunderten von Jahren waren sie ein Ganzjahresartikel, und auch heute sind sie eher ein Herbstgebäck. Es spricht also nichts dagegen, sie auch im Sommer in kleinen Mengen zu verkaufen."


Lebkuchen gehört in den Advent

Ganz anders sieht das Harry Luck, Journalist, Autor, Pressesprecher des Erzbistums Bamberg und Initiator der Facebook-Seite "Kein Lebkuchen vor dem 1. Advent". "Für mich gehört ein Lebkuchen in die Adventszeit, und ich sehe mich um die Vorweihnachtsstimmung gebracht, wenn es ihn schon im August gibt. Alles hat seine Zeit hat", sagt Luck, dessen Seite bis Montagabend 984 "Gefällt mir"-Angaben erhielt.

Er argumentiert: "Der Rhythmus gehört zum Leben. Was passiert, wenn er durcheinander gerät, merkt jeder, der nach einem Interkontinentalflug einen Jetlag hat, und jeder Schichtarbeiter, der die Nacht zum Tag macht."
Seiner Meinung nach gebe es den Rhythmus des Tages mit seinen Tageszeiten und den Rhythmus des Jahres, der von Jahreszeiten und Festen geprägt sei. "So wenig wie das Frühstück in die Abenddämmerung passt, so wenig gehört die Adventszeit in den Sommer."


"Nicht alles muss verfügbar sein"

Zum Argument von Helmut Frank, Firmen müssten auf die Kundennachfrage reagieren, sagt Luck: "Wir haben eine Mentalität, dass alles jederzeit verfügbar sein muss - egal, ob es passt oder nicht. Das ist nicht gut." Laut Umfragen ärgere es fünf von sechs Befragten, dass es im August Lebkuchen gebe.

Seine Meinung, so Luck, spiegele auch die Denkweise der Kirchen wider. "Die zur Advents- und Weihnachtszeit gehörenden Bräuche sollen erhalten bleiben", sagt er. Auch die evangelische Kirche habe schon vor Jahren die Initiative "Advent ist im Dezember" gegründet, die in die gleiche Richtung zielt.