Die Bauarbeiten für den Ostbayernring haben begonnen. Landwirt Eugen Pittroff will die geplante Stromtrasse direkt vor seiner Haustür aus Angst um die Gesundheit seiner Familie aber weiterhin verhindern. Hat er mit einer Klage eine Chance?
Der Ausblick von Eugen Pittroffs Hof im Neuensorger Ortsteil Vorderrehberg könnte malerischer nicht sein. Grüne, sanft geschwungene Wiesen, Wälder und in der Ferne der Horizont der Frankenwaldlinie. "Wunderschön, aber verloren", sagt der 53-jährige Landwirt mit einer tiefen Traurigkeit in der Stimme. Eigentlich wollte sein Sohn vor diesem Traum-Panorama zwei Ferienhäuser bauen, um sich ein zweites Standbein zur Landwirtschaft zu schaffen, und Eugen Pittroff für sich ein behindertengerechtes Wohnhaus. Die Pläne waren schon genehmigt, liegen jetzt aber auf Eis.
Der 53-Jährige ist schwerbehindert, leidet an einer neurologischen Erkrankung. Dafür macht er die Stromleitung verantwortlich, neben der er schon als Kind gespielt und unter der er als Landwirt ein Leben lang gearbeitet hat. Und nun rückt die Freileitungstrasse noch näher an seinen Hof heran. Da die wenigen Häuser in Vorderrehberg nicht als Siedlungsgebiet gelten, muss der sonst vorgeschriebene Mindestabstand von 400 Metern nicht eingehalten werden. Stattdessen soll in nur 200 Metern Entfernung die neue Stromautobahn "Ostbayernring" entstehen.
An 19 Mast-Standorten im Landkreis Kulmbach hat der Bayreuther Netzbetreiber Tennet Ende August mit den Arbeiten am Ostbayernring, dem Ersatzneubau der bestehenden Stromtrasse von Redwitz nach Schwandorf, begonnen. Es werden Arbeitsflächen und Baustellen eingerichtet, Zuwege geschaffen, Fundamente gesetzt und bereits Masten aufgebaut. Aber alles so, dass es notfalls wieder vollständig zurückgebaut werden kann.
Noch keine Genehmigung
Denn die offizielle Baugenehmigung, der Planfeststellungsbeschluss durch die Regierung von Oberfranken, der eigentlich für Spätsommer angekündigt war, fehlt nach wie vor. Derzeit baut Tennet lediglich mit einer vorzeitigen Bauerlaubnis. "Wir gehen davon aus, dass wir den Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt zwischen Redwitz und Mechlenreuth in den nächsten Tagen erhalten werden", sagt Markus Kretzler von Tennet. Laut Regierung von Oberfranken steht das Verfahren "mittlerweile kurz vor dem Abschluss". Der Netzbetreiber hat keine Zeit zu verlieren, denn er muss den Bau des neuen Ostbayernrings bis zur Abschaltung der Bestandsleitung im europäischen Verbundnetz im Sommer 2022 ausreichend vorbereiten.
Ein jahrelanger Kampf
Sobald der Beschluss vorliegt, könnte Eugen Pittroff klagen. Seit vielen Jahren schon wird in Neuensorg gegen die Stromautobahn gekämpft. Sogar eine Bürgerinitiative hatte sich gegründet, die sich mit großer Unterstützung der Marktgemeinde Marktleugast, des Landkreises und der Bundestagsabgeordneten Emmi Zeulner (CSU) vehement für eine Erdverkabelung eingesetzt hatte. Doch alle Bemühungen waren umsonst und die Enttäuschung riesengroß, als der Bundestag im Februar beschloss, den Ostbayernring komplett als Freileitungstrasse bauen zu lassen. "Es ist sehr sehr unbefriedigend, wie das von der Politik ganz oben, und damit meine ich die Herren Aiwanger und Altmaier, gelaufen ist. Es gibt solche Pilotprojekte mit Erdverkabelung in Deutschland, das ist ja das Hässliche an der Geschichte", sagt der Marktleugaster Bürgermeister Franz Uome (CSU), der genau wie Emmi Zeulner und die Landkreisverwaltung nach wie vor in engem Kontakt mit der Familie Pittroff steht.