Am Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit. Dekan Hans Roppelt bietet eine Woche zum Thema an. Aber nicht nur christliches Fasten scheint im Trend zu liegen.
Beim Fasten geht es nicht darum, sich zu knechten, sondern es geht darum, bewusst auf etwas zu verzichten und dadurch offener für Gott und die Umwelt zu werden. Das zumindest ist die Auffassung von Dekan Hans Roppelt, für den beim christlichen Fasten drei Dinge zusammengehören: "Fasten, Beten und Gutes tun." Persönlich hat der katholische Geistliche die Fastenzeit schon mindestens 15 Mal mit strengem Heilfasten eingeleitet. Jedes Jahr auf Neue. In diesem Jahr will er auch in Kulmbach eine Fastengruppe leiten.
"Fasten kann eigentlich jeder: Vorausgesetzt man ist gesund. Nur Kinder, Kranke und Greise sind davon ausgenommen", erklärt Hans Roppelt und fügt hinzu: Beim christlichen Fasten geht es auch nicht darum, Kilos zu verlieren und abzunehmen.
"Abhängigkeiten spüren"
Fasten habe in der Kirche eine uralte Tradition.
Es gehe darum, eigene Abhängigkeiten zu spüren, sagt der Dekan. Mit seiner Fastenaktion will er auch daran erinnern, dass es feste Fastentage gibt: Aschermittwoch und Karfreitag beispielsweise, aber auch alle anderen Freitage. "An solchen Tagen wird traditionell Fisch gegessen, aber das soll nicht heißen, dass man sich dann mit Fisch den Magen vollschlägt und schlemmen soll."
Am Freitag ohne Fleisch
Generell, so Roppelt, sei es nicht verkehrt, einmal in der Woche bewusst auf Fleisch zu verzichten. Vor einigen Jahren sei dies ja sogar eine politische Forderung gewesen. Das sei umweltpolitisch sinnvoll und auch für jeden Einzelnen empfehlenswert", erklärt er und betont, dass die Kirche mit ihrem freitäglichen Fastentag eigentlich seit Jahrtausenden im Trend liege.
"Ich esse freitags im Normalfall eigentlich kein Fleisch, es sei denn, man ist eingeladen oder es geht nicht anders."
Am Aschermittwoch - nach der Messe mit der Auflegung des Aschekreuzes in der St.-Hedwigs-Kirche (Beginn: 19 Uhr) bietet der Dekan eine Informationsveranstaltung für alle Fasten-Interessierten an. "Es geht dabei auch um Entschleunigung, um Entstressung. Das tut, gerade heute, jedem gut", ist der Dekan überzeugt und hofft auf viele Teilnehmer.
Am Donnerstag ist nochmals Schonfrist. "Man braucht noch einen Tag, um zu überlegen, um weniger zu essen. Am Freitag ist dann ein Entlastungstag. Und der erste Fastentag - mit Darmentleerung - ist dann der Samstag", erklärt der Dekan. Er hat den ersten Tag ohne feste Nahrung bewusst auf ein Wochenende gelegt, wenn die Menschen Zeit haben, wenn sie nicht unter dem alltäglichen Arbeitsdruck stehen. "Am ersten und zweiten Tag fühlt man sich ein bisschen mies und schlapp.
Man braucht mehr Ruhe. Ich nehme mir mittags eine Stunde Ruhe während des Fastens", verrät er .
Während der Fastenwoche gibt es dann in St. Hedwig Impulstage und einen persönlichen Erfahrungsaustausch. "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man ab dem dritten Tag eine tiefe innere Freude empfindet", sagt Roppelt. Die kirchliche Fastenaktion beschränkt sich auf fünf Tage. "Wer länger fasten möchte, muss unbedingt einen Arzt zu Rate ziehen."
Natürlich weiß Hans Roppelt, dass es Fasten-Befürworter und -Gegner gibt. Letztere berufen sich darauf, dass es keine Schlacken im Körper gibt und dass der Körper durch das Fasten lediglich auf Notversorgung programmiert wird. Hinterher stelle sich dann umso schneller ein Jo-Jo-Effekt ein.
"Man lebt wieder bewusster"
"Ich jedenfalls habe nur gute Erfahrungen gemacht.
Ich finde, Fasten hilft, ein besseres Verhältnis zu sich selbst, zu den Mitmenschen und zu Gott zu bekommen. Und durch das Fasten lernt man auch, neu zu genießen", so der Dekan, demzufolge auch das Geschmacksempfinden neu geschult wird. "Und das hält auch sehr lange an. Man lebt wieder bewusster."
Das Fastenbrechen muss übrigens langsam vonstatten gehen. "Ich breche das Fasten meistens morgens um 10 Uhr mit einem gedünsteten Apfel. Mittags gibt es eine leichte Kartoffelsuppe", erläutert der Seelsorger. Die gesamte Aktion stehe in diesem Jahr unter dem Motto "Barmherzigkeit Gottes".
Auch Anita Sack, die Vorsitzende des Kneipp-Vereins, kann das Fasten nur unterstützen, sie hat es auch schon öfter probiert. "Allerdings integriere ich das Fasten in den Alltag. Da ich körperlich arbeite und nicht ganz ohne Nahrung auskomme, versuche ich, nicht über 200 Kilokalorien am Tag zu kommen.
Zwischendurch esse ich mal eine Suppe", sagt sie. "Ich versuche in der Fastenzeit, den Stress wegzulassen, mehr zu lesen. Es geht immer auch um Entschleunigung", sagt Sack. Sie findet die Initiative des Dekans toll, auch wenn sie nicht neu ist.
Interview
"Es ist eine Herausforderung, den inneren Schweinehund zu überwinden"
Unzählige Studien haben die Wirkung des Fastens analysiert. Es soll den Körper reinigen und vor chronischen Krankheiten schützen. Fasten soll aber auch gut für die Seele sein. Was sagt der Mediziner zum diesem Thema? Wir befragten den Pressecker Allgemeinarzt Reinhard Baar.
Ist Fasten sinnvoll? Was passiert im Körper?Reinhard Baar: Der menschliche Organismus ist auf "Fasten", also auf Zeiten, in denen weniger oder für kurze Zeit gar keine Nahrung aufgenommen wird, eingerichtet.
Das hat vor Urzeiten das Überleben gesichert. Trinken ist natürlich immer notwendig. Der Körper stellt sich in gewisser Weise um. Nach dem Hungergefühl nach einigen Stunden oder wenigen Tagen kommt es häufig im Gehirn zu einer sogenannten "Endorphin"-Freisetzung, das heißt zu einer gewissen euphorischen Stimmung. Seine notwendige Energie holt sich der Körper aus seinen "Reserven", leider erst sehr spät aus dem Körperfett. Die Leber wird versuchen, genügend Glukose zu produzieren, Eiweiß, also Muskelgewebe, wird bevorzugt abgebaut, weshalb eine körperliche Betätigung sehr zu empfehlen ist. Erst in einem relativ späten Stadium werden die Fettreserven angegangen. Durch den vermehrten Eiweißabbau kann es zu Erhöhung der Harnsäurewerte - sprich: Gicht - kommen.
Auch deshalb: viel trinken!
Wie lange soll man fasten?Grundsätzlich ist da kein Zeitraum vorgeschrieben. Einen Tag zu fasten, wird erfahrungsgemäß nicht viel bringen. Aber fünf Tage kann ein ansonsten gesunder Mensch ohne größere Probleme durchhalten. Die Betonung liegt aber auf gesunder Mernsch! Ein Diabetiker sollte dringend ärztliche Unterstützung suchen, wenn er unbedingt fasten will. Und vielleicht sollte ein Diabetiker dann besser nicht fünf Tage komplett auf feste Nahrung zu verzichten, sondern täglich einfach nur weniger Kalorien zu sich zu nehmen.
Wozu ist fasten gut?Diese Frage hat mehrere Dimensionen: gesundheitliche, religiöse, weltanschauliche, persönliche. Es ist eine gewisse Herausforderung, auf etwas bewusst zu verzichten, den "inneren Schweinehund" zu überwinden.
Das muss nicht immer nur Essen sein; ich denke da an "Handy-Verzicht" oder ähnliches. In erster Linie fallen einem zum Stichwort Fasten bestimmt Alkohol, Zigaretten oder Genussmittel ein. In dieser Hinsicht ist Fasten bestimmt gut. Wenn ich aus religiöser Überzeugung faste, versuche ich eine Nachahmung. Jesus hat vierzig Tage gefastet. Fasten kann somit zu einer Neubesinnung, zu einer Konzentration auf Wesentliches beitragen. Es kann ein bewusster Gegenpunkt zum Konsumverhalten sein. Das muss jeder, der längere Zeit fasten will, für sich selbst entscheiden.
Haben Sie selbst schon gefastet - und wenn ja, wie lange?Ja, auch ich faste jedes Jahr, eigentlich schon seit Jahrzehnten, in der Fastenzeit. In den vierzig Tagen bis Ostern verzichte ich komplett auf Alkohol - das fällt gelegentlich im Freundeskreis gar nicht so leicht -, esse bewusst weniger, verzichte auf Süßigkeiten.
Nikotin entfällt bei mir, da ich Nichtraucher bin.
Was sind Ihre Ziele dabei? Ich sehe das Ganze sportlich, wie eine Wette mit mir selbst: kein Alkohol, keine Süßigkeiten. Ich bin immer wieder neugierig, ob es auch in dieser Fastenzeit wieder klappt! Nebeneffekt: Bei mir resultiert aus dem Fasten eine Gewichtsabnahme von vier bis fünf Kilogramm in dieser Zeit! Hemden, die ich längere Zeit nicht mehr anziehen mochte, weil die Knopfleiste spannt, passen wieder. Für einige Zeit zumindest.
Die Fragen stellte Sonja Adam.