Die beiden Gemeinden Trebgast und Ködnitz haben den Agrotourismus für sich entdeckt. Damit sollen nun die Höhenzüge "Ranga" und "Weinleite" beworben werden.
Agrotourismus, so nennt sich das bayernweit einmalige Modellvorhaben, das 2014 vom Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten für das Urlaubsgebiet Frankenwald initiiert wurde. Jetzt soll das "Zauberwort" auch die Kostbarkeiten zwischen "Ranga" und "Weinleite" in den Fokus der Urlaubsgäste rücken. Zwischen der heimlichen Hauptstadt des Bieres und dem Festspielort Trebgast trennt das romantische Weißmaintal den Höhenzug "Ranga" von der Ködnitzer "Weinleite" und dieses kleinräumige Gebiet weist eine Attraktionsdichte in Bezug auf Landschaftserleben und regionaltypische kulinarische Genussmöglichkeiten auf.
Klaus Schaumberg hat als Leiter des Projektes Agrotourismus Frankenwald an der europäischen Konferenz für nachhaltigen Tourismus und ländliche Entwicklung im italienischen Bergamo teilgenommen. Im Interview verrät er Näheres dazu.
Bayerische Rundschau: Wie kommt man zu so einer Konferenz von europäischem Format?
Klaus Schaumberg: Die Vereinten Nationen haben 2017 zum Jahr für den nachhaltigen Tourismus ausgerufen. Der europäische Verband für Landtourismus EuroGites hat deshalb eine Konferenz organisiert, um ländlichen Regionen mit ihren Tourismusinitiativen eine Plattform für einen Erfahrungsaustausch zu bieten. Der Agrotourismus im Frankenwald hat sich dort auch präsentiert.
Was bedeutet eigentlich nachhaltiger Tourismus?
Sanfter Tourismus ist wohl der verständlichere Begriff. Gemeint ist eine Form des Reisens, bei der das Erleben des natürlichen und kulturellen Potentials einer Region touristisch so aufbereitet wird, ohne deren Grundlagen auf Dauer zu zerstören. Reisekonzepte, die auf der einen Seite dafür sorgen, dass Natur- und Kulturschätze möglichst nah, intensiv und ursprünglich erlebbar sind und auf der anderen Seite diese Kostbarkeiten nicht durch den Tourismus verloren gehen, werden zunehmend nachgefragt. Massentourismus ist das Gegenteil davon.
Und welche Bedeutung hat dabei der Agrotourismus?
Fast alle Initiativen, die sich an der Konferenz beteiligten, setzen auf Agrotourismus als eine besonders sanfte Urlaubsform in ländlich geprägten Gebieten: eine ländliche Unterkunft mit Familienanschluss, bäuerliches Handwerk, regionale Spezialitäten, hautnahe Begegnungen mit Tieren und viel Wissenswertes über den Lebensalltag der landwirtschaftlichen Familienbetriebe.
Wer sind in Europa die Trendsetter im Agrotourismus?
Die meisten verbinden Agrotourismus mit der Toskana, als die Region mit der höchsten Dichte an bäuerlichen Urlaubsangeboten in Verbindung mit hofeigenen kulinarischen Spezialitäten. Doch bei der Konferenz in Bergamo waren überwiegend küstenferne Gebiete aus dem Balkan, Osteuropa und dem Baltikum vertreten.
Wie hat sich der Frankenwald während der Konferenz präsentiert?
Auf einem Marktplatz der Ideen haben sich über 30 ländliche Tourismusinitiativen mit Postern und Kurzvorträgen präsentiert. Agrotourismus Frankenwald war auch mit dabei und hat sogar bei einer Prämierung den sechsten Platz eingenommen. Überraschend fand ich, dass aus Deutschland keine weiteren Initiativen teilgenommen haben.
Was nehmen Sie von der Konferenz für Ihre Arbeit im Frankenwald mit?
Ein Blick über den regionalen Tellerrand hinaus ist immer ein riesiger Gewinn. Neben den vielen neuen Kontakten ist es konkret vor allem folgende Erkenntnis: Es gibt in Europa unzählige ländliche Regionen, die mit ähnlichen Standortnachteilen bei der touristischen Wertschöpfung zu kämpfen haben. Viele dieser "benachteiligten Regionen" besinnen sich auf ihre Stärken, die meistens in einer noch bäuerlich geprägten, attraktiven Kulturlandschaft und authentischem, traditionellem Brauchtum liegen, fernab vom Massen-, Städte- und Eventtourismus.
Spielen ausländische Gäste im Frankenwald eine Rolle?
Der Anteil ausländischer Gäste lag 2016 im Frankenwald bei ungefähr sieben Prozent mit steigender Tendenz. Dies betrifft sowohl die Gästeankünfte wie auch die Übernachtungen. Deshalb ist es wichtig, diese kleine, aber durchaus bedeutsame Zielgruppe auch mit entsprechend englischsprachigen Informationen in unsere Region zu locken.
Das Gespräch führte unser Mitarbeiter Werner Reißaus.