Trebgast hat die Weichen am Bahnhofsgebäude gestellt

3 Min
Bürgermeister Werner Diersch, Awo-Kreisvorsitzende Inge Aures und Awo-Geschäftsführer Peter Konrad vor dem früheren Bahnhofsgebäude in Trebgast. Foto: Dieter Hübner
Bürgermeister Werner Diersch, Awo-Kreisvorsitzende Inge Aures und Awo-Geschäftsführer Peter Konrad vor dem früheren Bahnhofsgebäude in Trebgast. Foto: Dieter Hübner

Der Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt will in Trebgast ein "Senioren-Begegnungszentrum mit Tagespflegestätte" einrichten.

Am Morgen des 20. Juni 2015 startete Bürgermeister Werner Diersch zu einer eher ungewöhnlichen Dienstfahrt nach Berlin. Punkt 15.41 Uhr besiegelten dort drei Hammerschläge des Auktionators den Zuschlag an die Gemeinde für den Erwerb des Trebgaster Bahnhofs. Zwei Stunden später - nach der notariellen Beurkundung des Kaufvertrags - war die Gemeinde offiziell neuer Eigentümer dieses um 1900 errichteten Gebäudes.


Am 23. März 2012 war die letzte Schicht


Am 23. März 2012 war die letzte Schicht eines Fahrdienstleiters im Trebgaster Bahnhof zu Ende gegangen. Seitdem werden die Signale und Weichen für die einundzwanzig Kilometer lange Strecke von Neuenmarkt-Wirsberg nach Bayreuth, die am 28. November 1853 eröffnet wurde, von einem neuen elektronischen Stellwerk der DB Netz AG bedient und ferngesteuert.

Im Rahmen des Ende 2016 abgeschlossenen integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzepts (Isek) wurden verschiedene Nutzungsmöglichkeiten für diese Immobilie vorgeschlagen. Am Ende entschloss sich die Gemeinde dazu, die Möglichkeiten einer Seniorenbetreuung auszuloten.


Drei Bewerber am Start


Drei Bewerber haben dem Gemeinderat im Januar ihre Vorstellungen unterbreitet. In einer nichtöffentlichen Sitzung beschloss das Gremium, dem Konzept des Awo-Kreisverbandes Kulmbach den Vorzug zu geben.
Die BR sprach mit der Awo-Kreisvorsitzenden Inge Aures, dem Awo-Geschäftsführer Peter Konrad und Bürgermeister Werner Diersch über das Projekt.

Frau Aures, was hat die Awo mit dem Bahnhof vor?
Inge Aures: Es war eine gute Entscheidung, dass die Gemeinde Trebgast den Bahnhof erworben hat. Sinn und Zweck ist es ja, die Ortskerne mit Leben zu erfüllen. Und das hier ist ein Paradebeispiel dafür. Die Leute werden heute immer älter. Darauf müsste eigentlich jeder Bürgermeister reagieren. Die Awo war sehr dankbar, dass sie ihr Konzept für ein Senioren-Begegnungszentrum mit Tagespflegestätte vorstellen konnte. Durch die Änderung der bisher drei Pflegestufen in jetzt fünf Pflegegrade zeichnet sich ab, dass in Zukunft weniger Leute in Altenheime gehen und dafür mehr daheim und in Tagespflegestätten betreut werden. Die ambulante Betreuung wird künftig immer mehr im Vordergrund stehen. Deshalb hatten wir uns entschieden, für Trebgast und die umliegenden Gemeinden dieses Angebot zu unterbreiten. Die Awo beabsichtigt, das ganze Haus zu übernehmen.

Herr Konrad, unterhält die Awo bereits identische Einrichtungen?
Peter Konrad: Wir haben bereits Erfahrungen mit der Tagespflege. In unseren vollstationären Einrichtungen haben wir überall eine integrierte, eingestreute Tagespflege. Die nächste reine Tagespflegestätte befindet sich 18 Kilometer entfernt in Unterzaubach. Das Pflegestärkungsgesetz II geht heute mehr in den Bereich der ambulanten Pflege. Es ist wichtig, dass möglichst viele Bürgerinnen und Bürger möglichst lange in ihrer Region, das heißt bei ihren Bekannten, Freunden und Verwandten bleiben können. Genauso wichtig ist auch, dass diesen Leuten eine Anbindung an den öffentlichen Personen-Nachverkehr zur Verfügung steht. Genau das haben wir hier mit einer optimalen Zug- und Busverbindung vor der Haustür.

Wie sehen die Planungen aus?
Peter Konrad: Im Erdgeschoss sind zunächst 15 Tagespflegeplätze mit den entsprechenden Räumlichkeiten nach den Empfehlungen der Deutschen Altershilfe geplant. Im Obergeschoss haben wir sechs Kleinstwohnungen für ältere Bürgerinnen und Bürger vorgesehen. Für diese Bewohner bietet die Arbeiterwohlfahrt viele wichtige Pflegeleistungen an.

Herr Bürgermeister, was gab den Ausschlag für die Awo?
Werner Diersch: Wir sind dem Awo-Kreisverband mit ihrer Vorsitzenden und dem Geschäftsführer dankbar, dass er in den Standort Trebgast investieren will. Für den Gemeinderat haben die Kompetenz, das Engagement und das Konzept dieses Trägers für das ganze Gebäude den Ausschlag gegeben. Die Erweiterung des Awo-Angebots von der reinen Tagespflege um diese Möglichkeit der Wohnungen hat uns bei einem zweiten Ansatz sehr stark geholfen. Wir haben so ein Angebot für Senioren ja immer mit der Intention betrieben, dass dann Wohnungen und Häuser für junge Familien frei werden. Diese Mischung ist ein Synergieeffekt für uns.

Wie sieht die Finanzierung aus?
Werner Diersch:
Der Haushalt der Gemeinde war ja in den letzten Jahren eher von einer Konsolidierungsphase gekennzeichnet. Jetzt muss aber richtig Geld in die Hand genommen werden. Das Gebäude zu erwerben, war nicht die große Ausgabe. Nach ersten Schätzungen liegen die Investitionen für den Umbau im Bereich zwischen einer und zwei Millionen Euro. Das Projekt ist ja auch Bestandteil des Isek. Wir sind deshalb mit der Regierung von Oberfranken in engem Kontakt und froh, dass uns hier die aktuellen Förderprogramme unterstützen. Mit dem Leerstands-Programm sind 90 Prozent der unrentierlichen Kosten förderfähig. Wir sind daran interessiert, dass die Maßnahme so schnell wie möglich realisiert und das Haus der Awo möglichst noch 2017 zur Verfügung gestellt werden kann. Damit kann der Bahnhof als prägendes Gebäude der Ortsmitte wieder in den Blickpunkt gerückt werden.

Das Gespräch führte unser Mitarbeiter Dieter Hübner.