Wie geht es weiter am alten Bahnhofsgelände in Thurnau? Die Sparkasse als potenzieller Investor für das geplante Dienstleistungszentrum sieht offenbar ein erhöhtes Kostenrisiko. Der BRK-Kreisverband sorgt sich um mögliche weitere Verzögerungen - dazu zählt auch eine Klage.
Aus den Stümpfen der gefällten Bäume sprießen bereits neue Triebe; über das alte Bahnhofsgelände wächst Gras. Auch über die Pläne zu einem Gesundheits- und Dienstleistungszentrum (GDLZ) an dieser Stelle? Eigentlich hätten die Bauarbeiten längst beginnen sollen, im Frühjahr 2014 rechneten die Verantwortlichen mit der Fertigstellung. Doch derzeit ist über allen gekappten Wipfeln Ruh. Fragt sich: für wie lange - oder gar für ganz lange?
Es gibt derzeit eine schwer zu entwirrende Gemengelage aus Fakten und Gerüchten zu dem Objekt. Darin unterkommen sollen: eine moderne Zweigstelle der Sparkasse Kulmbach-Kronach; das BRK mit einem Rettungswagen-Stellplatz inklusive Schulungsräumen; ein Therapiezentrum, eine Arztpraxis und mehrere Wohnungen im obersten Stockwerk. Angeblich aber haben sich die ursprünglich veranschlagten Kosten für den Neubau deutlich erhöht.
Waren alle Beteiligten bislang nach den Planungen des Bauträgers von etwas mehr als drei Millionen Euro ausgegangen, liegen aktuelle Schätzungen schon bei über vier Millionen.
Aus der Vorstandsriege der Sparkasse Kulmbach-Kronach heißt es dazu in einer Stellungnahme an die BR: "Die Sparkasse prüft gegenwärtig die Möglichkeit einer Beteiligung an dem Projekt GDLZ Thurnau. Allerdings stellten sich im Rahmen der laufenden Abwägung der Chancen und Risiken zuletzt Kostenrisiken heraus, die von der Sparkasse nach kaufmännischen Grundsätzen nur sehr begrenzt übernommen werden können."
Als Beispiel für mögliche Mehrkosten werden unter anderem "erhöhte Anforderungen an die notwendigen Gebäudefundamente" genannt. Das Kreditinstitut sei nur ein potenzieller Investor von mehreren. Die Bank habe jedoch nach wie vor Interesse an dem Projekt.
"Für die Sparkasse geht es vor allem darum, unseren Kunden vor Ort eine zeitgemäße Beratungsinfrastruktur bieten zu können. Das bisherige Geschäftsstellengebäude in der Bahnhofstraße 4 genügt diesen Anforderungen im derzeitigen Zustand nicht mehr." Ein Bekenntnis zum Standort Thurnau folgt: "In der (Träger-) Gemeinde wurde die Sparkasse Kulmbach gegründet. Ebenso ist uns der Standort Thurnau wegen der Präsenz der Sparkasse auch in diesem südlichen Teil des Landkreises Kulmbach wichtig."
BRK-Kreisgeschäftsführer Jürgen Dippold spricht von "keinem ganz einfachen" Thema. "Wir haben uns mit unseren ehrenamtlichen Helfer sehr um den Standort Thurnau bemüht." In seinen Worten schwingt hörbar Enttäuschung mit. Man sei guter Dinge gewesen, dass das Projekt Dienstleistungszentrum zügig umgesetzt werden könne.
"Es geht ja auch um Arbeitsplätze, die wir geschaffen haben und die wir dauerhaft aufrecht erhalten wollen."
Bürgermeister alles andere als glücklich über die Verzögerungen Es habe eines komplizierten und langwierigen Verfahrens bedurft, für den Rettungsstandort eine offizielle Genehmigung zu bekommen. Die Lage habe viele Vorzüge, unter anderem die Nähe zur A70 sowie zur Ortsmitte. Insofern wolle das BRK am Standort in der Marktgemeinde festhalten.
"Ich kann die Sorgen des Roten Kreuzes verstehen", sagt Bürgermeister Dietmar Hofmann (SPD/Offene Liste). Er verhehlt nicht, dass auch er alles andere als glücklich sei über die Verzögerungen, die sich bei dem Großprojekt ergeben haben.
"Ich bleibe dabei, dass das Gemeinschaftskonzept für Thurnau ein ganz großer Wurf wäre." Hofmann stehe permanent mit den Beteiligten im Gespräch. Er werte es als positiv, dass alle am Standort Thurnau festhalten wollten.
Das gilt auch für die Ärzte und Therapeuten, die einziehen wollen in das Zentrum. "Wir sind weiterhin sehr daran interessiert, dass das Projekt verwirklicht wird", sagt Volker Seitter auf Nachfrage. Der Allgemeinarzt mit schwäbischen Wurzeln verwies Meldungen ins Reich der Fabel, wonach er sich bereits von dem Projekt distanziert und nach alternativen Praxisräumen umgesehen habe. "Ich bin überzeugt, dass das Zentrum ein Erfolg wird.
Vor allem mit Blick auf die integrierte Rettungswache wären für die Gesundheitsversorgung in Thurnau viele sinnvolle und notwendige Dienstleistungen gebündelt an einem Ort abgedeckt."
Eine Unwägbarkeit bleibt: eine anhängige Klage wegen des Bebauungplans für das alte Bahnhofsgelände. Geklagt hat eine Seniorin. Sie befürchte angebliche Beeinträchtigungen für ihr nahe gelegenes Grundstück aufgrund der Gebäudehöhe des Zentrums sowie eine angeblich unzumutbare Lärmbelästigung.
Bürgermeister Hofmann sagt dazu: "Die Gemeinde wartet bislang vergeblich auf eine schlüssige Begründung für den Gang vor Gericht." Die Verhandlung vor den Bayreuther Verwaltungsrichtern ist für den 23. Oktober angesetzt.