Der Kultmoderator aus Kulmbach hat es zum Liebling der Nation gebracht. Am Montag feiert er seinen Geburtstag live bei RTL . Wir sind in seiner Heimatstadt auf Spurensuche gegangen, wo ihn einst die Zeitung nicht haben wollte.
Seit dem Rücktritt bei "Wetten, dass ...?" ist es ein bisschen ruhiger um ihn geworden. Der Held unzähliger Couch-Abende vor dem Fernseher hat jedoch nichts von seiner Popularität eingebüßt. 98 Prozent der Deutschen geben an, Thomas Gottschalk zu kennen. Wer kann das schon von sich behaupten? Früher vielleicht Steffi Graf und Boris Becker. Am Montag werden viele bei RTL zugucken und sich wundern, wenn ihr Thommy seinen 65. (!) Geburtstag feiert. Dabei hat der Kultmoderator, der am 18. Mai 1950 als "Vier-Kilo-Brocken" (O-Ton Mutter Rutila/†) das Licht der Welt erblickte, doch die Jugendlichkeit gepachtet.
Der lange Blonde, inzwischen herbstblond geworden, ist ein Naturtalent. Bis zum Liebling der Nation hat es der Kulmbacher gebracht, der sich selbst Luftikus oder Dampfplauderer nennt. Wir haben uns in seiner fränkischen Heimat auf Spurensuche begeben - auf die Suche nach dem Phänomen Gottschalk.
Die Schwester Obwohl der Vater Hans Gottschalk früh gestorben ist (1963), hatte Thomas eine schöne Kindheit und Jugend in Kulmbach, erzählt die Schwester Raphaela Ackermann. Deshalb fühle er sich in seiner fränkischen Heimat immer noch sehr wohl. "So viele Straßen und Plätze sind mit glücklichen Erinnerungen aus unserer Kindheit und Jugend verbunden. Es sind die Wurzeln, die ihm sein Leben lang Halt gaben", sagt die zehn Jahre jüngere Schwester.
Bei all seinem Erfolg sei er stets am Boden geblieben: "Kulmbacher Bratwürste am Marktplatz schmecken ihm viel besser als Kaviar und Champagner auf irgendeiner Promi-Party." Thomas könne jedes noch so tolle Auto fahren - "am stolzesten ist er aber auf seinen ersten, orangefarbenen und mühsam zusammengesparten VW-Käfer mit dem Kennzeichen KU-H 15."
Der Lehrer Eine ganz besondere Freude hat Thomas seinem alten Griechisch-Lehrer Alfred Biedermann gemacht. Der bewahrt die Ansichtskarte, die er Mitte der siebziger Jahre von seinem Ex-Schüler bekommen hat, wie einen Schatz. Vorne ist die Akropolis zu sehen, und hinten schreibt Thomas, damals schon ein bekannter Radiomoderator, ein paar dankbare Zeilen. Er habe das Gefühl, Griechenland und den humanistischen Idealen "näher zu stehen als die meisten anderen Touristen". Das habe er Biedermann zu verdanken, der seither weiß, dass seine Arbeit nicht für die Katz' gewesen ist.
Der 88-Jährige, der den TV-Star einige Jahre in Altgriechisch unterrichtet und zum Abitur geführt hat, meint im Rückblick milde: "Thomas war fröhlich und aufgeschlossen, seine Leistungen waren befriedigend." Und er war ein klasse Nikolaus, weiß der frühere Studiendirektor noch ganz genau. Von jenem 6. Dezember 1969 gibt es ein Bild, "als der Nikolaus zu unserer knapp dreijährigen Tochter Beate kam". Damit besserte der 19-Jährige sein Taschengeld auf. Die Kleine (die heutige Ärztin Beate Braess) habe den Nikolaus ganz schön am Bart gezupft, so Biedermann, "aber der Thomas hat seine Sache gut gemacht. Er war schon damals ein Unterhaltungstalent."
Der MinistrantNa, so was! Einmal in seinem Leben ist Thomas Gottschalk nicht aufgefallen. "Ich wusste gar nicht mehr, dass er Ministrant war", sagt Walter Kirchbach. Bitteschön, wir haben den Beweis: ein Foto (oben links), auf dem Thomas als Zwölfjähriger bei einer Prozession das Kreuz aus der Stadtpfarrkirche zu Unserer Lieben Frau hinausträgt. Kirchbach, ebenfalls auf dem Bild zu sehen, erinnert sich wieder: "Er war einer von uns."
Erst später in der gemeinsamen Pfadfinderzeit sei Thomas' Talent hervorgetreten: "Da war er schon der Gaudibursch. Er ist aufgetreten, hat Platten aufgelegt und Witze erzählt. Wir haben auch bei ihm Silvester gefeiert." An Thomas schätzt Kirchbach, "dass er natürlich geblieben und nie abgehoben ist". Ob er ihn in einem Hotel in Las Vegas ("Er kam mit Klaus Wowereit daher") oder neulich in der Kirche getroffen habe, "Thomas hat Kulmbach und seine alten Freunde nicht vergessen - und vor allem fragt er nach den Mädels von früher."
Der PfadfinderFür Herbert Feistel, der es bis zum Chefarzt der Nuklearmedizin am Klinikum Bayreuth gebracht hat, ist die Pfadfinderzeit mit Thomas Gottschalk unvergesslich. Was hat sich ihm besonders eingeprägt? Neben einer Reise 1968 nach London ("Flower-Power-Zeit und ungeheuer lustig") fallen ihm vor allem die Auftritte der Kabarettgruppe ein. "Wir sind im Alter von 17 oder 18 Jahren zu viert oder fünft bei bunten Abenden und anderen Veranstaltungen aufgetreten. Thomas war der Star. Er konnte andere Leute gut imitieren - eine Fähigkeit, die er später fast nicht mehr eingesetzt hat." Einmal habe man den Empfang prominenter Gäste beim Bierfest parodiert. Thomas sei in verschiedenen Rollen geschlüpft: "Als Luis Trenker oder Otto Höpfner vom Blauen Bock hat er den Vogel abgeschossen."
Viel zu lachen gab es laut Feistel auch stets, wenn Thomas seinen Kumpels vorgespielt hat, wie die letzte Standpauke von seiner Mutter oder seinem Patenonkel, Pfarrer Hans Seifert, abgelaufen ist. "Damals hat er schon erkennen lassen, dass er ein Riesentalent auf der Bühne ist."
Der SchulfreundThomas Gottschalk und Hans-Jürgen Dörfelt haben 1971 gemeinsam Abitur gemacht - und die Freundschaft aus der Schulzeit hält bis heute. "Das liegt sicher auch daran, dass seine Mutter unsere Patientin war", so der Kulmbacher Allgemeinarzt. Er hat Thomas in der Schule als Klassenclown kennengelernt, "fröhlich, spontan, schlagfertig, der schon immer auf alles eine Antwort gewusst hat". Dabei sei Thomas aber nie verletzend oder bösartig gewesen.
In der Folgezeit habe er, Dörfelt, die Fernsehkarriere seines Freundes verfolgt und ihn auch bewundert: "Es ist schon allerhand, wie er's gemacht hat. Das hängt vor allem mit seinem Intellekt zusammen."
Der Fast-ChefDass Thomas Gottschalk, dem sich heute alle Türen öffnen, seine große Karriere machen konnte, hat auch mit einer Absage zu tun: Als junger Kerl ist er bei der Bayerischen Rundschau abgeblitzt. Sein Fast-Chef Ottmar Schmidt, BR-Redaktionsleiter bis 1994, muss es eingestehen: "Es war Ende der sechziger Jahre. Rainer Beck, einer meiner Redakteure, war mit Thomas eng befreundet und hat bei mir angefragt, ob wir ihn als Volontär einstellen würden." Schmidt hält Rücksprache mit Verleger Horst Uhlemann und Verlagsdirektor Helmut Scholz und erhält die Auskunft, dass die Redaktion derzeit ausreichend besetzt sei. "Da musste ich Thomas Gottschalk vertrösten und habe ihm angeboten, zunächst als freier Mitarbeiter tätig zu werden. Er könnte vielleicht später ein Volontariat bekommen", erinnert sich Schmidt. Daraus sei aber nichts geworden, "weil seine Mutter geschimpft hat, dass er erst mal Abitur machen soll".
Doch ein paar Wochen später spielt der Fast-Chef ("Ich hatte ein bisschen ein schlechtes Gewissen") noch mal Schicksal in Gottschalks Leben: Redakteur Beck kriegt frei, um seinen Freund zu einem Ansager-Wettbewerb des Bayerischen Rundfunks nach Nürnberg zu fahren. Schmidt: "Thomas war der beste unter 40 Bewerbern. Das hat er schriftlich bekommen. Als er das Schreiben später in München vorlegte, war es die Brücke zum Bayerischen Rundfunk."
Die PfarrsekretärinKatholisch erzogen, war es für Thomas Gottschalk selbstverständlich, Messdiener zu werden. Als jetzt die Ministranten der Pfarrgemeinde St. Hedwig - von seinem Elternhaus am Galgenberg muss er zur Kirche nur über die Straße gehen - neue Gewänder brauchen, hilft der prominente Ex-Ministrant mit, dass die Messdiener neu ausgestattet werden können.
Den Kontakt zu Thomas ("Ich kenne ihn von früher") stellt die langjährige Pfarrsekretärin Helene Seidel (bis 2012) im Auftrag des Pfarrgemeinderats her. Sie habe einen Brief geschrieben und erläutert, dass die Gewänder verschlissen sind. "Dann hat's eine Zeit gedauert, und er hat das Geld überwiesen." So einfach geht das.
Seine Karriere 1982 Nach seinem Start beim Bayerischen Rundfunk in den siebziger Jahren wechselt Gottschalk zum ZDF. Bis 1987 präsentiert er dort "Na so was", eine Mischung aus Talk- und Musikshow.
1987 Am 26. September moderiert er in Hof als Nachfolger von Frank Elstner erstmals die ZDF-Show "Wetten, dass..?".
1990 Gottschalk arbeitet auch für RTL, erst mit der Personality-Show "Gottschalk", von 1992 bis 1995 moderiert er eine Late-Night-Show.
1992/1993 Pause für Gottschalk bei "Wetten, dass..?"
1995 bis 1997 Neben "Wetten, dass..?" macht er "Gottschalks Hausparty" bei Sat.1.
2011 Am 3. Dezember moderiert Gottschalk zum letzten Mal "Wetten, dass..?". Er hatte seinen Rücktritt angekündigt, nachdem Wettkandidat Sebastian Koch 2010 schwer verunglückt war.
Januar 2012 Die Vorabendshow "Gottschalk Live" startet in der ARD. Doch angesichts geringer Einschaltquoten wird sie schon Anfang Juni wieder eingestellt.
September 2012 An der Seite von Dieter Bohlen sitzt Gottschalk in der RTL-Talentshow "Das Supertalent" erstmals in der Jury. Die Quoten sind jedoch mäßig.
September 2013 Die Spielshow "Die 2 - Gottschalk & Jauch gegen alle" startet bei RTL. Die beiden Freunde fordern das Publikum zu einem Wettkampf heraus. Im Oktober spendet Gottschalk seinen Gewinn von fast 50.000 Euro dem Kulmbacher Familientreff und half mit, das Haus zu retten.