Im Bereich Neuensorg wird weiterhin die Nord-Variante des Ostbayernrings favorisiert. Die Stromtrasse ist umstritten, Anlieger fordern die Erdverkabelung.
Ist über den Verlauf des Ostbayernrings beim Marktleugaster Ortsteil Neuensorg das letzte Wort schon gesprochen? Nein, wenn es nach der Bürgerinitiative geht, die sich gegen die als Freileitung geplante Stromtrasse wehrt. Die 380-kV-Leitung von Redwitz nach Schwandorf soll in diesem Bereich unter der Erde verlegt werden. Dieser Forderung will die Bürgerinitiative am kommenden Montag Nachdruck verleihen, wenn die Landtagsabgeordneten Jürgen Baumgärtner (CSU) und Thorsten Glauber (FW) in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des Ausschusses für Infrastruktur und Verkehr zu Besuch kommen. Dieses Gremium wird über die Petition entscheiden, die Fritz Ruppert eingereicht hat.
"Wenn die Petition abgelehnt wird, werde ich rechtliche Schritte einleiten", kündigt Ruppert schon mal an. Der Neuensorger, der zu dem Treffen um 12.30 Uhr im Sportheim auch MdB Emmi Zeulner (CSU), Landtagsvizepräsidentin Inge Aures (SPD) und Landrat Klaus Peter Söllner (FW) erwartet ("Das sind die Politiker, die sich bisher halbwegs noch für uns eingesetzt haben") wird unbequeme Fragen stellen. Zum Beispiel die, warum die avisierten Gespräche mit der Staatskanzlei, Tennet - die Firma hat den Auftrag für den Netzausbau erhalten - und der Bundesnetzagentur nicht stattgefunden haben. Ruppert spricht von "Aussitzen", das bei einigen schwachen Landwirten und Anliegern zu einer "leichten Resignation" geführt habe.
Umwelt und Seele verkaufen?
Er will deshalb wissen: "Ist es sinnvoll, für ein Butterbrot von etwa 3000 Euro pro Mast seine Umwelt und Seele zu verkaufen?" Den Bauern sei einfach eingeredet worden, dass sie bei einer Erdverkabelung durch die Bodenerwärmung ihre Grundstücke nicht mehr voll nutzen können.
Eugen Pittroff versteht nicht, warum für die Freileitungen bei größeren Wohngebieten ein Mindestabstand von 400 Metern gilt, bei Einzelgehöften aber nur ein solcher von 200 Metern. "Sind wir weniger wert als andere Menschen?", fragt der Nebenerwerbslandwirt, der mit seinem Sohn und seinem Bruder Josef den großen Hof in Vorderrehberg bewohnt und in absehbarer Zeit von der neuen und der bestehenden Stromtrasse eingezingelt ist. Denn Pittroff bezweifelt, dass die alte Leitung abgebaut wird: "Der Umstieg auf die Elektromobilität steht an. Der Strom dafür muss ja irgendwoher herkommen."
Krankheiten und Todesfälle
Axel Bochnia pflichtet ihm bei. Er ist vor rund 30 Jahren nach Mittelrehberg gezogen - "wegen der schönen Landschaft und Natur". Jetzt sieht er sich mit der Monstertrasse konfrontiert, deren Masten rund 15 Meter höher und doppelt so breit als die bestehenden sein sollen. Wie Fritz Ruppert macht er deutlich, dass ihm schon die jetzigen Leitungen unheimlich sind. "Bei uns gibt es rätselhafte Todesfälle und schwere Krankheiten wie Krebs und Leukämie, auch viele behinderte Menschen. Aber einen Zusammenhang kann man ja nicht beweisen."
Eugen Pittroff nickt. Er und sein Sohn sind selbst gesundheitlich schwer beeinträchtigt. Woher das kommt, können sie sich nicht erklären. "Die müssten doch nur beschließen, dass in Marktleugast eine Teststrecke von drei Kilometern Länge für die Erdverkabelung gebaut wird", sagt Pittroff und gibt zu bedenken, dass die Trasse nicht für die nächsten zehn oder 20, sondern für hundert Jahre Bestand haben und den nachfolgenden Generationen hinterlassen wird.
Sein Bruder Josef stellt noch eine These in den Raum, die ein Grund dafür sein könne, warum sich die Bürger von der Politik im Stich gelassen fühlten: "Wir sind eine bevölkerungsschwache Region mit nur wenigen Wählerstimmen."
"Natur wird zerstört"
Er kritisiert vor allem, dass - sollte die Monstertrasse wirklich kommen - eine einzigartige Natur unwiederbringlich zerstört werde. Seine Wiesen oberhalb des Anwesens und die Teiche auf der anderen Straßenseite, wo sich auch ein kartiertes Biotop befinde, seien Bestandteil des Vertrags-Naturschutzprogramms. Die Familie habe in Erwägung gezogen, ein neues Haus mit Ferienwohnungen als zweites Standbein zu bauen, aber das müsse man sich gut überlegen.
Das sieht auch Fritz Ruppert so: "Der Fremdenverkehr kommt doch hier zum Erliegen. Wer will den schon unter einer Stromtrasse Urlaub machen."
"Gesetzeslage unverändert"
Tennet-Sprecherin Ina-Isabelle Haffke bestätigt auf Anfrage der BR, dass der Netzbeitreiber nach wie vor mit einer Freileitung plant. An der Gesetzeslage habe sich nichts geändert, und sie könne sich auch nicht vorstellen, dass sich vor der Bundestagswahl etwas anderes ergebe. Die Abstände von 400 beziehungsweise 200 Meter von der Wohnbebauung seien zwar relativ willkürlich gewählt, hätten aber nichts mit gesundheitlicher Gefährdung zu tun. Erst wenn diese Grenzen unterschritten würden, müsse eine Erdverkabelung geprüft werden. Haffke: "Für den Ostbayernring in Marktleugast bedeutet dies, dass wohl keine Erdverkabelung zum Tragen kommt, weil wir Grenzwerte immer einhalten."