Stadtsteinacher Rathaus muss die Bürger zur Kasse bitten

2 Min

Die Auszahlung staatlicher Stabilisierungshilfen für Gemeinden in finanziellen Nöten ist an Auflagen geknüpft. Bezahlen müssen die Bürger.

Diese Forderung brachte kürzlich die Stadtsteinacher Stadträte geschlossen auf die Palme: Um die dringend benötigte Stabilisierungshilfe des Freistaats für 2018 ausgezahlt zu bekommen, musste das Gremium eine Erhöhung ihrer Grund- und Gewerbesteuern um jeweils mindestens zehn Punkte über dem Landesdurchschnitt beschließen. Von "Erpressung" war daraufhin im Stadtrat die Rede und von einem schweren Eingriff in die kommunale Finanzhoheit.

Ist das so? Wir haben uns erkundigt. Tatsächlich wurde im Landkreis Kulmbach nur Stadtsteinach gezwungen, das Übersoll zu erfüllen. Warum hat die Regierung hier die Daumenschrauben angezogen?

Die Entscheidung über die Gewährung von Stabilisierungshilfen erfolgt nach einheitlichen Kriterien, so Horst Wolf vom Pressereferat des Bayerischen Finanzministeriums auf Nachfrage der BR. Seit 2013 greift die Staatsregierung unverschuldet in finanzielle Not geratenen Kommunen mit der Stabilisierungshilfe unter die Arme. Gemeinden, die in den Genuss dieser Unterstützung kommen wollen, sind im Gegenzug zu äußerster Sparsamkeit bei den Ausgaben verpflichtet - und zur Ausschöpfung aller eigenen Einnahmemöglichkeiten.

Letzteres bedeutet, dass auch die Realsteuern, das sind die Grundsteuer A (Agrarflächen), B (bebaute Grundstücke) und die Gewerbesteuer, mindestens dem Hebesatz des Landesdurchschnitts vergleichbarer Gemeinden angepasst werden müssen. "Bei Kommunen, die schon längere Zeit Stabilisierungshilfen erhalten und die in den Vorjahren wiederholt ihre unterhalb des Größenklassendurchschnitts liegenden Hebesätze lediglich punktgenau auf den Durchschnitt nachgezogen haben, wird gefordert, die Hebesätze um mindestens zehn Prozentpunkte über den Durchschnitt zu erhöhen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Hebesätze nicht bereits im Folgejahr wieder unter den Durchschnitt absinken", so der Ministeriumssprecher.

Genau das trifft auf Stadtsteinach zu, und so wurde die Auszahlung der bewilligten 200 000 Euro Stabilisierungshilfe an diese Auflage gekoppelt. Bürgermeister Roland Wolfrum (SPD) hatte in den letzten Jahren im Stadtrat durchaus darauf hingewiesen, dass die Regierung lieber höhere Steuersätze sehen möchte. Diese waren allerdings nicht mehrheitsfähig.

Andere Gemeinden haben das vermieden und deshalb keine verschärften Auflagen: In Thurnau liegen die Steuersätze ohnehin auf oder über Landesdurchschnitt, so Bürgermeister Martin Bernreuther (CSU). Ähnlich schildert Bürgermeister Günther Hübner (CSU) die Situation in Harsdorf. In Kupferberg werden ebenfalls höhere Steuern verlangt.

Der Landkreis hat keine eigenen Steuern. So trifft Kreiskämmerer Rainer Dippold das Problem nicht. Dass eine Kommune gezwungen wird, ihre Realsteuern auf ein überdurchschnittliches Niveau anzuheben, sieht er allerdings durchaus kritisch: "Die Stabilisierungshilfe bekommt eine Kommune ja nicht, weil sie schlecht gewirtschaftet hat. Sie dient letztlich dazu, Nachteile auszugleichen."

So teuer wird's für die Durchschnittsfamilie

Die Grundsteuer ist eine der wenigen eigenen Einnahmequellen einer Stadt oder Gemeinde. Die Höhe der Hebesätze ist nicht einheitlich, die Kommune bestimmt sie selbst.

Als Konsolidierungsgemeinde musste die Stadt Stadtsteinach seit 2013 jährlich ihre Steuersätze mindestens auf den Landesdurchschnitt anheben, jetzt sogar deutlich darüber. Bezahlen muss diese Steigerungen der Bürger.

Ein Rechenbeispiel: Eine Familie bewohnt ein durchschnittliches Einfamilienhaus mit Garten. In Stadtsteinach hat dies bei einem Hebesatz der Grundsteuer B von 300 im Jahr 2013 rund 172 Euro gekostet. 2019 werden für dasselbe Anwesen bei einem Hebesatz von mittlerweile 344 bereits 197 Euro fällig. Das entspricht einem Plus von 25 Euro innerhalb von sechs Jahren.

Erhöht die Gemeinde ihre Grundsteuern, dann geht es übrigens jedem Bürger an den Geldbeutel, denn Vermieter legen den auf die vermietete Fläche entfallenden Grundsteueranteil auf die Mieter um.

Sinn und Zweck der Stabilisierungshilfen

Was? Stabilisierungshilfen sind eine Sonderform der Bedarfszuweisungen. Mit diesem Instrument hilft der Staat finanzschwachen Kommunen.

Wofür? Das Geld soll Kommunen, die als strukturschwach gelten, von der negativen demografischen Entwicklung besonders betroffen sind und sich unverschuldet in finanziellen Nöten befinden, als Hilfe zur Selbsthilfe dienen. Dabei sind die Mittel in erster Linie für die Schuldentilgung bestimmt. Ein Teil darf für dringende Investitionen ausgegeben werden. Wer? Für das Jahr 2018 erhielten die Kommunen im Landkreis Kulmbach insgesamt 1,5 Millionen Euro Stabilisierungshilfen: Thurnau 500 000, Harsdorf 300 000, Stadtsteinach 200 000, Kupferberg 100 000. Der Landkreis selbst hat 2,9 Millionen Euro Bedarfszuweisungen erhalten, davon 400 000 Euro Stabilisierungshilfe.