Nach 13 Spieltagen ist die Saison für den ATS Kulmbach beendet. Die dritte Absage mangels Personal hat den Ausschluss zur Folge. Die Spieler (rechts Alexander Efremov im Zweikampf mit Xander Netolit vom TSV St. Johannis Bayreuth) können sich nun neue Vereine suchen.
Alexander Muck
Spielertrainer Patrick Werther verließ den ATS Kulmbach nach nur zwei Wochen Vorbereitung kurz vor Saisonstart.
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Werthers Nachfolger Jeton Maxhuni warf Ende September entnervt das Handtuch.
Alexander Muck
ATS-Fußball-Abteilungsleiter Christian Kolb schnürte selbst die Fußballschuhe, gab aber sein Amt inzwischen auf.
Alexander Muck
Michael Hamacher war erst im Sommer zum ATS Kulmbach zurückgekehrt und zuletzt Kapitän der Mannschaft.
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Sven Schelhorn, Kassier der ATS-Fußballer und im Nebenberuf Barbetreiber, ist enttäuscht, dass so viele Spieler den Verein im Stich ließen.
Archiv/Rebecca Vogt
Co-Trainer "Charly" Erlmann, der hier nach einem Sieg bei der Altliga-Stadtmeisterschaft auf Händen getragen wird, hatte zuletzt die undankbare Aufgabe, Woche für Woche eine spielfähige Mannschaft auf die Beine zu stellen.
Archiv/Monika Limmer
Unter Ex-Profi Armin Eck (rechts) setzte der ATS vor einigen Jahren verstärkt auf die Jugend und schien auf einem guten Weg. Doch nach seinem Aus beim ATS 2017 ging es bergab.
Ex-Bayernligist ATS Kulmbach hat keine Fußball-Mannschaft mehr. Die dritte Absage mangels Personal bedeutet den Rausschmiss aus der Kreisliga.
Jetzt ist es also passiert. Der ATS Kulmbach tritt zum dritten Mal in dieser Saison nicht an und fliegt damit aus dem Spielbetrieb der Fußball-Kreisliga Bayreuth/Kulmbach (siehe auch Kommentar auf Seite 2). Damit steht der einstige Bayernligist zum dritten Mal in seiner Geschichte nach 2004 und 2007 ohne erste Herrenmannschaft da. Freitagfrüh sagte Abteilungs-Kassier Sven Schelhorn die für Sonntag angesetzte Partie beim Spitzenreiter SV Mistelgau ab. Dabei hatte Trainer Karl-Heinz Erlmann noch am Donnerstag versichert: "Wir werden auf jeden Fall eine Mannschaft stellen können."
Vielleicht hätte es sogar tatsächlich geklappt, eine Notelf zum Spitzenreiter zu schicken. Doch Sven Schelhorn, bei dem nach dem Rücktritt von Abteilungsleiter Christian Kolb die Fäden bei den ATS-Fußballern zusammenlaufen, hat die Faxen dicke: "Der Entschluss war alternativlos. Den Spielbetrieb mit aller Gewalt aufrecht zu halten, ist perspektivisch völlig sinnfrei, wenn die Spieler einfach keine Lust mehr haben. Selbst am spielfreien Wochenende ist kein Training zustande gekommen, obwohl wir sogar ein Essen spendiert hätten." An das letzte vernünftige Mannschaftstraining kann sich der ATS-Kassier schon gar nicht mehr erinnern. "Das ist Wochen her."
Deshalb habe man sich auch die teure Sanierung des Hartplatzes für das Wintertraining gespart. "Das wäre rausgeschmissenes Geld gewesen, wenn keiner zum Training kommt", sagt der ATS-Kassier.
Einstellung fehlt
Der 40-jährige Schelhorn, der als Spieler und Funktionär noch nie bei einem anderen Verein als dem ATS war, kann über die Einstellung vieler seiner Spieler nur den Kopf schütteln. "Wir können die Spieler nicht Woche für Woche bitteln und betteln und sie mit der Sänfte auf den Platz tragen. Das ist nicht Sinn und Zweck der Übung."
Schelhorn will die Schuld für den Scherbenhaufen aber nicht allein auf die Mannschaft abwälzen, hätten doch viele der verbliebenen Kicker gar keine Kreisliga-Ambitionen und nur für die geplante 2. Mannschaft in der A-Klasse zugesagt. Doch nach dem überraschenden Rücktritt von Spielertrainer Patrick Werther kurz vor Saisonbeginn, der zum ASV Oberpreuschwitz zurückkehrte und nun dort Spielertrainer ist, sprang auch ein Großteil der neu verpflichteten Kicker wieder ab. "Patrick hat natürlich eine Lawine losgetreten. Aber natürlich ist er nicht alleine schuld, auch wir haben Fehler gemacht", zeigt sich Sven Schelhorn selbstkritisch.
Als Nachfolger von Werther bot sich Jeton Maxhuni beim ATS an. Der 38-Jährige, noch ohne Trainererfahrung im Seniorenbereich, zeigte sich zunächst sehr zuversichtlich ("Die Mannschaft ist stark genug für die Kreisliga"), warf aber nach acht Niederlagen auf dem Rasen und zwei Absagen und 0:X-Wertungen wegen Spielermangels Ende September entnervt das Handtuch. Co-Trainer "Charly" Erlmann übernahm das Himmelfahrtskommando, scheiterte letztlich aber auch am weder personell noch qualitativ für die Kreisliga ausreichendem Spielerkader.
Geschichte wiederholt sich
Nun steht also der ATS bereits zum dritten Mal in seiner Geschichte ohne Herrenmannschaft im Spielbetrieb da. Schon 2004 und 2007 hatte der Verein seine Mannschaft freiwillig mangels Personal aus dem Spielbetrieb zurückgezogen - das aber vor der Saison. Zwei Mal gelang nach nur einjähriger Abstinenz das Comeback - und diesmal? Für Sven Schelhorn ist das Thema Neufang am Tag des Endes überhaupt kein Thema. "Wir müssen jetzt in der Abteilung noch einiges tun, um kein Scherbenfeld zu hinterlassen. Dann will ich erst einmal Abstand gewinnen und mich um andere wichtige Dinge wie Familie, Beruf und meine Bar kümmern", sagt Schelhorn. Ob er für einen Neuanfang zur Verfügung steht, weiß er heute noch nicht.
Nur noch 14 Kreisliga-Teams
Für den zuständigen Spielleiter der Kreisliga, Gruppenspielleiter Gerd Rieß, ist es schon die zweite Hiobsbotschaft aus der Kreisliga in dieser Saison. Drei Wochen vor dem Saisonstart hatte der SV Weidenberg seine Mannschaft zurückgezogen, nachdem 14 auswärtige Spieler den Verein verlassen haben. Nun kickt er SV mit der einstigen Zweiten, bestehend aus lauter Einheimischen, in der A-Klasse - da ist er immerhin Dritter.
Natürlich bedauert Rieß den Rückzug des ATS: "Jeder Verein weniger ist ein Verlust, besonders aber, wenn es frühere Aushängeschilder des Landkreises sind wie der ATS."
Trainer Jeton Maxhuni das Handtuch beim Tabellenletzten. Der 38-Jährige hatte sich nach dem überraschenden Abgang von Spielertrainer Patrick Werther kurz vor Saisonstart als Helfer in der Not angeboten. Maxhuni, zuletzt Jugendtrainer bei der SpVgg Bayreuth, äußerte sich zuversichtlich, dass die Mannschaft gut genug für die Kreisliga sei. Die Hoffnung bestätigte sich nicht, denn der ATS musste Woche für Woche überhaupt froh sein, eine spielfähige Mannschaft stellen zu können. Bereits zwei Partien gab das Team mangels Personal kampflos ab. Bei der nächsten Absage wäre der ATS raus aus der Liga.
Kommentar von Christian Schuberth: Bloß keine Schadenfreude
Ach, ATS... Das einstige Aushängeschild des Kulmbacher Fußballs ist zum dritten Mal raus aus dem Fußball-Spielbetrieb. Und derzeit deutet wenig darauf hin, dass es ein schnelles Comeback gibt. Die letzten verbliebenen Funktionäre sind ausgebrannt, die einst vorbildliche Jugendarbeit quasi inexistent. Heute hat der frühere Bayernligist nicht mal mehr zehn eigene Jugendkicker, die dazu noch in einer SG mit anderen Stadtvereinen kicken. Düstere Aussichten.
Im Gegensatz zu den Rückzügen der 1. Mannschaft 2004 und 2007 waren die Finanzen dank Börsen-Mogul Bernd Förtsch diesmal nicht das Problem. Schon eher setzte man auf die falsche Philosophie und das falsche Personal. So ließ der neu verpflichtete Spielertrainer Patrick Werther den ATS kurz vor Saisonbeginn nach nur zwei Wochen Vorbereitung im Stich, mit ihm gingen zahlreiche Spieler. Sein Nachfolger Jeton Maxhuni watschte bei Amtsantritt gleich einmal die Abteilungsleitung ab ("Im Verein ist wirklich ganz schlecht gearbeitet worden"), um dann nach acht Niederlagen wieder das Handtuch zu werfen.
Dabei war der ATS noch vor wenigen Jahren auf dem Weg Richtung Landesliga. Der Verein baute auf Talente aus der Region, Trainer Armin Eck setzte die Philosophie auch dank seiner Kontakte sehr gut um. Der ATS gewann auch dank des Ex-Profis verlorene Sympathien zurück. Doch dann fiel Eck in Ungnade, mit ihm gingen die Talente, das Söldnertum kehrte zurück. Der Anfang vom Ende.
Mit Schadenfreude über den Scherbenhaufen beim ATS sollten sich die Konkurrenten aber zurückhalten. Haben doch viele von ihnen früher stets gerne gut ausgebildete Kicker des ATS aufgenommen, die sich bei ihm nicht durchsetzen konnten. Außerdem: Fehlende Konkurrenz schadet dem Geschäft. 1000 Zuschauer wie vor drei Jahren im Bezirksliga-Derby gegen den ATS wird der VfB so schnell nicht mehr abkassieren können.