Sexueller Übergriff nach Fasching im Kreis Kulmbach: Gericht verurteilt Grapscher

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Wegen eines sexuellen Übergriffs nach einer Faschingsveranstaltung wurde gestern ein Grapscher verurteilt. Die Berufungskammer des Landgerichts Bayreuth rollte den Fall, der sich 2017 im Landkreis Kulmbach ereignet hatte, noch einmal auf. Symbolfoto: Heiko Wolfraum /dpa
Wegen eines sexuellen Übergriffs nach einer Faschingsveranstaltung wurde gestern ein Grapscher verurteilt.  Die Berufungskammer des  Landgerichts Bayreuth rollte den Fall, der sich 2017 im Landkreis Kulmbach ereignet hatte,  noch einmal auf.  Symbolfoto: Heiko Wolfraum /dpa

Im Schneewittchen-Prozess glaubt das Landgericht Bayreuth dem Opfer und verhängt eine Freiheitsstrafe. Akzeptiert der Angeklagte, der in erster Instanz freigesprochen wurde, den Schuldspruch?

Im großen Schwurgerichtssaal des Landgerichts Bayreuth redete am Donnerstag nur einer: der Richter. Werner Kahler verkündete nach drei Verhandlungstagen das Urteil im Schneewittchen-Prozess. Die Berufungskammer glaubte dem Opfer (25) und kam zu einem Schuldspruch wegen eines sexuellen Übergriffs. "Wir haben keinen Anhaltspunkt gefunden, dass die Schilderung der Frau nicht stimmen würde", betonte der Richter.

Mit der Hand unterm Kleid

Nach Überzeugung des Landgerichts hat der 35-jährige Angeklagte nach einer rauschenden Faschingsparty im Kreis Kulmbach die junge Frau, die als Schneewittchen verkleidet war, begrapscht. "Er fasste mir mit einer Hand unters Kleid, zwischen die Beine", so die 25-Jährige vor Gericht. Zunächst von hinten, und als sie ihn weggestoßen habe, noch mal von vorne.

Die Kammer führte umfangreiche Nachermittlungen durch, hörte eine Reihe neuer Zeugen und besichtigte sogar den Tatort. Heraus kam eine zehnmonatige Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Dazu als "Denkzettel" (Kahler) 150 gemeinnützige Arbeitsstunden und 1500 Euro, zahlbar an das Frauenhaus Bayreuth.

Äußerlich unbewegt

Der Angeklagte bestritt die Tat: "Da war nichts." Dennoch war er offenbar vorbereitet und nahm den Schuldspruch äußerlich unbewegt auf. Zuvor zeigte er sich noch schockiert ("Ich bin sprachlos"), als Staatsanwalt Jan Köhler 13 Monate und 4200 Euro Geldauflage gefordert hatte. Ob man die Entscheidung akzeptieren oder Revision einlegen wird, ließ Verteidiger Wolfgang Schwemmer, Bayreuth, nach der Urteilsverkündung offen.

Aufgehoben wurde der Freispruch der ersten Instanz. Das Amtsgericht Kulmbach hatte den Eindruck, dass die Anzeige gegen den Grapscher eine Retourkutsche war. Denn zuerst hatte der jetzige Angeklagte den Ehemann der Frau, von dem er an jenem Abend verprügelt worden war, wegen Körperverletzung angezeigt. Der Mann, der völlig ausgerastet war, kassierte dafür eine Geldstrafe.

Keine Polizei - so war es ausgemacht

Verabredet war zwischen den Beteiligten, dass man die Polizei raushalten wollte. Wahrscheinlich hätte niemand etwas davon erfahren, was nach dem Fasching im Februar 2017 passierte. Also ein klassisches Eigentor des Angeklagten.

Der Abend war lustig, es wurde Party gemacht. Nüchtern war keiner mehr, als man in den frühen Morgenstunden zu viert nach Hause ging. Das Ehepaar sollte bei einer Freundin übernachten, die auch noch einem Bekannten einen Schlafplatz auf dem Sofa anbot. Die Stimmung war gut, bis der Angeklagte in der Küche übergriffig wurde und die Frau, die noch ihr Schneewittchenkostüm trug, begrapschte. Die Situation eskalierte - und am Schluss lag der Angeklagte bewusstlos am Boden.

Ohne Belastungseifer

In der Urteilsbegründung erläuterte Kahler, wieso der Freispruch kassiert wurde. Die Angaben des Angeklagten, dass er die Frau nicht unsittlich berührt hat, seien durch die Beweisaufnahme widerlegt. Vor allem durch die Aussage der 25-Jährigen, die das Tatgeschehen ohne Belastungseifer, ruhig und sachlich geschildert habe. Sichtlich emotional bewegt sei sie gewesen, als sie sich zum Größenvergleich neben den Angeklagten stellen musste. "Das hatte große Bedeutung für die Entscheidung."

Dazu komme die Aussage des Ehemanns, der gesehen hatte, wie seine Frau bedrängt wurde. "Warum hätte er sonst so ausrasten sollen? Es muss einen Grund gegeben haben", so der Richter.

Keine Retourkutsche

Die Gegenanzeige bewertete die Kammer nicht als Retourkutsche. Denn bereits kurz nach der Tat war von dem sexuellen Übergriff die Rede - gegenüber den beiden Sanitätern, die in der Küche die Kopfverletzung des Angeklagten behandelten, sowie gegenüber einem Arzt am Kulmbacher Klinikum, der die gebrochene Hand des Ehemanns versorgte. Auch eine Therapeutin, die das Opfer betreute, wusste von dem Vorfall.

"Der Angeklagte wurde massiv verprügelt und erheblich verletzt. Das war ein Strafmilderungsgrund", stellte der Richter fest. Zu seinen Gunsten habe man auch gewertet, dass er alkoholbedingt enthemmt war. Gegen den Mann spreche aber, dass er weitermachte, obwohl sich die Frau nach dem ersten Mal wehrte, ihn anschrie und wegstieß