Die neueste Infopost quillt aus dem Briefkasten. Von der Kommune, den Stadtwerken, dem Verlag für das abonnierte Sportmagazin. Alle informieren über die sogenannte SEPA-Umstellung im Zahlungsverkehr. So manchen Kunden nervt das. Doch die Neuregelung ist politisch gewollt.
"Ich weiß, dass unsere Kunden nicht immer glücklich sind, auch von uns noch Material zu SEPA zu bekommen", sagt Konrad Herold, bei der Kulmbacher Bank Fachmann zur Zahlungsverkehr-Umstellung.
Die Bank ist laut BGB aber in der Informationspflicht. "Die Neuregelung ist politisch gewollt, keine Idee von den Banken." Wer bei denen nachfragt, ob sie das neue System wünschten, der ernte sicher nirgendwo Zustimmung. "Es bringt nur Mehrarbeit."
Was das eigene Haus betrifft, so sei die KuBa gerüstet, sagt Herold. "Es gibt noch ein paar Nickligkeiten, weil das Konstrukt handwerklich nicht ausgereift ist. Vor allem beim Lastschriftverfahren." Das habe sich aufgrund der Vereinheitlichung leider verkompliziert.
"Das deutsche System hat sich über Jahrzehnte bewährt, war aber den EU-Partnerländern gegenüber wohl nicht zu vermitteln."
Was die Umstellungsquote angeht, so seien nahezu alle Großkunden bereits SEPA-fähig. "Bei kleinen Handwerks betrieben gibt es noch Nachholbedarf, aber das ist verständlich, weil da die Buchführung nachrangig ist zur Einholung von Aufträgen." Die KuBa sei kulant, was die Konvertierung vom alten ins neue System anbetrifft. "Wir lassen da niemanden im Regen stehen." Allerdings hatte er sich erhofft, dass die Bundesbank oder das Finanzministerium in einer großen Anzeigenkampagne die Bürger über die Brisanz unterrichtet.
"Was hingegen geschehen ist: Der Ball ist wieder bei uns gelandet."
"Wir wollen jeden mitnehmen" In die gleiche Kerbe schlägt Ulli Förtsch, Mitarbeiter im Bereich Unternehmenskommunikation der Sparkasse Kulmbach-Kronach und Mitglied der SEPA-Projektgruppe. "Ich weiß, dass die Bundesbank nicht extra auf eine Roadshow gehen kann. Ein wenig mehr Unterstützung bei der Kommunikation aber wäre sicher hilfreich. Wobei wir als Bank direkt am Kunden sind."
Um den für das Thema SEPA zu sensibilisieren, hat die Sparkasse schon vor über einem Jahr mit vielen Infoveranstaltungen begonnen. "Geschäftskunden und ein Großteil der Vereine wissen, was bevorsteht. Wir wollen aber jeden mitnehmen - auch diejenigen, die sich erst jetzt damit auseinandersetzen", sagt Förtsch.
Tipps und Hinweise für den Übergang ins neue Überweisungszeitalter gibt es persönlich in der Filiale und online auf der Homepage.
Auch Vereine müssen umstellen "Vorteile sehe ich für unseren Verein keine", sagt Andrea Simon, Schatzmeisterin der Kulmbacher Sektion im Deutschen Alpenverein. SEPA ist im neuen Geschäftsjahr für den DAV und Andrea Simon noch nicht akut, denn: Der DAV bucht Mitgliedsbeiträge immer zum ersten Werktag im Januar ab; die Umstellung erfolgt aber erst für den 1.Februar 2014. "Ich habe aber schon die Mitgliederkonten auf IBAN und BIC umgestellt und die nötige Gläubiger-ID beantragt", sagt Andrea Simon.
Was die notwendige Mandatsreferenz angeht: In einem Hinweistext auf dem Kontoauszug jedes einzelnen Mitglieds bei der Abbuchung des Beitrages im Januar 2014 werden alle für SEPA relevanten Daten mitgeteilt.
So erspart sich der Verein auch, seine derzeit 1266 Mitglieder einzeln anzuschreiben.
Wenn die Lastschrift platzt... Was aber ist mit den Widerspruchsfristen für Lastschriften? "Ich gehe mal nicht davon aus, dass eines unserer Mitglieder 13 Monate später eine Lastschrift platzen lässt", sagt die Schatzmeisterin. Und dann fällt ihr doch noch ein Vorteil ein, der ihr SEPA beschert: "Wir beziehen eine Zeitschrift des österreichischen Alpenvereins. Den Betrag dafür musste ich bislang immer extra überweisen. Jetzt kann das Geld für das Abo eingezogen werden."
Die Uhr tickt. Noch knapp 100 Tage sind es: Dann kommt SEPA. Das Kürzel steht für "Single Euro Payments Area" und meint den einheitlichen Eurozahlungsverkehrsraum. So weit, so sperrig.
Die bereits 1992 in den Maastrichter Verträgen erwähnte Umstellung hat gravierende Auswirkungen auf alle Transaktionen mit Überweisungen, Lastschriften und Kartenzahlungen. Und zwar - vorerst - für Geschäftskunden, aber auch Vereine und Kommunen; Privatkunden genießen bis Februar 2016 Schonfrist (sofern sie nicht per Lastschrift abbuchen lassen).
Für Jürgen Wagner von der DZ-Bank ist klar: "Jeder muss mitspielen, ob er will oder nicht." Das verdeutlichte der Referent jüngst bei einer Informationsveranstaltung in der Kulmbacher Bank - der mittlerweile sechsten zum Thema seit 2012. Wagner sprach von der "größten Revolution", auf die sich aber noch nicht alle entsprechend vorbereitet hätten. "Für manche wird es ein ganz harter Ritt, wenn sie sich erst Mitte Januar Gedanken darüber machen, was ab 1.
Februar unumkehrbare Gültigkeit besitzt." Die Vereinheitlichung gilt für 33 Länder inklusive Schweiz und Liechtenstein. Für international agierende Unternehmen soll damit ein klarer Rechtsrahmen geschafften und der Zahlungsverkehr vereinfacht werden.
Überweisungen dauern einen Tag Konkret bedeutet das unter anderem: "Überweisungen und Gutschriften dauern nur noch einen Tag." Die Kosten und Preise für Überweisungen werden in Europa angepasst und vereinheitlicht. "Hier bei uns bleibt es bei ein paar Cent. Die Spanier zum Beispiel verlangen heute aber noch zehn Euro." Den größten Vorteil sieht Wagner darin, dass sich sämtliche Geldgeschäfte von einem einzigen Konto aus tätigen lassen.
Doch der Referent verhehlte auch die Nachteile und manchen Fallstrick nicht.
Da wäre zunächst "IBAN, die Schreckliche": also die 22 Ziffern umfassende internationale Kontonummer, die alle alten Daten ersetzt. Für Viele ist diese Nummernprozession ein Graus. Sie setzt sich zusammen aus der Länderkennung DE, einer Prüfziffer, der ehemaligen Bankleitzahl und der eigenen Kontonummer. "Den Rest der Kontonummer einfach mit Nullen auffüllen, bis man auf 22 Ziffern kommt", erläuterte Wagner schmunzelnd. Dazu gesellt sich der BIC (Business Identifier Code), die international gültige Bankleitzahl. Nur diese beiden Zahlenreihen erlauben künftig die automatisierte Verarbeitung von Zahlungsaufträgen.
Einige wesentliche Neuerungen betreffen den Lastschriftverkehr - für Firmen, aber auch Vereine von entscheidender Bedeutung. Bei SEPA ist es nun möglich, auch im europäischen Ausland Lastschriften einzuziehen.
Dafür muss vom Zahlungsempfänger eine Vorabinformation an den Zahlungspflichtigen erfolgen. "Diese ist zu verknüpfen mit einer Erlaubnis und dem Zahlungszeitpunkt, der festgelegt wird", sagte Wagner.
Jede Lastschrift muss demnach folgende zusätzliche Angaben ausweisen: das Fälligkeitsdatum; die Info, ob es sich um eine Erst-, eine einmalige oder wiederkehrende Zahlung handelt; eine eindeutige Mandats referenz und eine Gläubiger-ID der Bundesbank. Laut Wagner sind Personen, Institutionen und Vereine, die Geld und Beiträge einzuziehen, verpflichtet, von sich aus diese Gläubiger-Kennnummer zu beantragen. Und noch eine Besonderheit im veränderten Einzugsverfahren: Kunden müssen die Lastschrift sechs Tage vor Fälligkeit einreichen. Bei wiederkehrenden Einzügen reichen drei Tage. Bei einer so genannten Lastschrift mit verkürzter Vorlagefrist genügen zwei Tage.
Monatelange Widerspruchszeiten Veränderungen gibt es auch hinsichtlich der Fristen im Fall einer Rückgabe. Der Kunde hat dann acht Wochen Zeit, die Lastschrift wegen Widerspruchs zurückzugeben. Die Krux zeigte Wagner ebenfalls auf: Falls nämlich kein schriftliches Mandat, also die Einzugsermächtigung, vorliegt oder in den letzten drei Jahren keine Belastung einging, verlängert sich der Widerspruchszeitraum auf bis zu 13 Monate.
"Es könnte sein, dass Präzedenzfälle daraus auch zu juristischen Klagen führen könnten", sagte der Experte und nannte ein mögliches Beispiel: Was passiert, wenn ein Kunde eine Lastschriftabbuchung über 10.000 Euro erwartet und dafür dieses Geld auf seinem Konto vorhält, eine andere Lastschrift aber, die nicht korrekt angekündigt war, von dem Betrag kurz zuvor schon 5000 Euro aufgezehrt hat - mit der
Folge, dass die 10.000-Euro-Abbuchung zurückgewiesen wird, obwohl diese nach allen Spielregeln Vorrang gehabt hätte? "Wir als Bank können das nicht prüfen. Hier können im Nachgang rechtliche Schwierigkeiten auftreten. Man sieht: Theorie und Praxis klaffen manchmal auseinander", sagte Wagner. "Ganz zu schweigen davon, was passiert, wenn während der monatelangen Fristen der Zahlungspflichtige in Insolvenz geht." Und nicht zu vergessen: Hinter den neuen Richtlinien steht ein immenser Aufwand, was die Umstellung der Software in Banken, Firmen, aber auch Ämtern angeht.