Neun Jahre und zwei Monate - das Gericht verurteilt den Brandstifter von Oberzettlitz zu einer hohen Haftstrafe.
Der Brandstifter von Oberzettlitz führte bis zum 21. Januar ein straffreies und ordentliches Leben und brachte es, aus einfachsten Verhältnissen stammend, zu beachtlichem Wohlstand. Jetzt hätte der 65-Jährige aus Bad Kissingen seine Rente bekommen - doch davon hat er nun nichts: Er wird den Großteil seines Lebensabends im Gefängnis verbringen, denn die 1. Große Strafkammer des Landgerichts Bayreuth verurteilte den Mann am Mittwoch wegen versuchten Mordes in vier Fällen und besonders schwerer Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren und zwei Monaten.
Revision angekündigt
Das mit Spannung erwartete Urteil wird aber erst mal nicht rechtskräftig. "Wir gehen in die Revision", kündigte der Verteidiger, Rechtsanwalt Johannes Driendl aus Bayreuth, an.
Wie berichtet, hatte der Angeklagte bei dem Brandanschlag nacht um 2.30 Uhr am Wohnhaus eines früheren Geschäftspartners Feuer gelegt. Der Mann, seine Frau und die beiden Töchter konnten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen. Der Sachschaden belief sich auf 60.000 bis 70.000 Euro, und das völlig verrußte Haus war mehrere Wochen unbewohnbar.
Das Motiv für den Mordversuch und die Brandstiftung: Rache. Der Angeklagte, dessen Firma mit zeitweise 65 Mitarbeitern für eine Fleisch- und Wurstfabrik in Hammelburg tätig war, machte deren Geschäftsführer für den Ruin seiner Firma und die Vernichtung seiner Existenz verantwortlich. Denn der in Oberzettlitz wohnende Mann hatte auf Weisung der Konzernzentrale die Verträge für die Zusammenarbeit aufgekündigt.
Nach der Tat stellte sich der 65-Jährige. Er wurde von der Polizei in Neubau im Fichtelgebirge festgenommen.
Über zwölf Jahre gefordert
Oberstaatsanwältin Juliane Krause forderte eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren und drei Monaten. Der Angeklagte habe heimtückisch gehandelt, da die schlafenden Hausbewohner wehr- und arglos waren. "Er wollte den Mann töten und nahm den Tod der Familie billigend in Kauf. Dass die Tötung nicht vollendet wurde, ist reiner Zufall", sagte sie.
Der Vertreter des Nebenklägers, Rechtsanwalt Philipp Grabensee aus Düsseldorf, schloss sich dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft an. Er wies darauf hin, dass seine Mandanten immer noch unter dem Brandanschlag leiden: "Das Gefühl der Unsicherheit in den eigenen vier Wänden dauert an."
"Ein moderner Sisyphus"
Der Verteidiger bezeichnete seinen Mandanten als "modernen Sisyphus", dem es gelungen ist, den Stein von ganz unten nach fast ganz oben zu rollen, der Tag und Nacht geschuftet hat. Aus dessen Sicht habe der Geschäftsführer der Fleisch- und Wurstfabrik in Hammelburg die Hauptschuld daran getragen, dass der Stein wieder ganz runtergerollt ist. "Er stand vor dem Nichts." Als sich 2014 alle seine Probleme - kaputte Ehe, Krankheiten, Geldsorgen - verstärkten, habe er keinen Ausweg mehr gesehen. Er habe sich immer mehr in den Alkohol geflüchtet, was zusammen mit seiner depressiven Grundstimmung die letzte Hemmschwelle für eine persönlichkeitsfremde Tat beseitigte.
Driendl plädierte für eine Gesamtstrafe von fünf Jahren. Er schätzte die Risikosituation bei dem Brand niedriger ein, da die Familie sofort aus dem Haus rausgekommen und der Brand von Nachbarn und Polizei schnell gelöscht worden sei.
Massive Gefährdung
Hier widersprach das Gericht in der Urteilsbegründung deutlich. "Wir sehen die Gefährdung als massiv an. Von der Rauchentwicklung ging ein hohes Risiko aus", sagte Vorsitzender Richter Michael Eckstein. Nach Angaben eines Ermittlers der Kripo habe man keine Chance mehr, das Haus zu verlassen, wenn man im Schlaf den Rauch einatmet.
Nach Auffassung der Kammer richtete sich der Tötungsvorsatz gegen den Familienvater. Da das Mordmerkmal der Heimtücke vorliegt, sei der Angeklagte wegen Mordversuch in vier Fällen zu verurteilen: Anschlag zur Nachtzeit, alle Lichter aus, schlafende Hausbewohner und Benzin als Brandbeschleuniger an der Haustür und der Terrassentür, die damit unpassierbar gemacht werden sollten, so Eckstein.
Eine Strafmilderung, weil die Tat im Versuchsstadium geblieben sei, hielt das Gericht nicht für angezeigt. Aufgrund der schweren Depression und des Alkoholpegels von zwei Promille liege aber eine verminderte Schuldfähigkeit vor. Der Strafrahmen betrage daher drei bis 15 Jahre.
Therapie nach Vorwegvollzug
Das Gericht erkannte auf neun Jahre und zwei Monate. Aufgrund des Alkoholmissbrauchs darf der Mann nach Vollstreckung von zwei Jahren und sieben Monaten im Gefängnis eine zweijährige Therapie in einer Entziehungsanstalt machen. Damit soll verhindert werden, dass er bei einer psychosozialen Ausnahmesituation wieder Gewalttaten begeht.