Die Freunde der Angeklagten hatten nicht alles gesehen, wussten aber, dass die 25-Jährige betrunken und aggressiv gewesen sei. Sie habe sich aufgeregt, dass ihr Gespräch gestört wurde. "Darauf entstand eine Megadiskussion." Die Frau sei nicht zu beruhigen gewesen. Der ältere Bruder habe mit ihr nichts zu tun gehabt. Auch von dem Vorwurf, dass die 25-Jährige von einer Getränkedose am Kopf getroffen worden sei, wusste keiner etwas.
Lage vor Gericht unklar: Beteiligte waren betrunken
Eine Freundin der "Geschädigten" wollte aber den Büchsenwurf gesehen haben. Sie wusste nicht, warum die Situation eskalierte und gab an, dass man sich vorher im Halifax bereits getroffen habe. Sie bejahte die Frage von Verteidiger Wolfgang Schwemmer, ob ihre Freundin aufbrausend und impulsiv reagiere, wenn sie angetrunken ist.
Nun musste die 25-Jährige aussagen. Auf ihre Angaben stützte sich die Anklageschrift. Sie blieb als Einzige dabei, dass sie zunächst vom älteren Bruder beleidigt und angespuckt worden sei. Deshalb sei sie ihm nachgelaufen, um "es" zu klären, dass man so was mit einer Frau nicht macht.
Draußen habe sie der jüngere Bruder gepackt. Beim Handgemenge habe sie sich verletzt, habe an den Händen geblutet, Fingernägel seien eingerissen. Auf Fragen des Gerichts räumte die Zeugin ein, dass ziemlich viel Alkohol im Spiel gewesen sei: Sekt, Mischgetränke, Wodka-Red-Bull - es sei ihre Geburtstagsfeier gewesen. "Ich hab etwas mehr getrunken, aber ich hab mich net komplett ins Aus geschossen." Es sei auch ein Alkoholtest bei ihr gemacht worden. Zum Ergebnis - über 1,8 Promille - habe der Polizeibeamte gesagt, dass sie sich dafür noch gut artikulieren könne.
Keine Verurteilung möglich
Der zweite Verteidiger, Rechtsanwalt Alexander Schmidtgall, hielt der Zeugin eine "selektive Erinnerung" vor. Und sein Kollege Schwemmer monierte, dass sie laut Aktenlage bei der Polizei von einem "Filmriss" gesprochen habe.
Mit der flapsigen Formulierung, so die Frau, habe sie nur ihre bruchstückhafte Erinnerung umschrieben. Nun hatten Gericht und Staatsanwaltschaft aber genug.
Mit Zustimmung der Angeklagten wurde das Verfahren eingestellt. Mit einer Belastungszeugin, die laut Polizei "nicht klar bei Sinnen" war, ließ sich keine Verurteilung begründen. Amtsrichterin Sieglinde Tettmann bezweifelte, "ob wir noch ausreichend aufhellen können, was passiert ist". Was das Gericht von dem Verfahren hielt, zeigte sich auch daran, dass sämtliche Kosten - die Honorare der Rechtsanwälte eingeschlossen - der Staatskasse auferlegt wurden. Eine Einstellung, die einem Freispruch gleichkam.