Müller und seine Mitstreiter hoffen, dass die alarmierenden Meldungen - nicht zuletzt über das Bienensterben - genügend Bürger mobilisieren. "Es ist wichtig, etwa beim beim Biotopschutz neue Wege zu beschreiten. Es nutzt wenig, wenn es einzelne Flächen sind, die unter Schutz stehen, aber zwischen diesen Flächen große Lücken klaffen." Ferner geht es darum, die ökologische Landwirtschaft zu forcieren. "Wir erhoffen uns in Bayern einen Anstieg auf 30 Prozent - derzeit sind wir bei 10. Aber wir legen Wert darauf, dass das nicht gegen die Landwirte geschieht. Wir stellen fest, dass vor allem die kleineren Betriebe selber unter den Fehlentwicklungen einer riesigen Agrarindustrie leiden. Sie wissen, was sie an ihren Flächen haben, denn in der Ökologie hängt alles mit allem zusammen."
Gottes Schöpfung bewahren
Eine Aussage, die auch Dagmar Keis-Lechner unterstreicht. "Jeder verantwortungsvolle Bauer in der Region sollte auf Händen getragen werden. Denn auch deren Lebensgrundlage gehört zum Wunderwerk der Natur - andere nennen es Gottes Schöpfung. Die sollten wir nicht den schnöden Mammon opfern", sagt die Grünen-Kreissprecherin deren Partei neben dem Landesbund für Vogelschutz (LBV) zum Trägerkreis des Volksbegehrens zählt.
Ein Umdenken sei dringend geboten, sagen ödp und Grüne unisono. Die konkreten Forderungen lauten: Bauern sollen Hecken, Büsche, Feldraine und Bauminseln anlegen und so zerstörte Lebensräume für die heimische Pflanzen und Tierwelt wiederherstellen. An Bächen, Flüssen und Seen sollen fünf Meter breite Randstreifen frei von landwirtschaftlicher Bewirtschaftung bleiben, um den Eintrag von Nitrat und Pestiziden zu verhindern.
"Nicht gesetzlich verordnen"
Mahnende Stimmen kommen von Seiten des Bauernverbands. BBV-Geschäftsführer Harald Köppel warnt davor, die Zunahme von Biobetrieben gesetzlich verordnen zu wollen. "Es liest sich vermeintlich gut auf dem Papier - doch die Wahrheit ist: Es würde der Landwirtschaft vor Ort gigantische Einschränkungen bereiten." Wie das? "Wer sagt: ,Bauern, ihr müsst eure Produktionsweise ändern' - der verkennt erstens: Wir tun bereits viel für den Artenschutz, aber das scheint nichts wert. Und zweitens kämen wir bei der Vermarktung bald an Grenzen. Molkereien haben jetzt bereits Wartelisten für Biomilch. Was würde passieren, wenn Hunderte neuer Lieferanten dazu kämen? Die Folge wäre: Den Biobetrieben, die sich mühsam hochgekämpft haben, würden die Märkte wegbrechen und die Preise kaputtgemacht. Damit hätte keiner was gewonnen, schon gar nicht der Verbraucher."
Kommentar
Apokalypse now oder: Beim Aussterben ist jeder der Erste Manche schaffen es in die Schlagzeilen - so wie der Juchtenkäfer. Der Krabbler aus der Familie der Osmoderma eremita erlangte bundesweit Berühmtheit, als seinetwegen das Mammutprojekt "Stuttgart 21" zu scheitern drohte. Der Nachweis der Tierart (besser gesagt: seiner Hinterlassenschaften) hatte dazu geführt, dass sich die Bauarbeiten am Großprojekt um zwei Jahre verzögerten. Welche Lobby aber haben Lurch, Gelbbauch-Unke und Feldhamster?
Der Aufschrei ist erst einmal groß, wenn es Arten an den Kragen geht. Ein kurzer Aufschrei nur, denn am Ende des Tages finden Menschen immer einen Grund, warum Wohnungen wichtiger sind als Wachteln, Kreuzungen wichtiger als Kreuzottern, Gewerbegebiete wichtiger als Grasfrösche, Straßen wichtiger als Salamander. Kommunalvertreter legen dann naturgemäß die Stirn in Falten und die Hände ineinander zum Gebet. Dann sagen sie sowas wie "bedauerlich, aber...", schieben "die Entwicklung der Kommune verlangt es..." hinterher, "es geht um Arbeitsplätze..." und "wenig Spielraum vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderung...". Unterstützung kommt von jenem (Groß-)Teil der Bevölkerung, der alle Mahner für den Erhalt von Natur um ihrer selbst willen per se als geisteskrank abtut, die Diskussionen darüber als das Werk linker Ökofaschisten und Gutmenschen. In Deutschland, keifen sie, würde genau deswegen jedes Großprojekt im Keim erstickt. Die Republik schaffe sich selber ab. Diesen Vertretern braucht man nicht erst mit dem Satz zu kommen: "Umweltschutz ist Menschenschutz." Die Natur hat zu weichen, wo es dem Fortschritt dienlich ist. Wer einen Tümpel trockenlegen will, darf halt nicht die Frösche fragen. Basta. Tja, und so sind wir schließlich dahin gelangt, wo wir heute stehen: Von den 35000 Tierarten
in Bayern ist fast jede zweite gefährdet; 54 Prozent aller Bienen sind bedroht oder bereits ausgestorben, 73 Prozent aller Tagfalterarten verschwunden. In Bayern leben heute nur noch halb so viele Vögel wie vor 30 Jahren.
Aber hey: Dafür haben wir eine prächtige wirtschaftliche Entwicklung hingelegt, nicht wahr? Können wir stolz drauf sein. Wir müssen Prioritäten setzen, das sind wir unseren Enkeln schuldig. Natürlich nutzen wir dafür unberührtes Land. Aber das bisschen Flächenversiegelung... Schaut mal nach Australien, dort stirbt das Great Barrier Reef - das ist eine echte Katastrophe. Und was die in Indonesien mit den Regenwäldern anstellen: F.U.R.C.H.T.B.A.R.!!!
Merken Sie was? Die Masche ist stets gleich: Die Anderen sollen gefälligst ihre Schätze schützen, auch zu unserem Wohle. Warum in Deutschland Urwald schaffen, wenn der Indio seinen plattmacht? Nach dieser Devise zeigt jeder einmal im Kreis auf jeden - fertig. Ein Treppenwitz der Erdgeschichte, der fatal an einen Militär-Gag aus dem Balkankrieg erinnert. Dort sollen "intelligente" Minen eingesetzt worden sein, die sich automatisch entschärfen, sobald sich der Konflikt entschärft. Sagt die Mine zum Konflikt: "Du zuerst!"