Eine Rabenmutter möchte niemand sein. Nur manchmal - da wär's ganz praktisch.
Manchmal wünsche ich mir, ich wäre eine Rabenmutter gewesen.
So eine, die ihren Kindern alles verbietet: Die Pokémon-Karten und die Diddl-Maus-Schreibblöcke, die geflochtenen Freundschaftsbändchen und die Polly-Pocket-Püppchen. Schenkte man den Kindern seinerzeit Glauben, dann hatten ALLE schon so etwas zu Hause. Es gebe KEINEN, der das nicht von seinen Eltern bekomme. "Nur wir kriegen NIE was!"
Also lagen die Karten und die Blöcke und Bändchen und letztlich auch die furchtbaren, kitschigen Polly-Pocket-Plastikdinger irgendwann auf dem Geburtstagstisch. Wenige Monate später lagen sie dann meistens nur noch herum.
Wegwerfen war keine wirkliche Option, weil das Kinderherz ja doch noch dran hing, auch wenn mittlerweile Anderes interessanter war. Írgendwann wurden dann die Polly-Pocket-Püppchen verschenkt oder auf dem Flohmarkt verkauft, die Diddlmaus-Blöcke wurden als Einkaufszettel genutzt und die Pokémon-Karten, die längst nicht mehr vollständig waren und Eselsohren hatten, landeten in der blauen Tonne.
Schade drum. Auch ums Geld. Trotzdem: Ich war keine Rabenmutter und habe meinen Kindern diese Wünsche erfüllt. Und wenn ich jetzt, Jahre später, noch einmal vor der Entscheidung stünde: Ich würde es wieder tun.
Außer Window-Colour. Das käme mit nicht mehr ins Haus! Die Reste einer bunten Blume, die einst die Scheibe des Esszimmerfensters zierte, pappen dort immer noch und lassen sich auch mit scharfem Werkzeug und aggressiver Chemie nicht entfernen. Jedesmal, wenn ich Fenster putze, ärgere ich mich darüber.
Dann rücke ich sorgfältig das Töpfchen mit der blühenden Orchidee vor den Fleck. Und wünsche mir, wenigstens einmal eine Rabenmutter gewesen zu sein.