Ausverkauft war die Premiere des turbulenten Dreiakters "Küsse für die Tanten", den der Burschenverein Reichenbach aufführte. Die Theaterfreunde aus dem weitem Umkreis erlebten zweieinhalb Stunden köstliche Unterhaltung. Die fünf Frauen und fünf Männer auf der Bühne zogen alle Register.
Schon das Betreten der Bühne durch die drei alten Jungfern Alma, Berta und Christa Jung (Carina Kremer, Manuela Lindner und Madeleine Linzmaier) löste die ersten Lachsalven aus. Schnell wurde klar, dass die drei geizigen Schwestern - alleine auf ihrem Bauernhof in Reichenbach wohnend - karg und sparsam lebten. Strom wurde gerade einmal im Wohnzimmer angeknipst, ansonsten ging alles per Hand vonstatten - Energie kostet ja einen Haufen Geld.
Timo, der Neffe des Trios (Martin Unkauf), hatte hingegen schon herausgefunden, wie liebenswert das andere Geschlecht ist. Der Student brachte seine - emanzipierte - Freundin Heike Baum (Antonia Münzer) mit auf den Hof, um mit ihr gemeinsam die Semesterferien in Reichenbach zu verbringen. Die Schwestern sind entsetzt, denn Timo pussiert hinter ihrem Rücken mit dieser...
Unverhoffter Geldsegen Doch ihre Meinung ändert sich, als Heike für die Unterkunft auf dem Hofe Jung bezahlen will - und das nicht schlecht. Es stand ja schon in Almas Horoskop: Unverhoffter Geldsegen! "Man sollte nicht meinen, dass wir im 21. Jahrhundert leben", stellt Heike fest und will Schwung in die Bude bringen.
Da drückt Dorftratsche Vevi Vogel (Lena Lauterbach) das Fenster der Jung-Schwestern auf und keift in die Handlung. Amtsbote Fritz Scholle (Moritz Lauterbach) macht kurzen Prozess und kühlt das freche Mundwerk mit Wasser aus der Blumenvase ab. Als Fritz dann mit Heike Brüderschaft trinkt und die beiden selbige mit einem Kuss besiegeln, kommen die drei Tanten hinzu und werden auf Grund des Anblicks ohnmächtig. Da hilft nur Mund-zu-Mund-Beatmung von Klempner Max Maier (Siegfried Unkauf) und Fritz Scholle, bei der sie wiederum von Vevi in flagranti erwischt werden.
Schwestern auf Wolke 7 Die Wirkung zeigt sich alsbald bei Alma und Berta. Beide sind wie ausgewechselt und träumen plötzlich von Schnaps und Küssen. Die Schwestern fühlen sich wie auf Wolke 7 - auch wenn der Kopf brummt. Und Fritz und Max versprechen den beiden hoch und heilig, dass ihnen über das Geschehen im Hause Jung im Wirtshaus kein Wort über die Lippen kommt. Bedingung ist aber, das Berta und Alma ihre Wäsch‘ waschen, bügeln, stopfen und flicken. Die dreifache Arbeit - und das für ein paar Sekunden Schnaps trinken und einen Kuss?!
Doch dann überschlagen sich die Ereignisse im sonst so beschaulichen Reichenbach. Zwei Motorradfahrer überfallen die Bank, erbeuten eine Menge Geld und flüchten mit ihrem roten Bike. Wenig später finden die drei Jungfern zwei Helme und Motorradbekleidung hinter dem Sofa, die Timo und Heike dort versteckt haben. Ihnen schwant Furchtbares?! Sind ihr Neffe und seine Freundin die Bankräuber? Da schneit auch noch Polizist Hans Schnurr (Christian Köstner) ins Haus - und Berta und Christine haben gerade die beiden Helme in der Hand.
Schnurr beschlagnahmt diese sofort, was auch gleich die Dorftratsche wieder mitkriegt. Mit ihrem rasierklingenscharfen Mundwerk putzt Vevi die Schwestern zusammen und droht ihnen wegen Beihilfe mit Gefängnis. Die Schwester handeln schnell und verstecken die Sachen in Müllsäcken im Schuppen des Nachbarn. Damit kann beiden Studenten nichts nachgewiesen werden und sie müssen nicht in den Knast.
Ohrfeigen für die Plaudertasche Doch wieder einmal haben sie die Rechnung ohne Vevi gemacht. Christa wird handgreiflich und es setzt Ohrfeigen für die Plaudertasche. Jetzt also auch noch Körperverletzung!
Kleinlaut bereiten sich die drei Jungfern auf ihre Verhaftung durch Hans Schnurr vor, doch es kommt alles anders: Heikes Vater Paul Baum (Jörg Clausen) trifft in Reichenbach ein und wird anfänglich für einen Beamten der Kripo gehalten. Doch Schnurr klärt alle auf, die wahren Bankräuber sind gefasst. Und das Elektrozeitalter hält Einzug im Hause Jung, denn Heikes Vater hat sein Lager geräumt. Die drei Schwestern Alma, Berta und Christa haut es vor Aufregung wieder aus den Socken, also erneut Wiederbelebung. Fritz Scholle weiß etwas Besseres - einfach einen Eimer Wasser drüber: Die drei sind plötzlich hellwach und verlangen "Lieber einen Schnaps oder Kuss!"
Die begeisterten Zuschauer toben und spenden dem Ensemble stürmischen Applaus für eine ausgezeichnete schauspielerische Leistung. "Ihr ward das beste Publikum, das wir heute haben durften", bedankte sich Regisseur Elmar Hildner. Ein Lob zollte er auch den beiden Souffleuren Elke Gareis und Tobias Spindler, die immer das richtige Stichwort parat hatten - aber nicht gebraucht wurden.