Ist der "Fall Schmiechen", falls es den so überhaupt je gegeben hat, mit dem Fazit des Landratsamts erledigt? - Versuchen wir eine Analyse.
Wir wissen, dass sich Anfang August - zum Beispiel am 3.August - verschiedene Mitarbeiter des gemeindlichen Bauhofs nach der regulären Arbeitszeit (also in ihrer Freizeit) auf dem Privatanwesen von Volker Schmiechen aufgehalten haben. Dies bestätigt nämlich der Geschäftsleiter der Gemeinde, Martin Betz, am 7. August in einem Mail an die Familie Orbitz. "Nach mittlerweile erfolgter Rücksprache mit Herrn Ersten Bürgermeister Volker Schmiechen", wie Betz schreibt.
Darüber hinaus wissen wir, dass Anfang August ein Fahrzeug vor dem Privatanwesen des Bürgermeisters stand, das wie ein Auto eines gemeindlichen Bauhofs aussieht. Das ist von den Nachbarn mit Hilfe eines Fotos dokumentiert - die Aufnahmezeit ist mit 3.August, 15.24 Uhr angegeben. Auf dem Bild sind zudem zwei Männer zu sehen, die etwas auf das Grundstück tragen.
Gekleidet sind sie wie Beschäftigte eines kommunalen Bauhofs.
Die Frage ist nun, was man daraus schließen mag. Das Landratsamt jedenfalls hat nach "umfangreichen Verwaltungsermittlungen" keinen Grund gesehen, ein Disziplinarverfahren gegen Schmiechen einzuleiten. Da seine und die Persönlichkeitsrechte seiner Mitarbeiter geschützt bleiben müssen, gibt es keine weitere Auskunft - wir wissen also nicht, was die Nachforschungen des Landratsamts konkret ergeben haben, ja nicht einmal, wie sie ausgesehen haben. Wir kennen nur das Ergebnis.
Eingegriffen hätte die Behörde dann, wenn sie Verdachtsmomente hätte feststellen können, wonach Schmiechen den Bauhof für sich privat hätte arbeiten lassen.
Das darf er nicht - und hätte zudem auch juristische Konsequenzen.
Gleichwohl bleibt die Frage, was Mitarbeiter des gemeindlichen Bauhofs mehrere Tage Anfang August (wir wissen, das hat das Gemeindeoberhaupt bestätigen lassen) auf dem Privatanwesen des Bürgermeisters gemacht haben, der offenbar - so beschreibt es Gemeinderat Markus Weigel - gerade ein Schwimmbad baut. Und: Falls ein Auto des Untersteinacher Bauhofs im Einsatz war, um Material an das Schmiechen-Grundstück zu liefern, wer hat das veranlasst? Und wie wird das der Gemeinde vergütet? - Schließlich: Wenn Bauhof-Mitarbeiter in ihrer Freizeit auf dem Anwesen des Bürgermeisters waren, muss auch gefragt werden dürfen, warum? Immerhin sind sie seine Untergebenen, stehen also in einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihm.
Selbst wenn sie ihrem Chef nur einen Gefallen tun wollten und ihn in ihrer Freizeit unterstützt haben: Wer sich nichts nachsagen lassen möchte, lehnt ab.
Klar ist freilich auch, dass Gemeinderat Markus Weigel nicht nur derjenige ist, der einer Bürgeranfrage nachgeht, sondern auch der Gegenkandidat von Volker Schmiechen bei der Bürgermeisterwahl 2014 war - und vielleicht hofft, es beim nächsten Mal wieder zu sein. Dass er seine Mail, mit der er die Medien über den Sachverhalt in Kenntnis setzt, in der Woche vor der örtlichen Kirchweih und einen Monat nach der Erklärung Schmiechens in nichtöffentlicher Gemeinderatssitzung versendet, mag ebenso Zufall sein wie die Tatsache, dass er sich Mitte Juli zum Privatanwesen des Bürgermeisters begeben hat - er wollte sich für sein Fernbleiben in der Sitzung am Abend bei Schmiechen persönlich entschuldigen - um aber bei der Gelegenheit einen Bauhof-Mitarbeiter in der Baugrube des
Schwimmbeckens stehen zu sehen. Kein Zufall ist aber der Verteiler seiner Mail, der mit "Süddeutscher Zeitung", Bayerischem Rundfunk und Sat1 auf eine große Öffentlichkeit angelegt ist.
Teile seiner eigenen Gruppierung, der WGU, haben sich sein Vorgehen jedenfalls nicht zu Eigen gemacht - das Vorstandsgremium hatte erklärt, die Mail-Korrespondenz mit den Medien sei eine private Aktion Weigels. Einigkeit sieht anders aus - strategisches Vorgehen ebenfalls.
Bürgermeister Schmiechen hat bisher geschwiegen, weil die Ermittlungen des Landratsamts gelaufen sind. Jetzt jedoch muss er sich - wie zugesagt - erklären. Und zwar öffentlich. Nicht nur um der eigenen Reputation willen, sondern auch, um in seiner Gemeinde wieder Ruhe einkehren zu lassen.
Sie schreiben u. a.:
„Teile seiner eigenen Gruppierung, der WGU, haben sich sein Vorgehen jedenfalls nicht zu Eigen gemacht - das Vorstandsgremium hatte erklärt, die Mail-Korrespondenz mit den Medien sei eine private Aktion Weigels.“
In der Tat wurde Markus Weigel aktiv, nachdem er aus Teilen der Bürgerschaft auf den umstrittenen Bauhofeinsatz beim Bau des Bürgermeister Swimmingpool angesprochen und als Gemeinderat um dessen Klärung gebeten wurde.
Hierauf wurde er zwar nicht als WGU-Funktionsträger, so aber doch als unabhängiger und nur seinem Gewissen verpflichteter Gemeinderat aktiv.
Die Behauptung, „Teile seiner eigenen Gruppierung, der WGU“ hätten sich gleichsam von Herrn Weigel distanziert, ist in keiner Weise belegt; am allerwenigsten das „Vorstandsgremium“: Einzig und allein dessen 1. Vorsitzender Philipp Simon Goletz hat am Dienstag, den 22. September, in nachmitternächtlicher Stunde, um 1.02 um Uhr seine Quasi-Distanzierung auf Facebook gepostet.
Die aktuelle Kerwa macht’s möglich: In etlichen Gesprächen haben mir zahlreiche WGU-Mitglieder und –Sympathisanten sowie ebenso auch parteipolitisch nicht Organisierte hier vor Ort bekundet, dass sie voll und ganz hinter Markus Weigel stehen. Demnach hatte der genannte 1. WGU-Vorsitzende seine individuelle Distanzierung weder mit den anderen Angehörigen des WGU-Vorstands (- der ja aus insgesamt 12 Personen einschließlich Beiräten nd Ersatzleuten besteht -), geschweige denn mit ’normalen’ WGU-Mitgliedern in irgendeiner Weise demokratisch abgestimmt. Hier gilt: „Einigkeit sieht anders aus.“
Seitdem hüllt sich Herr Goletz seinerseits in Schweigen und beantwortet thema-bezogene E-Mails auch nicht.
Ich selbst halte Herrn Gemeinderat Markus Weigel für einer der wenigen Politiker, die nicht nur in Wahlkampfzeiten groß-spurige Parolen im Mund führen, sondern ihre Ziele, wie z. B. Transparenz, Ehrlichkeit und Bürgernähe, auch im harten kommunal-politischen Alltag im Sinn behalten und praktizieren!
Bernhard Herrmann