Ofeliya ist wieder in Kulmbach!

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Da war für Ofeliya Guliyeva die Welt noch in Ordnung: Bei einem Klavier-Wettbewerb des Caspar-Vischer-Gymnasiums im Februar 2017 gewann die Schülerin den zweiten Preis. Die damals 13-Jährige galt als Ausnahmetalent mit großer musikalischer Zukunft. Doch dann wurde sie zusammen mit ihrer Mutter Naile im November nach Aserbaidschan abgeschoben. Nun ist sie wieder da - wenn auch allein.Archiv/Uschi Prawitz
Da war für Ofeliya Guliyeva die Welt noch in Ordnung: Bei einem Klavier-Wettbewerb des Caspar-Vischer-Gymnasiums im Februar 2017 gewann die Schülerin den zweiten Preis. Die damals 13-Jährige galt als Ausnahmetalent mit großer musikalischer Zukunft. Doch dann wurde sie zusammen mit ihrer Mutter Naile im November nach Aserbaidschan abgeschoben. Nun ist sie wieder da - wenn auch allein.Archiv/Uschi Prawitz

Die Nachricht lässt aufhorchen: Ofeliya ist wieder da! Das Mädchen war vor neun Monaten mit seiner Mutter nach Aserbaidschan abgeschoben worden.

Wie hört sich ein Lauffeuer an? Etwa so: "Haste schon gehört, die Ofeliya ist wieder da!" Erst war es ein Gerücht, das sich zu einer Vermutung konkretisierte. Schließlich stand die 14-Jährige in dieser Woche leibhaftig vor ihren ehemaligen Mitschülern am Caspar-Vischer-Gymnasium. Infranken.de hätte gerne Näheres zu den Umständen der unverhofften Entwicklung erfahren. Doch sowohl die CVG-Schulleitung als auch die zuständige Abteilung im Landratsamt wollten sich dazu nicht äußern, unter anderem mit Verweis auf juristische Fragen, die es zu klären gelte.

Ofeliya trat die Rückreise nach Kulmbach aber offenbar allein an, also auch ohne ihre Mutter Naile, mit der sie zusammen im November vergangenen Jahres nach Aserbaidschan abgeschoben worden war (siehe Infobox). Eine Pflegefamilie im Kreis hat sich nach unseren Informationen der 14-Jährigen angenommen. Seitens der Pflegeeltern hieß es, man bitte um Verständnis dafür, dass sich weder sie noch Ofeliya zur aktuellen Situation äußern möchten.

Zurück bei den "Zamirsternchen"

"Es ist verständlich, dass sie nach dieser Zeit Ruhe braucht. Aber es ist umso mehr ein großes Glück, dass sie wieder da ist!" Auch Barbara Baier ist die Freude über die Rückkehr des Mädchens sichtlich anzumerken. Die Leiterin des Bayreuther Zamirchores und dessen Jugendgruppe "Zamirsternchen", bei der Ofelyia früher mitsang, hatte sich zusammen mit anderen Mitstreitern vehement für die abgeschobene Familie eingesetzt und sogar eine Unterschriftenaktion für eine Online-Petition gestartet.

Viele hätten zusammengeholfen, sagt Barbara Baier, unter anderem sei es dabei um die Übernahme von Anwaltskosten gegangen. "Rückblickend war es gut und richtig, dass wir auf die Pauke gehauen haben - es hat sich dadurch etwas bewegt."

Ein Umstand trübt die Freude allerdings: "Es ist für Ofeliya nicht gerade einfach, von ihrer Mutter und ihrem Bruder getrennt zu sein. Den beiden geht es nicht wirklich gut dort, wo sie leben müssen. Aber Ofeliya hat nun die Möglichkeit, in Kulmbach wieder Fuß zu fassen und das zu tun, wofür sie ein Riesentalent hat: die Musik." Bei den "Zamirsternchen" werde sie ebenso wieder mitmachen wie bei "Jugend musiziert".

Flüchtlingsrat lobt Helfer

Beim bayerischen Flüchtlingsrat, genauer gesagt im Büro für Nordbayern in Nürnberg, wusste man gestern noch nichts von der Rückkehr Ofeliyas. Der zuständige Mitarbeiter hatte unter anderem den Kontakt zu einem auf Asylrecht spezialisierten Anwalt hergestellt. Es habe sich schwierig gestaltet, die gesamte Familie Guliyeva nach Deutschland zurückzuholen, hieß es auf BR-Nachfrage. Man begrüße die Rückkehr ausdrücklich - dies sei nicht zuletzt auch dem tollen Engagement der freiwilligen Helfer aus Kulmbach und Bayreuth zu verdanken.

Zu den genauen Umständen und auch den Bleibeoptionen für die 14-Jährige könne man zum jetzigen Zeitpunkt keine Angaben machen. Das Mädchen habe aber wohl die Möglichkeit, ein Visum zu beantragen.

Ein Grund für die Wendung im Fall Ofeliya könnte sein, dass Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebung bestanden oder noch nicht ausgeschöpfte Rechtsmittel anhängig waren. In Einzelfällen würden auch die besondere persönliche Situation des Betroffenen berücksichtigt, etwa wenn jemand mitten in der Schulausbildung/im Studium ist oder als besonders integriert und vernetzt gilt. Abgeschobene unterlägen für gewöhnlich einer Einreisesperre, deren Dauer zwischen einem Jahr und zehn Jahren variieren kann.

Einen vergleichbaren Fall gibt es im Landkreis Coburg: In der Gemeinde Weidhausen wurde ein Fünfjähriger zusammen mit seinen Eltern und den beiden Geschwistern abgeschoben. Die Kommune setzt sich ein für die Familie, die ein Jahr dort lebte - bislang aber vergebens.

Rückblick: Neun Monate zwischen Hoffen und Bangen

Die Abschiebung Es ist Dienstag, 21. November, 3 Uhr nachts, als Polizeibeamte die damals 13-jährige Ofeliya und ihre Mutter Naile in deren Kulmbacher Wohnung aufsuchen, aus dem Bett holen und zum Flughafen bringen. Dort setzen sie die beiden in ein Flugzeug, dass sie nach Aserbaidschan bringt, die ursprüngliche Heimat der Familie Guliyeva. Dort kommen sie zunächst beim Großvater, der in ärmlichen Verhältnissen lebt, unter. Die Familie Ofeliyas Vater, von dem die Mutter getrennt lebt, sowie der gemeinsame siebenjährige Sohn, der herzkrank ist, bleiben zunächst da, reisen später aber freiwillig aus. Die Familie hat bis dahin rund acht Jahre in Kulmbach gelebt und gilt als bestens integriert. Ofeliya ist nicht nur als eine gute Schülerin am Caspar-Vischer-Gymnasium, sondern als besonderes musikalisches Talent aufgefallen. Sie gewinnt für ihr außergewöhnliches Klavierspiel unter anderem den rennomierten Ruckdeschel-Preis.

Der Protest Das Vorgehen der Behörden ruft große Proteste bei Freunden und Mitschülern hervor. Der bayerische Flüchtlingsrat kritisiert die "Nacht-und-Nebel-Aktion" und die Rückführung nach Aserbaidschan. Ein breites Bündnis, darunter Kommunalpolitiker und auch Vertreter der Lehrergewerkschaft GEW, setzt sich für eine schnelle Rückkehr der damals 13-Jährigen nach Kulmbach ein. Die Rechtfertigung Die Regierung von Oberfranken verteidigte die Aktion. Die Ausreisepflicht der Familie sei längst abgelaufen. Die getrennt lebenden Eltern hätten die Behörden zudem jahrelang über ihre wahre Identität getäuscht. In der Regel würde es die Regierung vermeiden, Familienmitglieder bei der Abschiebung zu trennen. Dies sei in diesem Fall aber nicht möglich gewesen.