Oberfranken bei "Herkulesaufgabe Asyl" nicht überfordern

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Hohe Ministerdichte auf dem Podium in der Stammberger-Halle: Ludwig Spaenle (Bildung), Markus Söder (Finanzen), Ilse Aigner (Wirtschaft, von links) im Gespräch mit Staatssekretär Gerhard Eck (rechts). Foto: Ronald Rinklef
Hohe Ministerdichte auf dem Podium in der Stammberger-Halle: Ludwig Spaenle (Bildung), Markus Söder (Finanzen), Ilse Aigner (Wirtschaft, von links) im Gespräch mit Staatssekretär Gerhard Eck (rechts). Foto: Ronald Rinklef
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Hohe Ministerdichte in Kulmbach: Ilse Aigner (Wirtschaft), Markus Söder (Finanzen) und Ludwig Spaenle (Bildung) stellten die aktuellen Entwicklungen im Zuge der Nordbayern-Initiative vor. Diese startete vor Jahresfrist und ist ausgestattet mit 600 Millionen Euro für 56 Projekte. Dabei nahm auch das Flüchtlingsthema breiten Raum ein.

"Es geht hier, wohlgemerkt, nicht gerade um Brotkrumen." Finanzminister Markus Söder ließ den Satz für einen Moment wirken in der Kulmbacher Stadthalle. 600 Millionen Euro schwer ist die Nordbayern-Initiative der bayerischen Staatsregierung, 56 Projekte umfasst die Liste: vom Gründerzentrum in Nürnberg-Fürth über den Ausbau der Technologie-Allianz Oberfranken (TAO) mit der Vernetzung der Universitäten Bayreuth und Bamberg sowie der Fachhochschulen Coburg und Hof mit Unternehmen der Region bis hin zum Sanierungsposten Thurnauer Schloss.
Beim Bilanzgespräch gestern in der Stadthalle, zu dem die Staatsregierung sowie die Industrie- und Handelskammern Coburg, Oberfranken und Regensburg und die Handwerkskammern Niederbayern-Oberpfalz und Oberfranken eingeladen hatten, war die Ministerdichte hoch: Neben Söder standen Wirtschaftsministerin Ilse Aigner und Bildungsminister Ludwig Spaenle auf dem Podium Rede und Antwort.
Im August 2014 hatte die Staatsregierung angekündigt, den nordbayerischen Raum bis zum Jahr 2018 zu fördern. Die Nordbayern-Initiative soll die Wirtschaft, aber auch Wissenschaft und Forschung zum Dialog anregen, beispielsweise mit einem Technologienetzwerk in den drei fränkischen Regierungsbezirken sowie der nördlichen Oberpfalz.


"Digitalisierung 4.0"

Aigner sprach in dieser Angelegenheit von der "Digitalisierung 4.0", ohne die auch ein stark industriell geprägter Standort wie Oberfranken sich nicht werde am globalen Markt behaupten können. "Digitalisierung ist ein Megathema." Dazu gehöre zunächst die Schaffung der Infrastruktur (Stichwort Breitbandausbau), doch das genüge nicht, so die Ministerin: "Mancher ist sich der Tragweite heute noch nicht recht bewusst, aber der zweite Schritt muss sein, die Digitalisierung in die Unternehmen hinein zu tragen. Das generiert neue Geschäftsfelder mit neuen Produkten."
Markus Söder sprach dabei von der "leisen Revolution". Und: "Die optimale Anbindung an die Datenautobahn darf kein Privileg der Ballungszentren sein." Der Norden des Freistaats müsse genauso angebunden werden, denn auch hier sind die Betriebe auf modernste Kommunikationswege angewiesen. "Ich sage klar: Wer heute nicht digitalisiert, der ist morgen nicht dabei." Deswegen müsse die Region Nordbayern durch die entsprechenden politischen Rahmenbedingungen in die Lage versetzt werden, "sich aus sich selbst heraus zu entwickeln. Reine Zuschusseritis aus München löst die Probleme nicht."


Flüchtlinge: Mehr Vernunft gefragt

Probleme - dazu zählt derzeit die hohe Zahl an Flüchtlingen in Bayern. Söder und Aigner zogen es vor, von Herausforderung und "Herkulesaufgabe" zu sprechen. Die Politik dürfe bei aller Hilfsbereitschaft für Notleidende nicht die vergessen, die als Bürger dieses Landes mit ihrer Arbeit zur gedeihlichen Entwicklung beitragen, so Aigner. Applaus von den Zuschauern. Beifall bekam auch Söder, der forderte: "Wir brauchen mehr Realismus und Vernunft und weniger schrille Töne und Gutmenschentum." Es sei bemerkenswert, dass für die Haushalte der Ministerinnen Melanie Huml (Gesundheit) und Ulrike Scharf (Umwelt) weniger Geld zur Verfügung steht als für die Betreuung der Asylbewerber. Kein Verständnis zeigte der Finanzminister für die Forderung, wegen des Flüchtlingsansturms neue Schulden aufzunehmen.
Während sich die Politikerriege eher allgemein des Themas annahm, verdeutlichte Michael Otte aus Kasendorf die Schwierigkeiten an einem praktischen Beispiel: Der Geschäftsführer der Firma Richter Steuerungstechnik berichtete von seinen Erfahrungen mit einem syrischen Ingenieur ("kein Asylbewerber"), den er, Otte, in seinem Unternehmen angelernt habe. "Ich habe die dringende Bitte an die Politik, die entsprechenden Strukturen zu schaffen, um konkret bei der Integration dieser durchaus gut vorgebildeten Menschen zu helfen." Gerhard Eck, Staatssekretär im Innenministerium, bot die Dienste der Ausländerbehörden an. "Das ist eine wirklich fantastische Mannschaft, die eine entsprechende Begleitung solcher Menschen bewerkstelligen kann."
Wünsche äußerten auch die Vertreter von IHK und Handwerkskammern. Thomas Zimmer, Präsident der HWK für Oberfranken (Bayreuth), brachte die berufliche Bildung als wichtigen Standortfaktor ins Spiel. Die Politik lege seiner Ansicht nach jedoch das Augenmerk zu sehr auf die akademische Bildung. In Zeiten von Facharbeitermangel, der gerade im Handwerk spürbar werde, sei dies ein zu einseitiger Ansatz.
Auf das gemeinsame Positionspapier mit der HWK verwies Heribert Trunk von der IHK für Oberfranken Bayreuth. Was das Ringen um Finanzmittel anlangt, so sei er sich bisweilen vorgekommen "wie im Raubtierkäfig, wo jeder den größten Fleischbrocken will". Die Nordbayern-Initiative sei ein Schritt in die richtige Richtung. Er erinnerte an die rasante Entwicklung, die Oberfranken genommen habe und die sich unter anderem festmache lasse an der Zunahme sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze um zehn Prozent. "Insofern müssen wir nicht in München buckeln, sondern können erhobenen Haupts unser Recht einfordern."