Als Nachtwächter führt Erich Olbrich durch die Stadt und erzählt dabei von längst vergangenen Zeiten, von der Schwarzen Frau und vom "graua Männla".
Gefährlich sieht so ein Nachtwächter aus: Auf dem schwarzen Zottelhaar sitzt ein schwarzer Hut, die Krempe so breit, dass die Augen kaum zu sehen sind. Einen gewaltigen Umhang hat der Nachtwächter an und eine gefährliche, lange Hellebarde in der Hand. Da kann einem schon einmal Angst und bang werden. Die fünfjährige Lara jedenfalls war beeindruckt.So sehr, dass sie sich vorsichtshalber einmal hinter dem Rücken von Opa Jürgen versteckte. Bis sie dann Zutrauen fasste zu dem Nachtwächter - und sich als eifrige Gehilfin entpuppte.
Lara war die jüngste Teilnehmerin an der Nachtwächterführung, in deren Verlauf Erich Olbrich am Freitag mit interessierten Besuchern durch das nächtliche Kulmbach streifte. Die meisten von ihnen waren auf Einladung der Bayerischen Rundschau dabei, die Freikarten verlost hatte.
Wer sich Erich Olbrich, einem ausgewiesenen Kenner der Stadtgeschichte, auf einem seiner Streifzüge anschließt, erfährt dabei nicht nur viel über die Geschichte der Stadt und das Leben ihrer Bewohner in einer Zeit, die keineswegs immer eine "gute, alte" war. Er lernt auch Kulmbacher Sagen kennen - und bekommt so ganz nebenbei auch noch eine Lehrstunde in Sachen Dialekt.
Am Weisen Turm hören die Gäste die Geschichte vom "graua Männla", das einer armen Familie auf wundersame Weise ein reiches Weihnachtsfest beschert. "A Eckela weiter", beim Langheimer Amtshof, geht es um die historische Fehde der protestantischen Kulmbacher mit den "Katholischen", die aller Widerstände zum Trotz hier ein prachtvolles Klostergebäude errichtet haben. Olbrich erzählt vom Leben der Markgrafen oben auf der Burg, vom Handwerk der Bürger unten in der Stadt und von der Mühsal des Bierbrauens in vergangenen Zeiten.
Im alten Bierkeller nahe der Petrikirche, in dem die "Schwarze Frau" noch immer nach ihrem Liebsten suchen soll, erwartet die Gäste ein ganz und gar irdischer Genuss: Bei Glühwein und Kerzenlicht können sie sich an diesem frostigen Abend ein wenig aufwärmen.
Durch den Oberhacken führt die letzte Etappe der Führung. Wenn Olbrich dort vom Henker und dem Zähnereißen beim Bader erzählt, schaudert es manchen.
Lediglich Lara bleibt gut gelaunt. Sie trägt emsig die Laterne vorneweg und findet den Nachtwächter jetzt ganz, ganz toll. Trotz Zottelhaar, Hut und Hellebarde.