Mit Promille vom Rad gefallen: ein schmerzhafter Vatertag

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Wer Fahrrad fährt und dabei zu viel Alkohol trinkt, läuft Gefahr, den Autoführerschein zu verlieren. Symbolbild: Katrin Geyer
Wer Fahrrad fährt und dabei zu viel Alkohol trinkt, läuft Gefahr, den Autoführerschein zu verlieren.  Symbolbild: Katrin Geyer

Für viele Männer gehört ein bierseliger Ausflug an Himmelfahrt zum Pflichtprogramm. Ein 38-jähriger Kulmbacher hat den Freizeitspaß 2018 schmerzhaft zu spüren bekommen - weil er mit über zwei Promille im Blut vom Fahrrad gestürzt ist.

Sven Müller (Name geändert) ist ein geselliger Typ. Dass er mit seinen Kumpels am Vatertag unterwegs ist und sich als Genuss-Mensch da auch das eine oder andere Bier gönnt - bis dato war das eine Selbstverständlichkeit. In diesem Jahr sieht das anders aus. Der 38-Jährige hat den Freunden abgesagt. Er unternimmt einen Familienausflug - und wird auf Alkohol ganz verzichten.

"Was im Vorjahr passiert ist, hat mein Leben verändert", sagt der Kulmbacher, der sich mit Schaudern an den 10. Mai 2018 erinnert. Es war wie heute Himmelfahrt. Der Vatertag, der auch für Sven Müller schön begonnen hatte. In Ziegelhütten hat er sich um 10 Uhr mit Bekannten getroffen. "Ich bin die viereinhalb Kilometer mit dem Rad zum Treffpunkt bei einem Kumpel gefahren." Das Mountain-Bike hat er in der Garage des Freundes abgestellt, mit einem Zahlenschloss gesichert. "Ich hatte nicht vor, mich noch einmal auf den Sattel zu setzen."

Nach Sturz bewusstlos

Nach dem bierseligen Ausflug kam alles anders als geplant. Er und ein Freund haben gegen 20.30 Uhr doch noch einmal in die Pedale getreten. Warum? "Weil die Frau, die uns mit dem Auto nach Hause fahren sollte, schon geschlafen hat." Klar denken habe er nicht mehr können, sagt der 38-Jährige. Kein Wunder, hatte er doch nach dem ganztägigen Ausflug acht Bier und einige alkoholische Mixgetränke intus. Das hatte fatale Folgen. Nach 200 Metern auf dem Rad touchierte der Kulmbacher mit dem Vorderrad den Randstein, stürzte auf den Gehweg und blieb bewusstlos liegen. Der Freund verständigte den Notarzt, in dessen Schlepptau die Polizei zur Unfallstelle kam.

2000 Euro Geldstrafe

Sven Müller kam mit einer Schädelprellung, Abschürfungen, einer Schulter-Prellung und einer Alkoholvergiftung ins Klinikum. Er hatte großen Schmerzen - die Folgen seiner Trunkenheitsfahrt konnte er im Krankenbett aber noch nicht abschätzen. Erst vier Wochen später, als er einen Anruf der Polizei erhielt, wurde ihm das ganze Ausmaß bewusst. Die gerichtsverwertbare Blutentnahme hatte einen Wert von 2,15 Promille ergeben - das juristische Nachspiel begann. Im Juli 2018 wurde ihm ein Strafbefehl zugestellt. Der 38-Jährige musste 2000 Euro Geldstrafe zahlen. Was ihm noch mehr zusetzte: Das Kulmbacher Landratsamt hat als Führerscheinstelle eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) angeordnet, im Volksmund oft "Idiotentest" genannt. Damit hatte er nicht gerechnet.

Das sagt die Führerscheinstelle

Die MPU muss die Führerscheinstelle verpflichtend anordnen, wenn Radfahrer mit über 1,6 Promille Alkohol im Blut ertappt werden, sagt deren Leiter Manfred Amschler. Mit zehn Fällen solch stark alkoholisierter Radfahrer habe es die Behörde durchschnittlich im Jahr zu tun. Fällt das MPU-Gutachten negativ aus, muss der Alkoholsünder Amschler zufolge den Führerschein abgeben. Doch nicht nur das. "Die meisten dürfen während der Zeit des Entzugs dann auch kein Fahrrad oder Mofa mehr fahren."

Sven Müller durfte weiter Fahrrad fahren - seinen Führerschein musste aber auch er abgeben, nachdem ihm im November bei der MPU die Fahruntauglichkeit bescheinigt worden war. Dabei hatte er sich auf die Untersuchung gut vorbereitet, aus eigener Initiative eine Verkehrspsychologin aufgesucht, Haarproben und Urintests abgegeben, an einem Abstinenzprogramm teilgenommen. "Ich habe nichts mehr gegessen und getrunken, wo auch nur irgendwo Spuren von Alkohol hätten drin sein können."

Willkür?

Selbst von wissenschaftlicher Seite wird die Begutachtungspraxis bei der MPU teils sehr kritisch gesehen. Kritisch sieht sie auch Sven Müller, von Willkür mag er aber nicht sprechen. Es gebe schon nachvollziehbare Kriterien, doch spiele die subjektive Einschätzung des Gutachters eine sehr große Rolle.

"Ich hatte noch Glück"

Bei der ersten MPU war bei ihm die Abstinenzzeit mit fünf Monaten noch zu kurz. Erst bei der zweiten Untersuchung im April hat der 38-Jährige die Gutachterin überzeugt, konnte in der Folge seine Fahrerlaubnis neu beantragen. "Nach fünf Monaten ohne Schein darf ich jetzt wieder fahren", sagt der 38-Jährige, der eine Zeit hinter sich hat, die für ihn eine große psychische Belastung war. "Dabei hatte ich ja noch Glück, dass mich mein familiäres Umfeld unterstützt hat und ich einen verständnisvollen Arbeitgeber habe. Es gibt sicher viele, die da in eine Existenzkrise stürzen."

Viel Geld gekostet

Zu der ist es bei ihm nicht gekommen. Himmelfahrt 2018 war dennoch ein Unglückstag, den er auch finanziell zu spüren bekommen hat. "Mich hat die Trunkenheitsfahrt 5143 Euro gekostet", sagt Müller, der sich mit seiner Geschichte an die Zeitung gewandt hat, um deutlich zu machen, dass einem maßloses Trinken auch dann teuer zu stehen kommen kann, wenn man sich "nur" mit dem Fahrrad auf den Heimweg macht.