Eine Woche lang entwickeln 80 Kinder und Jugendliche in Kulmbach eine kleine Stadt: Mini-Ku. Und die jungen Leute haben an wirklich alles gedacht - an Radio und Zeitung, Bauarbeiter, eine Bank, ja sogar an eine eigene Währung und an Wahlen.
In der Kulmbacher Strehly-Straße entsteht eine neue Stadt: Mini-Ku. 80 Kinder zwischen zehn und 16 Jahren und 20 Betreuer des Awo-Jugendwerkes lassen sie wachsen und gedeihen. Nicht nur in ihrer Fantasie, sondern auch mit vielen Hilfsmitteln. Die Währung ist der Kuro.
Jeder Einwohner muss sich sein Geld selbst verdienen. Die Jugendlichen haben sich schon vorher entschieden, welchen Beruf sie gerne machen möchten. Es gibt Ärzte, die Gesundheitschecks durchführen, wie im echten Leben. Ärzte verdienen zehn Kuro am Tag, genau so viel wie Polizisten, Postangestellte oder Zeitungsredakteure. Die Bestverdiener sind die Banker - mit 13 Kuro am Tag.
Preis ist Verhandlungssache Aber es gibt auch andere Berufe, die nicht so üppig entlohnt sind: Maler und Designer bekommen nur sieben Euro, aber dafür dürfen sie ihre Werke verkaufen.
Der Preis? Verhandlungssache!
Natürlich existiert auch eine Verwaltung mit Bürgerbüro. Sogar an ein Arbeitsamt haben die Kids gedacht.Melissa Freimann (13) und Nils Kratzel (16) arbeiten bei der Post. Die beiden stempeln Briefe, übermitteln Nachrichten. "Ich bin noch beim Radio als Nebenjob, die Post ist ein Ausgleich dazu", sagt Nils Kratzel. "Man darf die Nachrichten, die man überbringt, natürlich nicht lesen"; sagt Melissa Freimann. Denn das Postgeheimnis wird auch in Mini-Ku geachtet.
Derzeit haben die Postler eine wahre Flut zu bewältigen. Der Grund: Die Bürger von Mini-Ku haben beschlossen, dass sie einen Bürgermeister wählen wollen - und die Wahlunterlagen werden natürlich per Post verschickt.
Fünf Kandidaten haben sich zur Wahl gestellt, verrät Organisatorin Pia Hempfling.
Doch so schnell wird wohl die Wahl nicht fallen, schätzt Alicia Herold (18), ihres Zeichens Chefredakteurin des Mini-Ku-Kuriers die Lage ein. Elena Brand (9) hilft ihr dabei. "Wann soll die Zeitung eigentlich erscheinen?"; sind die Mädels ein bisschen hektisch. Aktualität drängt - fast wie im richtigen Leben.
Die Jungs dagegen verbringen den meisten Teil ihrer Zeit draußen. Pascal Kober, Felix Falk und Theo Bruhn schleppen Hausteile und lassen auf der grünen Wiese neue Häuser entstehen. "Ich bin kein Bauarbeiter, ich liefere nur aus", stellt Theo Bruhn klar - schon ist er mit seinem Kettcar samt Anhänger wieder weg. Pascal Kober und Felix Falk haben jetzt um so mehr zu tun. Sie schleppen die Hauselemente, setzen sie zusammen. "Mein Papa ist Flaschner, ich wollte mal schauen, wie es ist, den ganzen Tag so schwer zu arbeiten", erklärt Felix.
Aber die Schlepperei und die anderen körperlichen Strapazen machen ihm nichts aus.
"Ich schraube gerne Sachen zusammen. Das mache ich zu Hause auch gerne", sagt er.
Unterdessen sitzt Sofia Eleftheranis (13) in aller Gemütsruhe in einem schattigen Häuschen. Sie wartet auf Patienten, denn sie ist Ärztin. Wenn keiner kommt, wird ihr ein Kuro pro Tag abgezogen.
Kreativer Job Einen wirklich kreativen Job haben Rebecca Dörnhöfer (10) und Angelika Ruf (11). Die beiden Mädchen sind Designerinnen. Rebecca hat sich extra ein selbstgenähtes Kleid angezogen, kunterbunt und fröhlich. "Ich nähe gerne und nutzte die Chance, um meine Angst vor Nähmaschinen zu überwinden", sagt sie. Derweil lässt Angelika die Nähmaschine rattern und fertigt eine Handytasche.
Sogar an einen Beauty-Salon haben die Kids gedacht.
"Also ich würde dieses schöne leuchtende Türkis empfehlen", berät Beautyexpertin Conni Jaschke (12) fachgerecht ihre Kundin Anastasia Bergmann (11).
Auch für das Essenkochen sind sie selbst zuständig. Eine Phantasiestadt, in der die Kids eine Woche lang täglich von 9 bis 16 Uhr im Awo-Förderzentrum werkeln, funktioniert nur, wenn es Regeln gibt. So darf kein Bürger mehr als 30 Kuro bei sich tragen. Es gibt eine Bank, die Verzinsung erfolgt jeden Tag um 15 Uhr - zu einem Zinssatz von zehn Prozent, ein Wert, von dem echte Kulmbacher nur träumen.