Frauen und Kinder zuerst!" Wer in seinem Leben eine hinreichend große Zahl drittklassiger Katastrophen-Filme angeschaut hat, weiß, dass dieser Satz ein bewährtes Mittel ist, um Menschenmengen wenigstens halbwegs zu sortieren. Zum Beispiel bei Schiffsuntergängen.
Nun betrete ich (aus Gründen, die hier nichts zur Sache tun) Schiffe eher selten. Jener Sortiervorgang, bei dem ich als Frau doch gewisse Vorzüge hätte, betrifft mich also nicht. Leider sind die meisten anderen Ordnungsprinzipien eher zu meinem Nachteil.
Wenn vor dem Völkerball-Spielen in der Schule die Mannschaften gewählt wurden, kamen immer die durchtrainierten, schnellen Sportlerinnen mit dem harten Wurf zuerst an die Reihe. Und erst dann wir eher langsamen Brillenträger, die sich vor jedem Ball duckten. Beim Arzt kommen Privatpatienten vor mir dran, am Behördenschalter Schwangere und Gebrechliche.
Sogar bei einer Essenseinladung vor wenigen Tagen wurde ich sortiert. "Vegetarier zuerst ans Buffett" hieß es - um sicher zu gehen, dass sich keine Fleisch-Esser, für die reichlich Gulasch bereit stand, an den höchst appetitlichen, aber nur in geringer Menge vorhandenen Gemüsenudeln vergriffen.
Wieder einmal stellte ich mich brav hinten an.
Aber ich kann warten! Bis ich endlich mal als Erste an der Reihe bin: An dem Tag, an dem im voll besetzten Bus ein Halbwüchsiger nach einem Blick auf mich seinem Kumpel den Ellenbogen in die Rippen rammt und sagt: "Ey Alter, steh mal auf, lass mal die Oma hinsetzen!"