Ein zusätzliches Einkommen verschafft sich Greim mittels der Biogasanlage und über den selbst erzeugten Strom, den er verkaufen kann. Das funktioniert auch mit den Photovoltaikmodulen auf den Dächern. Von Freilandanlagen hält Viehhalter Greim nichts. "Das frisst unnötig Flächen, die wir brauchen."
Doch das nächste Damoklesschwert baumele bereits über der Branche: die Düngeverordnung soll aufgrund zu hoher Nitratwerte im Grundwasser novelliert werden. Hintergrund ist eine Klage des europäischen Gerichtshofs gegen die Bundesrepublik Deutschland, die bei weiterer Missachtung mit Strafzahlungen von 850000 Euro pro Tag belangt werden soll. Greim, der aufgrund der Lage seines Hofes unmittelbar zu einem Wasserschutzgebiet ohnehin nur auf begrenzten Flächen Gülle ausbringen darf, versteht die Welt nicht mehr. "Mal abgesehen davon, dass wir technisch für teures Geld umrüsten müssen, komme ich vor allem mit den Zeitvorschriften nicht klar. Die sind realitätsfern und sorgen dafür, dass ich als Bauer wider besseres Wissen handeln muss."
Als kritisch bewertet Greim auch die verpflichtende Reduzierung der Düngung um 20 Prozent unter dem Bedarf der Pflanzen in sensiblen Gebieten und ein Verbot der Herbstdüngung. "Ich könnte selbst bei leichtem Schneefall im Frühjahr noch Gülle ausbringen - und die Pflanzen würden sie bereits verwerten können."
Übers Ziel hinausgeschossen
Unterstützung für diese Haltung bekommt der Biobauer von Dieter Heberlein, Geschäftsführer des Bildungswerks des Bayerischen Bauernverbands. "Was die neue Düngeverordnung und die geplanten Verschärfungen als Reaktion darauf angehen: Da schießt die deutsche und bayerische Politik über das Ziel hinaus." Die EU könne in vieler Hinsicht nur die Rahmengesetzgebung vorgeben, alles andere seien nationale Gesetze und Verordnungen. "Die belasten uns aber mehr", sagt Heberlein. Dennoch müsse der Bauernstand durchaus Selbstkritik bei der Nitratbelastung im Grundwasser üben. "In Oberfranken haben wir zwar wenig Probleme mit Grenzwertüberschreitungen, dennoch müssen wir da gegensteuern." Allerdings mit praktikablen Lösungen.
Was die Zahlungen an die Landwirte über die erste Säule der GAP angeht, so rät Heberlein, diese nicht anzutasten. "Wenn das Geld bei unseren aktiven Betrieben ankommen soll, die Nahrungsmittel erzeugen, muss es in dieser ersten Säule bleiben. Wir fordern von den Parteien im europäischen Parlament zudem ein, dass auch der Umfang in dieser ersten Säule im bestehenden Maß erhalten bleibt." Für die Bauern in Oberfranken, die insgesamt 297 000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche (95000 Hektar Grünland und 202000 Hektar Ackerland) bestellten, flossen 2018 rund 79 Millionen Euro an Ausgleichszahlungen. Kleinere Betriebe erhalten für die ersten 30 Hektar eine Umverteilungsprämie von 50 Euro je Hektar.
Jede Änderung dieses Systems bewirke, so Heberlein, nur noch mehr Bürokratie für die Bauern, "und wir wollen ja gerade weg von diesem Verwaltungswust." Die Bauern seien auf die Ausgleichszahlungen aus Brüssel angewiesen. "Die Landwirte in unserem Land produzieren unter relativ teuren Rahmenbedingungen, auch aufgrund der vielen Auflagen. Da muss wieder ein Stück weit Wettbewerbsfähigkeit hergestellt werden."
Für den Verbraucher sei es wichtig, so der BBV-Vertreter, dass er preiswerte Lebensmittel kaufen könne und sich die Preise für Fleisch, Brot & Co. im Rahmen halten. "Damit das aber so bleibt, muss der Landwirt für seine Waren einen fairen Preis bekommen." Das klassische Modell von Angebot und Nachfrage, die entsprechend den Preis regeln, funktioniere auf dem Sektor Landwirtschaft so nicht, "weil wir eben keinen abgeschotteten Markt haben, sondern einen Weltmarkt. Der bietet zwar zahlreiche Absatzchancen, aber man muss bedenken, dass hierbei Länder konkurrieren, die unter anderem mit niedrigeren Löhnen oder geringeren Auflagen Vorteile haben."
Spielball im Handelskrieg
Zu einem gewissen Grad habe es der Konsument selber in der Hand, der heimischen Landwirtschaft unter die Arme zu greifen, sagt Heberlein. "Es gibt sehr gute Regionalanbieter." Die großen Lebensmittelkonzerne hingegen fragten nicht, wie das Produkt XY erzeugt wird, sondern sie fragten lediglich danach: Wo kann ich dieses Produkt am günstigsten einkaufen? Unter diesem Handelskrieg leidet immer der Landwirt als Produzent, der zum Spielball verkomme. Der Verbraucher lege zu wenig Wert darauf, dass seine Lebensmittel aus der Region kommen. "Die Bereitschaft ist zu gering, für gute regionale Produkte auch mehr auszugeben. Die Menschen können sich viel leisten, aber sie wissen es immer weniger zu schätzen." Um die Versorgung müsse sich, so Heberlein, aber niemand sorgen. "Selbst wenn wir ganz Deutschland stilllegen, wird keiner verhungern."
Das regelt die EU in Sachen Landwirtschaft
Ursprung Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ist ein Politikbereich der EU und basiert auf einem umfangreichen Steuerungs- und Finanzierungsinstrument. Die Gründungsmitglieder der Union einigten sich 1957 auf die Vergemeinschaftung der Landwirtschaftspolitik. Zunächst gab es Preisgarantien, später wurde die GAP liberalisiert. Seither gibt es produktionsunabhängige Direktbeihilfen. Säulenmodell Die GAP beruht heute auf zwei Säulen: Die erste beinhaltet Direktzahlungen an Landwirte sowie die gemeinsamen Marktordnungen für einzelne Erzeugnisse. Die zweite ergänzt die GAP seit 1999 und zielt auf die Entwicklung des ländlichen Raums ab.
Summen Mit 56 Milliarden Euro (2018) nimmt die EU-Agrarförderung den größten Ausgabenblock des Haushalts ein, ein Drittel des gesamten EU-Budgets. Für Deutschland stehen jährlich 6,2 Milliarden Euro bereit.Quelle: Wikipedia