Ein Bayreuther Investor errichtet in der Pestalozzistraße 9 einen Wohnkomplex. Dafür muss die alte Tankstelle weichen. Bei der benachbarten Petzbräu tut sich noch nichts: Wie geht es dort weiter?
Im Quartier zwischen Nikolaikirche und Kino wird sich die Stadtansicht in den nächsten Jahren gewaltig verändern. Ein Großprojekt wurde jetzt in Angriff genommen: Nein, es ist nicht der umstrittene Abriss der historischen Petzbräu in der Pestalozzistraße 3, sondern der Wohnkomplex in der Pestalozzistraße 9. Hier errichtet die Bayreuther Konzeptbau GmbH zwei Gebäude mit sieben Stockwerken und 71 Wohnungen.
Vor ein paar Tagen hat der Abbruchbagger begonnen, die Baustelle einzuebnen. Abgerissen wird die ehemalige Tankstelle und Kfz-Werkstatt von Mercedes-Dörnhöfer. Im Hinterhof hatte bis vor kurzem die Firma Elektro-Nußgräber ihr Domizil, die inzwischen nach Melkendorf umgezogen ist. Die vorderen Gebäude standen zum Teil leer. Oben waren Büros, unten hatte sich früher unter anderem ein Möbelhändler eingemietet.
Gebäudehöhe: 21 Meter
Der Neubau besteht aus zwei parallel angeordneten Baukörpern mit sieben Vollgeschossen - Höhe: 21 Meter. Der vordere Block an der Pestalozzistraße rückt bis zur Linie des Gehwegs heran. Es werden 25 Ein-Zimmer-Appartements und 46 Zwei- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen gebaut. Darunter liegt im Erdgeschoss eine Großgarage mit 47 Stellplätzen sowie eine Gastronomiefläche mit 167 Quadratmetern. Ferner sind 33 Außenstellplätze vorgesehen.
Laut Konzeptbau-Geschäftsführer Bernd Werner sollen die Abbrucharbeiten bis Ende Februar oder Anfang März abgeschlossen sein. Er rechnet nicht damit, dass es Verkehrsbehinderungen oder andere Einschränkungen in der Pestalozzistraße geben wird. "Da ist nichts geplant", so Werner. "Das Material wird auf dem Grundstück deponiefertig vorbereitet und dann abgefahren." Höchstens beim Ausbau oder Abtransport der alten Diesel- und Benzintanks könnte es zu kurzzeitigen Behinderungen kommen. In der Karl-Jung-Straße allerdings seien Teilsperrungen "denkbar". Werner: "Aber nur stundenweise, das hält sich in Grenzen."
Wie sieht der Bauzeitplan aus? Dazu der Konzeptbau-Geschäftsführer: "Wir wollen dieses Jahr den Rohbau hochziehen, bis zum Herbst, und wollen im Winter mit dem Ausbau beginnen." Zielstellung sei es, Ende 2022 die ersten Wohnungen zu übergeben. "Es dürfte sich dann bis Sommer 2023 hinziehen, bis alle Wohnungen fertig sind."
Die Vermarktung des Objekts hat der Kulmbacher Immobilienmakler JÖNA übernommen. Dort hat man großes Interesse an dem Projekt registriert. Wie es heißt, sei bereits etwa die Hälfte der Wohnungen verkauft oder reserviert.
In der Pestalozzistraße 9 ist alles klar. Aber wie geht es in der Pestalozzistraße 3 weiter? Geplant ist ein gewaltiger Neubau mit 157 Wohneinheiten: Appartements für Studenten (120) und betreutes Wohnen (37). Geopfert wird dafür der rote Ziegelbau der Petzbräu und nachmaligen Mälzerei Müller - und damit ein Stück Kulmbacher Stadtgeschichte. Der Rosenheimer Investor Drösel verfügt über eine rechtsgültige Baugenehmigung. Er kann jederzeit mit dem Abriss beginnen. Der Stadtverwaltung liegt die erforderlich Abbruchanzeige bereits seit eineinhalb Jahren vor. Aber mehr weiß man im Rathaus auch nicht. Zweiter Bürgermeister Frank Wilzok (CSU) lässt ausrichten, dass die Stadt den genauen Termin des Baubeginns nicht kenne.
Passiert ist bei dem stadtbildprägenden Backsteinbau bisher nicht viel. Lediglich der Darrturm, der erhalten werden muss, wurde an der rückwärtigen Seite eingerüstet. Offenbar will man zunächst das denkmalgeschützte Gebäude herrichten, damit es künftig als Treppenhaus genutzt werden kann.
Erklärung des Investors
Eine Anfrage bei der Drösel-Gruppe bringt Klarheit: "Konkrete Angaben zum Beginn der Abbrucharbeiten können wir derzeit noch nicht treffen, da dazu erst die Tekturgenehmigung des Darrturms samt Statik vorliegen muss, damit wir in die Ausschreibung gehen und sodann den Abbruch zeitlich planen können. Demgemäß kann auch heute noch nichts über einen etwaigen Fertigstellungstermin gesagt werden."
Das bedeutet: Der nächste Abriss in der Pestalozzistraße kommt bestimmt. Damit haben sich vage Hoffnungen zerschlagen, die Front der alten Brauerei und Mälzerei an der Pestalozzistraße könne vielleicht doch erhalten werden. Denn nach den Vorgaben des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK) hätte das Gebäude saniert werden sollen: Die Kulmbacher H2M-Architekten sprechen in ihrer Expertise von einer "beeindruckenden Backsteinfassade" und attestieren dem Objekt "Potenzial zur Attraktivitätssteigerung der Innenstadt". Offenbar hatte aber kaum einer der Stadträte die Studie gelesen, als man im letzten Amtsjahr von Oberbürgermeister Schramm (CSU) den Abbruch genehmigte. Auch durch einen Sturm der Entrüstung in der Öffentlichkeit ließ sich der Stadtrat nicht umstimmen.
Historie
Die Tankstelle und die Mercede-Benz-Vertretung Dörnhöfer hatten seit 1938 ihr Domizil in der Pestalozzistraße 9, nachdem die Werkstatt am Holzmarkt (heute "Stadtschänke") an die Mönchshofbräu verkauft worden war. 1967 baute man die Shell-Tankstelle um, und die Zapfsäulen wurden überdacht.
Der Standort wurde 1978 aufgegeben, die Tankstelle war nicht mehr rentabel. Die Mercedes-Vertretung zog bereits ein Jahr vorher in die Albert-Ruckdeschel-Straße um.tir