"Wir wissen all das nicht, weil es nicht untersucht ist", sagt er. Und betont: "Jeder trägt seinen Teil zum möglichen Artenrückgang bei, die Bauern auch. Aber einfach zu sagen: Landwirte, ihr seid schuld und müsst euch ändern - das verkennt die Lage. Doch genau darauf zielt das Volksbegehren ab. Ich halte die Ziele für falsch, weil sie zu einseitig formuliert sind. Deswegen werde ich nicht unterschreiben."
Kein Vernichter des Lebens
Und das hat noch einen weiteren Grund: Als Saatgutberater mag er sich nicht den Schuh anziehen, als Vernichter allen Lebens in Feld und Flur gebrandmarkt zu sein. Die Glyphosat-Diskussion sei hier nur die Spitze des Eisbergs, sagt der Mainleuser. "Der Ruf, den Pflanzenschutzhersteller haben, ist nicht gerechtfertigt. Wir denken heute sehr wohl ganzheitlicher." Es seien diverse Mittel bereits verboten worden, etwa Insektizide im Raps. "Kein Bauer spritzt ohne Sinn und Verstand. Wir achten sehr darauf, die Behandlungen etwa nach dem Bienenflug durchzuführen. Wir gehen zudem viel schonender mit den Wirkstoffen um und wenden sie in kleinstmöglichen Dosen an. Die Stoffe wirken selektiv gegen den jeweiligen Schädling und schützen nützliche Arten."
Es sei aber kontraproduktiv, bewährte Stoffe ohne Not aus dem Verkehr zu ziehen. Dazu zählt Schneider auch die in die Kritik geratenen Neonicotinoide. "Über Syngenta vertreiben wir diese Neonics schwerpunktmäßig im Bereich der Beizen, doch jüngst wurden einige von der Liste genommen. Da steckt der Teufel im Detail, denn nun sind die Landwirte gezwungen, andere Mittel einzusetzen, die mehr Wirkstoff beinhalten. Zudem besteht die Gefahr, dass Resistenzen provoziert werden."
Deutschland habe europaweit die strengsten Zulassungskriterien beim Pflanzenschutz. "Hier sind viele Bundesbehörden beteiligt. Ich muss mich auf neueste wissenschaftliche Erkenntnisse verlassen können. Wenn sich die Erkenntnisse ändern, dann muss ich handeln, ganz klar." Das aber, so der Mainleuser, sollte immer auf begründeter wissenschaftlicher Basis erfolgen und nicht aus rein ideologischem Antrieb.
Bienen-Experte lobt die Bauern
Mit Kiesbeeten kann man Günter Reif jagen. "Das ist die Vorstufe zu betonieren und grün anstreichen", sagt der stellvertretende Vorsitzende des Bezirksverbands für Gartenbau und Landespflege Oberfranken. Diese sterilen Flecken machten Biene & Co. kein Angebot. "Warum sollten sie sich dorthin verirren?", fragt der Kulmbacher, dem vor allem die wilden Verwandten der Honigbiene am Herzen liegen. Daher unterstützt er das ödp-Volksbegehren. Den Bestäubern vom zeitigen Frühjahr bis in den Spätherbst den Tisch zu decken - daran zu arbeiten sei Aufgabe aller: vom Gartenbesitzer über Gartenbauvereine und Kommunen bis zu Landwirten.
Deren Blühstreifen-Initiative begrüßt Reif. Und er nimmt die Bauern ein Stück weit in Schutz. "Bei den Schocknachrichten über den Insektenrückgang landeten die meisten gleich bei den Landwirten als Verursacher. Das aber ist zu kurz gedacht." Jeder von uns sei auch Verbraucher und habe es in der Hand, sein Konsumverhalten zu überdenken und sich des Wertes von Lebensmitteln bewusster zu sein. "Wenn wir zwei Schritte zurückgehen in unserem Anspruchsdenken und bereit sind, mehr Geld für unser Essen auszugeben, nehmen wir auch den Druck von den Produzenten. Die Wiesen müssen ja deswegen so oft gemäht werden, weil das Futter für die Kühe am eiweißreichsten ist, wenn es in der Knospe steht. Das wiederum ist nötig, um die Milchleistung hochzuhalten, damit der Betrieb überlebt." Ein Teufelskreis zulasten von Erzeugern, Tieren und letztlich der Ökologie.
Weg vom aufgeräumten Gelände kommen müssten auch die Kommunen, wobei Reif dem Kulmbacher Bauhof ein gutes Zeugnis ausstellt. "Hier hat ein Umdenken eingesetzt. Nicht jede Verkehrsinsel muss zigmal gemäht werden, auch wenn es mancher Bürger fordert. Der Ordnungsfimmel sollte passé sein. Unkraut ist eben keines, diese Beikräuter sind lebenswichtig für unsere Insekten."jn
Die Lobbyisten der Saatgutindustrie und des Bauernverbandes dürfen hier unkommentiert ihre Lügen verbreiten, ohne eine Zwischenfrage, ohne eine kritische Anmerkung, ohne einen kritischen Kommentar des Redakteurs.
Ganz schwach, BR. Das ist nicht, was ich mir unter objektiver Berichterstattung vorstelle.
Ich finde es Volksverdummung, wenn hier mit scheinheiligen Argumenten von den jeweiligen Verursachern des Insektensterbens hunderte Möglichkeiten aufgezählt und die Giftcocktails der Landwirtschaft verharmlost werden. Auch die sog. Blühstreifen sind nur ein fauler Trick, vom Problem abzulenken. Wie im Artikel aufgezeigt, brauchen diese Pflanzen überhaupt keine Insekten mehr und sollen nur das Auge des Betrachters täuschen. Aber der Bauernverband hat eine mächtige Lobby und ist mit den entsprechenden Funktionären bei Baywa, BASF, Zulassungsbehörden usw. tätig, da ist schon umfassende Pressearbeit nötig, um das Volksbegehren auszuhebeln und eigene Pfründe zu sichern. Dort sitzen die waren Insektenvernichter, die Bauern sind nur die verlängerte Hand von Giftmischern und Bauernverband. Und langsam wird auch deutlich, wie bei der Zulassung von Glyphosat im EU-Parlament getrickst und gelogen wurde. Solange unsere Zulassungsbehörden sich Ihre Stellungnahmen von Monsanto, BAFS und Co schreiben lassen, sind solche Expertisen nicht das Papier wert, auf dem sie stehen. Also unterschreiben Sie beim Volksbegehren, nur dann wird sich etwas ändern.