In Kulmbach erzählt man sich, dass die Tafel schließen muss. Die Vorsitzende versichert, dass das nur ein Gerücht ist.
"Nein, wir hören nicht auf!" - Damit wäre eigentlich schon alles gesagt. Aber dann wird es doch ein längeres Gespräch: Über die Probleme der Kulmbacher Tafel, ehrenamtliche Helfer zu finden. Über die Not mancher Tafeln, ausreichend Lebensmittel zur Verfügung zu haben. Und über die allgemeine Wahrnehmung der Tafeln in der Öffentlichkeit.
Elfriede Höhn, rührige Vorsitzende der Kulmbacher Tafel, hat zum Gespräch gebeten. Das Gerücht sei ihr zugetragen worden, dass die Kulmbacher Tafel zum Jahresende den Betrieb einstelle. Und da wolle sie doch klarstellen: "Da ist überhaupt nichts dran. Wir hören nicht auf!"
Woher das Gerücht stammt? Vielleicht hat jemand die falschen Schlüsse gezogen, als neulich in einigen lokalen Medien zu hören und zu lesen war, dass die Tafel dringend ehrenamtliche Helfer sucht. Vielleicht hat er oder sie gedacht, dass dort, wo keine Helfer sind, auch kein Betrieb mehr möglich ist.
"Aber wir haben noch genügend Helfer, um zwei Öffnungstage in der Woche zu organisieren", stellt Elfriede Höhn fest.Etwa 60 Namen stehen auf ihrer Liste. Die Hälfte davon gehört zur Mannschaft der Fahrer, die bei Lebensmittelgeschäften in der Region Ware einsammelt, die qualitativ noch einwandfrei, aber nicht mehr zu verkaufen ist - etwa weil das Mindesthaltbarkeitsdatum fast erreicht ist. Die andere Hälfte der Männer und Frauen von Elfriede Höhns Liste steht mehr oder weniger regelmäßig im Verkaufsraum in der Blaicher Straße in Kulmbach, sortiert die angelieferten Waren oder gibt sie dienstags und freitags an Bedürftige aus.
Helfer gibt es also. Aber sie sind nicht mehr die Jüngsten. Einige von ihnen sind seit der Gründung der Tafel vor 14 Jahren dabei und mit der Organisation in die Jahre gekommen. "Wir haben ein demografisches Problem", sagt Kassier Richard von Schkopp. "Wir würden gerne auch jüngere Leute zu uns holen", sagt Elfriede Höhn. Um das bestehende Team zu entlasten - und um es zu verjüngen. Allein: "Jüngere Leute, die noch berufstätig sind, haben halt oft tagsüber keine Zeit."
Marga Schramm kann das bestätigen. Die 70-Jährige, viele Jahre als Standesbeamtin im Stadtsteinacher Rathaus aktiv, ist zur Tafel gestoßen, als sie pensioniert wurde. Sie hat Zeit, am Montagnachmittag Ware zu sortieren. Ebenso wie Helmut Bauer, dem es erst jetzt im Ruhestand möglich ist, die Organisation als Fahrer zu unterstützen.
Elfriede Höhn und ihre Mannschaft geben die Hoffnung nicht auf, dass sich neue Helfer melden. Die brauchen keine besondere Qualifikation. "Tagsüber sollen sie halt Zeit haben." Offen sollten sie sein, kontaktfreudig und frei von Vorurteilen. Und sie sollten körperlich soweit belastbar sein, dass sie es schaffen, einige Stunden lang Ware zu sortieren oder hinter dem Verkaufstisch zu stehen.Die ehrenamtlichen Helfer entscheiden selbst, in welchem Umfang sie sich engagieren. "Wir machen für jeden Monat einen Dienstplan", erläutert Vorsitzende Höhn. Manche Helfer kommen einmal im Monat, andere zweimal in der Woche. Durch ihren Einsatz ermöglichen sie es Menschen, die am Existenzminimum leben müssen, sich mit frischen und hochwertigen Lebensmitteln zu versorgen.
Rund 3000 Berechtigungsausweise wurden seit Gründung der Tafel ausgegeben (die regelmäßig verlängert werden, sofern der Bedarf noch besteht). Aktuell versorgt die Tafel in jeder Woche 300 Haushalte.Noch reichen die Lebensmittelspenden dafür aus. Andernorts ist das nicht mehr selbstverständlich, weiß Kassier Richard von Schkopp. Moderne Warenwirtschaftssysteme im Lebensmittel-Einzelhandel führten dazu, dass nicht viel mehr geordert werde, als man verkauft. Die Folge: "Es bleibt nicht viel übrig."
Und auch ein anderes Problem, das manche Tafeln plagt, ist in Kulmbach keines. Nicht immer nämlich gestaltet sich der Kontakt mit den Kunden problemlos. Vielen Tafel-Helfern sind die Ereignisse in Essen noch ungut in Erinnerung: Dort hatte der Vorsitzende der Tafel kurzzeitig nur an Bedürftige mit deutschem Pass Lebensmittel ausgegeben - mit dem Argument, dass sich andere daneben benommen hätten. Aus Großstädten war zu hören, dass man in manchen Vierteln ein aus verschiedenen Gründen äußerst problematisches Klientel habe.
In Kulmbach hingegen hat man noch immer für einen geordneten Betriebe sorgen können, versichert Elfriede Höhn. Insofern: Alles gut bei der Kulmbacher Tafel. Und kein einziger Grund, der darauf hindeutet, dass an dem Gerücht von der bevorstehenden Schließung doch etwas dran sein könnte.