Mit Joe Biden als neuem Präsidenten soll in den USA von nun an alles anders werden - und auch in Kulmbach ist man gespannt auf eine neue Ära der transatlantischen Beziehungen. Kulmbacher teilen uns ihre Ansichten über den neuen Präsidenten mit.
Natürlich hatte sie darauf gehofft - auf das Wahlergebnis für den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Biden. "Seit jeher habe ich eine so starke Antipathie gegen Trump gehegt, dass ich es kaum erwarten konnte, am Morgen des 4.November von seiner Niederlage in der Zeitung zu lesen ", schildert Karin Lux (78) aus Kauerndorf. Die Welt inklusive den USA müssten nämlich doch endlich einmal verstehen, dass eine Witzfigur wie Trump kein Mensch für diesen Posten sei.
"Wie kann jemand ein Leben lang nur so von sich selber überzeugt sein? Sein kindliches Auftreten, andere des Betruges zu bezichtigen und mit seinem Verlust selbst nicht fertig werden zu können, das mussten sich die Amerikaner lange gefallen lassen. Joe Biden hingegen scheint ein weitaus toleranterer und entgegenkommenderer Präsident zu sein, der sich für eine friedlichere Zusammenarbeit mit ganz Asien einsetzt, gebrochene Verträge wieder aufleben lässt und für das gesamte amerikanische Volk gleichermaßen sorgt".
Auch wenn sich das Impeachment-Verfahren gegen den scheidenden Präsidenten aktuell noch hoffnungsvoll mitverfolgen lasse, befürchtet die Kauerndorferin eine erneute Bewerbung von Trump in vier Jahren. Bei jemandem, der die "bodenlose Frechheit besitzt, Aufputschreden zu schwingen, die Trump-Anhänger zum Sturm auf das Kapitol beflügelt hatten", sei dies nicht auszuschließen.
Im Gegensatz zu Karin Lux, die die TV-Übertragung der Wahl nicht live mitverfolgt hat, verbrachte Peter Fischer (77) aus Kulmbach die Nacht vom 3. auf den 4.November gespannt vor dem Fernseher. Auf die Frage, ob er ein Ereignis unter Trumps Regierungszeit als positiv in Erinnerung habe, muss Peter Fischer - genau wie Karin Lux - verneinen. Von dessen anfänglichen Wahlversprechen, Steuererleichterungen zu schaffen, hätten nur Industriemagnaten etwas abbekommen - der Großteil der US-Bevölkerung sei leer ausgegangen.
"Im Gegensatz dazu wird Biden durch seine juristische Ausbildung und frühere Tätigkeit als Anwalt mit ganz anderen Voraussetzungen in die präsidiale Amtszeit schreiten als sein Vorgänger. Biden ist loyal, bekennt sich zum Recht und betreibt Politik auf eine faire Weise", lobt Fischer den angehenden Präsidenten. Nach dessen Amtseinführung erhofft sich der 77-jährige Rentner ein engeres Verteidigungsbündnis mit Deutschland, welches unter seinem Vorgänger doch stark gelitten habe.
Anstatt den Fokus zu sehr auf den Waffenhandel, insbesondere mit dem Nahen Osten, zu legen, sollten sich die USA weiterhin wieder stärker zum NATO-Bündnis bekennen und mit den anderen Mitgliedsländern des nordatlantischen Paktes an einem Strang ziehen. Des Weiteren müssten vermehrt nicht-ökonomische Themen auf der politischen Agenda der USA stehen, etwa eine engere Verzahnung mit internationalen Zusammenschlüssen wie der UN oder der Europäischen Union. Dass diese Vorhaben mit Biden wesentlich besser umzusetzen seien, davon geht Peter Fischer stark aus.
Eine bessere amerikanisch-europäische Zusammenarbeit, um internationale Probleme gemeinsam zu lösen - das wünscht sich auch Christian Nerrlich-Malandrino. Für den 18-jährigen aus Ködnitz würde es einen großen Fortschritt bedeuten, wenn die USA ihrer Außenpolitik dahingehend verbessern würden, sich nicht weiterhin abzuschotten. In vielerlei Hinsicht erwartet der angehende Abiturient aber eine enorme Verbesserung der internationalen Beziehungen unter Joe Biden.
Obwohl die letzten vier Jahre Trump überaus brisant verlaufen seien und nahezu täglich für weltweiten Aufruhr gesorgt hätten, "kann ich dessen Amtszeit nichts Positives abgewinnen", erklärt Christian. Die Wahl von Joe Biden leite jedoch einen Kontrast ein, der eine neue Ära der amerikanischen Politikbeziehungen verspreche und ein Zeichen an die Weltbevölkerung sende - "America for all" anstatt nur "America first".
Der Wir-Gedanke der amerikanischen Gesellschaft sei es, der gestärkt werden müsse - dieser Auffassung schließt sich Bärbel Geyer (65) an. Gehofft und gebangt habe sie. Das Schockierendste seiner Amtszeit, das Trump sich geleistet habe, sei eine seiner letzten Reden am 6. Januar gewesen.Dort habe er im Vorfeld der geplanten Protestkundgebung mit schäbigen Vorwürfen versucht, Bidens Wahlsieg in Frage zu stellen und mit seinen Aussagen seine Anhänger noch aggressiver gemacht, die letzten Endes das Kapitol stürmten.
Mit einem klaren "Nein!" auf die Frage, ob ihr an Trumps Amtszeit ein positiver Aspekt aufgefallen sei, ist Bärbel Geyer bereits die vierte im Bunde der Befragten, die keine guten Erinnerungen an die vergangenen vier Jahre USA-Politik besitzt. Umso mehr positive Eigenschaften sind es, die der 65-jährigen an Joe Biden auffallen: "Er ist vermittelnd und vertritt Werte, die für das Oberhaupt einer der größten Nationen der Welt absolut von Bedeutung sind. Auch die Wahl seiner Vize-Präsidentin Kamala Harris stimmt mich sehr zufrieden".
Mit zwei unterschiedlichen Geschlechtern, die sich in Alter und Hautfarbe unterscheiden, sei ein ausgewogenes Tandem an die Macht gekommen, von dem Bärbel Geyer "fest davon überzeugt ist, den Berg an Problemen zu bekämpfen, die der Vorgänger Trump hinterlassen hat".