Kulmbacher erleben britischen Humor statt Dreivierteltakt

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Tenor und Bariton glanzvoll im Duett: die beiden Gesangssolisten Randall Bills (links) und Richard Morrison.Stephan Herbert Fuchs
Tenor und Bariton glanzvoll im Duett: die beiden Gesangssolisten Randall Bills (links) und Richard Morrison.Stephan Herbert Fuchs
Fahnen schwingen und Mitsingen: Die Hofer Symphoniker gestalteten mit den beiden Solisten und dem britischen Dirigenten Russell Harris ein grandioses Finale des Neujahrskonzerts in der Dr.-Stammberger-Halle. Das Programm begeisterte durch Vielseitigkeit und viele humorvolle Einlagen.Foto: Stephan Herbert Fuchs
Fahnen schwingen und Mitsingen: Die Hofer Symphoniker gestalteten mit den beiden Solisten und dem britischen Dirigenten Russell Harris ein grandioses Finale des Neujahrskonzerts in der Dr.-Stammberger-Halle. Das Programm begeisterte durch Vielseitigkeit und viele humorvolle Einlagen.Foto: Stephan Herbert Fuchs
 

Die Hofer Symphoniker begeisterten ihr Publikum in der Kulmbacher Dr.- Stammberger-Halle mit einem fulminanten Neujahrskonzert.

Zu Beginn des Jahres haben die Hofer Symphoniker in guter Tradition musikalisch die Korken in der Dr.-Stammberger-Halle knallen lassen. Garanten dafür waren die mehr als 50 Musiker mit ihrem überaus charismatischen Dirigenten Russell Harris, dem amerikanischen Tenor Randall Bills und dem schottischen Bariton Richard Morrison. Die Künstler präsentierten ein durch und durch populäres Programm ganz nach dem Geschmack des Publikums.

Aber eben auch ein ganz anderes Programm als sonst. Kaum Dreivierteltakt, dafür typisch britischer Humor, kaum Operettenseligkeit, dafür auch mal ruhige, fast meditative Momente. Aufs Mitsingen, Mitsummen, Mitklatschen musste dennoch niemand verzichten, sogar Fähnchen durften geschwungen werden.

Die Symphoniker haben ihr Programm diesmal an der "Last Night of the Proms" orientiert, dem traditionellen Abschlusskonzert der BBC-Promenadenkonzerte in der Londoner Royal Albert Hall. Alljährlich zieht dieses musikalische Großereignis ein riesiges und enthusiastisches Publikum an.

Ein ganz persönliches "Promenadenkonzert" hatte dazu der britische Dirigent für die Neujahrskonzerte der Hofer zusammengestellt. Nach Selb und noch vor Hof und Erlangen war das Orchester diesmal in Kulmbach.

Melodien, die im Ohr bleiben

Wie könnte man schöner in das neue Jahr starten als mit schwärmerischen Melodien, die so schön ins Ohr gehen und so lange dort bleiben? Carl Maria von Webers meisterhafte "Jubel-Ouvertüre" gehört dazu, das Intermezzo aus Giaccomo Puccinis Oper "Manon Lescaut", der "Ungarische Tanz" von Hector Berlioz oder auch die Ouvertüre "Girl Crazy" von George Gershwin. Winterliche Tristesse kommt bei einem derart glitzernden Jahresanfang schwerlich auf.

Schwungvoll und kurzweilig gestaltete sich auch das übrige Programm mit Werken berühmter Komponisten. Die spezifische Mischung aus Präzision und Gefühl scheint den Hofer Symphonikern unter Russell Harris ganz besonders zu liegen. Das wird etwa in den Arien deutlich, für die diesmal, ungewöhnlich für ein solches Konzert, ein Tenor und ein Bariton zuständig waren, keine Sopranistin, wie sonst üblich.

Randall Bills zeigt sich als versierter und virtuoser Belcanto-Tenor etwa in einer Arie von Gioachino Rossini aus der Oper "La Cenerentola". Ganz beabsichtigt setzt der flexible Tenor dabei voll und ganz auf den Effekt. Ebenso in einer weiteren Arie aus der Donizetti-Oper "Die Regimentstochter". Mit mindestens zehn hohen C gehört das Stück eigentlich eher in den Zirkus als auf die Opernbühne, doch Randall Bills bewältigt auch diese Herausforderung mit Bravour.

"Der fliegende Schotte" wird der Bariton Richard Morrison genannt, der seinen Einstand mit der Escamillo-Arie aus Georges Bizets "Carmen" gab. Morrison singt nicht nur perfekt, sondern verkörpert die Partie auch absolut glaubwürdig. Bestens aufeinander eingestimmt präsentieren sich die beiden herausragenden Solisten in einem Duett aus Bizets "Die Perlenfischer".

Zur absoluten Überraschung wird das vom Dirigenten klug und interessant zusammengestellte Potpourri aus Franz Lehars "Lustiger Witwe". Nicht nur, dass die beiden Herren Ohrwürmer wie das "Vilja-Lied" oder "Da geh ich ins Maxim" absolut gekonnt und natürlich voller Witz wiedergeben. In dem Duett "Lippen schweigen" wird der Tenor plötzlich zum Counter-Tenor und singt mit klarer Kopfstimme die Sopran-Partie.

Sogar ein Tänzchen wagen die beiden Herren miteinander. Das hatte wirklich absolute Klasse, und eifriges Mitklatschen war schon vor der Pause sicher.

Die Zuhörer machen mit

"Es wird Spaß", hatte Russell Harris zu Beginn des Konzertes versprochen. Damit meinte er ganz unweigerlich die "Fantasy on British Sea Songs", besser bekannt als "Rule Britannia" von Henry Wood und Thomas Arne. Der Dirigent ließ das Publikum aufstehen, Fahnen schwingen und lautstark den bekannten Songtext schmettern. Der Schotte Richard Morrison hatte dazu eigens seinen Kilt, also einen knielangen Schottenrock, angelegt.

Was für ein Spaß, wenn Russell Harris das moderiert. "Kulmbach ist ziemlich rhythmisch", freut sich der Maestro und setzt mit dem berühmten Marsch "Pomp and Circumstance" von Edvard Elgar gleich noch eins drauf. Natürlich darf ganz am Ende der Radetzky-Marsch, dirigiert mit einem Glas Sekt in der Hand, nicht fehlen.

Dirigent Russell Harris war unter anderem schon Kapellmeister in Weimar, Generalmusikdirektor des Theaters Altenburg/Gera und Gastdirigent des BBC-Symphonie Orchesters. Er gilt als Experte für sinfonischen Jazz und leitete zahlreiche Aufführungen klassischer Musicals.