Kulmbacher Bierfest ist Großkampfzeit fürs BRK

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Die BRK-Sanitäter Yvonne Zehe und Christian Reichl bereiten sich auf ihren Einsatz beim Kulmbacher Bierfest vor. Mit den Segways sind sie schnell vor Ort, wenn im Außenbereich der Bierwoche - am Bahnhof oder am Marktplatz - etwas passieren sollte. Foto: Stephan Tiroch
Die BRK-Sanitäter Yvonne Zehe und Christian Reichl bereiten sich auf ihren Einsatz beim Kulmbacher Bierfest vor. Mit den Segways sind sie schnell vor Ort, wenn im Außenbereich der Bierwoche - am Bahnhof oder am Marktplatz - etwas passieren sollte. Foto: Stephan Tiroch
Kai Ramming, Kreisbereitschaftsleiter des BRK: "Unsere Leute machen Urlaub. Oder Doppelschicht: tagsüber arbeiten, abends Bierfest." Foto: Stephan Tiroch
Kai Ramming, Kreisbereitschaftsleiter des BRK: "Unsere Leute machen Urlaub. Oder Doppelschicht: tagsüber arbeiten, abends Bierfest." Foto: Stephan Tiroch
 

Wenn über 100 000 Gäste in der Bierstadt feiern, haben die Helfer der Sanitätsbereitschaft tüchtig zu tun.

Sie sind immer dabei, wenn die anderen feiern. Aber sie feiern nicht mit. Sie bleiben im Hintergrund und greifen nur ein, wenn's nötig ist. Große Veranstaltungen - wie die Kulmbacher Bierwoche, die heute beginnt - könnten ohne sie nicht stattfinden: Die Sanitäter der BRK-Bereitschaften im Landkreis Kulmbach arbeiten ehrenamtlich viele Stunden und sind zur Stelle, wenn medizinische Hilfe benötigt wird.

Zum Beispiel Bierfest: "Wir haben ein Minikrankenhaus in der Stadthalle", sagt BRK-Kreisbereitschaftsleiter Kai Ramming (37) aus Mainleus. Hier werden täglich zwischen 30 und 38 Helfer gebraucht. Dafür, dass der Bierwochen-Einsatz funktioniert, ist den Sanitätern kein Opfer zu groß. Ramming: "Die Leute machen Urlaub. Oder Doppelschicht: tagsüber arbeiten, abends Bierfest.” Bierwoche bedeutet Großkampfzeit für die Sanis.


Speziell ausgebildet

Dazu: Altstadtfest - 26 Leute, Motorrad-Sternfahrt - 25 Leute, Party im Nirgendwo bei Tannfeld - 21 Leute, Plassenburg-Open-Air - sechs Leute: Die 950 Rot-Kreuz-Sanitäter im Kreis Kulmbach brauchen sich über Arbeitsmangel nicht zu beklagen. Sie sind alle speziell ausgebildet und in elf Bereitschaften organisiert: Kulmbach, Lehenthal, Windischenhaig, Mainleus, Kasendorf, Thurnau, Neudrossenfeld, Neuenmarkt-Wirsberg, Kupferberg, Stadtsteinach und Mannsflur.

Wenn bei den geplanten Einsätzen, für die es eigene Sicherheitskonzepte gibt, etwas passiert - "dann greifen wir als erste ein. Von Wespenstich bis Übelkeit, wir versorgen die Patienten", so Ramming.


Bereitschaftsdienst mit WhatsApp

Gefordert sind die Sanitäter aber auch bei unvorhersehbaren Ereignissen: bei Bränden, Hochwasser oder Verkehrsunfällen. Der Bereitschaftsdienst - wer Zeit hat, wer kann und wer nicht - wird ganz modern organisiert. "Dafür haben wir eine WhatsApp-Gruppe", sagt Christian Reichl (28). Die Helfer haben dann auch nicht viel Spielraum, wenn der Alarm losgeht. "Ausrückzeit sind zehn Minuten. Da müssen wir bei der Bereitschaft in der Meußdoerffer-Straße sein und uns noch umziehen."

So geschehen vergangenen Sonntag beim schweren Unfall zwischen Kauerndorf und Kauernburg. Die Leitstelle setzt auch die Sanitätsbereitschaft in Marsch. "Es waren fünf Schwerstverletzte, da reichen die Profis nicht aus", weiß Ramming. Wobei die Ehrenamtlichen ihr Handwerk genauso verstehen. Reichl: "Wir machen den gleich Job wie die Hauptamtlichen."


Einsatz beim G7-Gipfel

Von Zeit zu Zeit werden Kulmbacher Kräfte zusätzlich überregional eingesetzt. "Wir gehören zum Kontingent Oberfranken. Wir wurden vor drei Jahren beim Hochwasser in Deggendorf angefordert. Oder 2015 beim G7-Gipfel in Krün bei Garmisch-Partenkirchen", so Ramming. "Für Kontingenteinsätze werden wir freigestellt und haben Lohnfortzahlung - sonst nehmen wir Urlaub."

Das heißt im Umkehrschluss: Außer den Kontingenteinsätzen werden die Helfer nicht bezahlt. "Nein, wir bekommen null. Das ist unser Privatvergnügen, wir machen es aus Spaß an der Freude", versichert Reichl, der beim Patientenfahrdienst des BRK beschäftigt ist.

Allerdings bezahlt der jeweilige Veranstalter für die Sanitäter eine Aufwandspauschale, die an die BRK-Bereitschaften geht. "Das Geld wird zweckgebunden verwendet. Die Bereitschaften finanzieren damit Ausbildung, Einsatzkleidung, Fahrzeuge und Unterkünfte", erklärt Ramming, der vor neun Jahren den Posten des Kreisbereitschaftsleiters übernommen hat und seine Brötchen als Sachbearbeiter bei ait in Kasendorf verdient.

Die Kulmbacher Brauerei bezahlt diesen Obolus gern. Denn: "Die Zusammenarbeit funktioniert toll. Die Leute machen einen guten Job", betont Bierfest-Organisator Michael Schmid.


"Ausschankende ist nicht Schluss"

Für den Bierwochen-Einsatz steht der Dienstplan schon seit geraumer Zeit, berichtet Yvonne Zehe (20). "Wir haben zwei Schichten pro Tag, ab 18 Uhr ist täglich ein Arzt anwesend", sagt die Industriekauffrau, beschäftigt bei Gerber Kunststofftechnik in Weismain. "Für uns ist aber mit dem Ausschankende nicht Schluss, der Dienst geht in der Regel bis ein Uhr, am Wochenende wird's meistens zwei."

Die Konferenzräume der Stadthalle werden zur Rettungswache umgebaut. "Wir haben alle notwendigen medizinischen Geräte. Es gibt einen Überwachungsraum für Herz-Kreislauf-Patienten, einen Verbandsraum und einen Schockraum für schwere Verletzungen", erläutert Ramming.

Man ist für alle Eventualitäten gerüstet. Selbst einer werdenden Mutter hat man helfen können. "Bei der Frau hatten die Wehen begonnen. Wir haben sie erstversorgt, geschaut, ob sie stabil ist, und sie ins Klinikum gebracht", so Reichl. Dort sei das Kind auf die Welt gekommen.


Kreislauf und Scherben

Mit fortschreitender Tageszeit nimmt die Arbeitsbelastung der Sanitäter zu. Wer kommt hauptsächlich in die Rettungswache? Betrunkene und Opfer von Schlägereien? "Nein, falsch", erklärt der Bereitschaftsleiter, "die Leute werden zunehmend vernünftiger. Vergangenes Jahr ging die Zahl der Patienten von 360 auf 150 zurück. Wir haben die ganze Palette, aber 90 Prozent sind Kreislaufschwächen oder Schnittverletzungen." Apropos: "Wenn Glasscherben am Boden liegen, ist das falsche Schuhwerk saugefährlich. Die Leute sollen endgültig mal ihre Flipflops nicht mehr anziehen", schimpft Ramming.

Und weil das Einsatzgebiet rund ums Bierzelt - vom Marktplatz bis zum Bahnhof und vom Grünzug bis zum Holzmarkt - ziemlich groß geworden ist, setzen die Sanitäter auch ihre zweirädrigen Flitzer mit Elektroantrieb ein. Die zwei Segways - Einzelpreis etwa 9000 Euro ("eine Spende") - machen 20 km/h. "So sind wir bei weiten Strecken schnell vor Ort."