Kulmbacher Ausbildung droht das Aus

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Im November wurde die Zukunft der Bundesforschung am Standort Kulmbach heiß diskutiert. Bei einem Pressegespräch legte der kommissarische Anstaltsleiter Fritz Johannes (rechts) damals dar, dass das neue Rahmenkonzept der Bundesforschung einen Ausbau der Wissenschaftlerstellen zu Lasten der Verwaltungskräfte vorsieht. Doch bislang werden ausscheidende Mitarbeiter nicht ersetzt und die Durchführung des 50. Lehrgangs für agrartechnische Assistenten scheitert an der prekären Personalsituation. Mi...
Im November wurde die Zukunft der Bundesforschung am Standort Kulmbach heiß diskutiert. Bei einem Pressegespräch legte der kommissarische Anstaltsleiter Fritz Johannes (rechts) damals dar, dass ...
Im November wurde die Zukunft der Bundesforschung am Standort Kulmbach heiß diskutiert. Bei einem Pressegespräch legte der kommissarische Anstaltsleiter Fritz Johannes (rechts) damals dar, dass das neue Rahmenkonzept der Bundesforschung einen Ausbau der Wissenschaftlerstellen zu Lasten der Verwaltungskräfte vorsieht. Doch bislang werden ausscheidende Mitarbeiter nicht ersetzt und die Durchführung des 50. Lehrgangs für agrartechnische Assistenten scheitert an der prekären Personalsituation. Mi...

Die Personalsituation an der BfEL in Kulmbach ist mittlerweile so kritisch, dass der 50. Ausbildungslehrgang für agrartechnische Assistenten nicht durchgeführt werden kann.

Die Ausbildung agrartechnischer Assistenten an der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel in Kulmbach steht vor dem Aus. Durch den schleichenden Stellenabbau ist die Personalsituation mittlerweile so prekär, dass die Forschungseinrichtung nicht mehr genügend Personal hat, um den Unterricht aufrecht zu erhalten. In diesem Jahr hätte der 50. Lehrgang beginnen sollen.

An Bewerbern um die Ausbildungsplätze gab es keinen Mangel. Unter ihnen war auch der Enkel des langjährigen Anstaltsleiters Professor Dr. Reiner Hamm. Dr. Hamm, der von 1950 bis 1985 an der Bundesanstalt tätig war, befürchtet, dass die Personalnot an der BfEL der Anfang vom Ende dieses bislang so erfolgreichen Ausbildungszweigs ist und hat sich in einem Schreiben an Bundestagsabgeordneten Karl Theodor zu Guttenberg (CSU) gewandt - mit der Bitte, sich für die Fortführung der Ausbildung und die Neubesetzung frei werdender Stellen stark zu machen.

"Ich gewinne immer mehr den Eindruck, dass das zuständige Ministerium durch Nichtbesetzung frei werdender Stellen den Standort Kulmbach lahm legen und schließlich ganz auflösen will. Dazu bedarf es nur weniger Jahre", schreibt Dr. Hamm an zu Guttenberg. Dass das Ministerium in den letzten Jahren in Kulmbach erhebliche Mittel für bauliche Veränderungen und aufwendige Geräte investiert habe, stehe in einem schwer verständlichen Gegensatz zu dieser Personalpolitik.

Ausbildung seit 1950
"Der Wegfall von zwölf qualifizierten Ausbildungsplätzen ist höchst bedauerlich, weil in der strukturschwachen Region Oberfranken Jugendliche erhebliche Schwierigkeiten haben, einen Ausbildungsplatz zu finden", so Dr. Hamm weiter. Seit 1950 bilde die Bundesanstalt Kräfte aus.

Dr. Hamm weist in seinem Schreiben an MdB zu Guttenberg darauf hin, dass die Absolventen in der Praxis sehr begehrt sind. Bis Mitte der Neunziger Jahre konnte sogar jährlich ein Lehrgang begonnen werden. "Danach konnte wegen der restriktiven Personalpolitik des Bundesministeriums nur noch alle zwei Jahre ein Lehrgang durchgeführt werden. Jetzt wird diese lange Ausbildungstradition unterbrochen, und es besteht die Gefahr, dass dies den endgültigen Abbruch bedeuten wird."

In den letzten Jahren seien Wissenschaftler-Stellen, die wegen Erreichens des Ruhestandes frei wurden, nicht wieder besetzt worden. "Im laufenden und kommenden Jahr werden weitere fünf Kräfte, die in der Ausbildung tätig waren, in den Ruhestand treten. Das Ministerium ist offenbar nicht gesonnen, diese Stellen wieder zu besetzen." Somit sei kein geordneter Unterrichtsbetrieb mehr möglich.

Diese Entwicklung sei nicht nur schlimm wegen der Vernichtung von qualifizierten Ausbildungsplätzen für junge Menschen, sondern auch im Hinblick auf das Schicksal des Standortes Kulmbach der BfEL. "Das wird zu einer solchen Lähmung des Forschungsbetriebes führen, dass dringende Aufgaben der Ressortforschung nicht mehr bewältigt werden können."

Dr. Hamm fürchtet weitere negative Konsequenzen für den Lebensmittelstandort Kulmbach. "Die Fleischforschung stellt einen integrierenden Teil des Lebensmittelzentrums dar. Daher wäre die Eliminierung dieser Forschung für die Region von großem Schaden."

Dr. Hamm bittet deshalb Karl Theodor zu Guttenberg, seinen Einfluss geltend zu machen, dass die demnächst frei werdenden Stellen umgehend wieder besetzt werden. "Ich möchte betonen, dass hierfür nicht die Beantragung neuer Stellen, sondern nur die Erhaltung vorhandener Stellen nötig wäre."

Guttenberg geht zum Minister
Er werde sich nach Kräften für die Fortsetzung der Ausbildung an der Bundesforschungsanstalt einsetzen und das Anliegen direkt an Landwirtschaftminister Horst Seehofer weitergeben, sagte Karl Theodor zu Guttenberg auf Nachfrage der Bayerischen Rundschau. "Das muss auf höchster Ebene behandelt werden." Es gelte zu prüfen, wie sich die Schule in das neue Strukturkonzept für die Ressortforschung eingliedern lässt.
Die Konzeption sehe eine Stärkung des Wissenschaftssektors an der BfEL vor, Einsparungen solle es nur in der Verwaltung geben. Zu Guttenberg: "Das ist unser stärkstes Argument."

Auch Landtagsabgeordneter Wolfgang Hoderlein (SPD) hat Post von einer besorgten Mutter bekommen, deren Tochter keine Chance auf die Ausbildung an der BfEL hat. Er möchte gemeinsam mit zu Guttenberg dafür kämpfen, den Ausbildungszweig zu erhalten. "Wer so etwas aufgibt, nimmt sich einen wichtigen Pfeiler für Wissenschaft und Lehre und schadet damit allen Initiativen für den Cluster Lebensmittel", sagte Hoderlein in einem Gespräch mit der BR.

Der Kulmbacher BfEL-Standortkoordinator Dr. Wolfgang Branscheid bestätigte auf Anfrage, dass die Durchführung des Kurses wegen Personalmangels in diesem Jahr nicht möglich ist. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die Forschungsanstalt selbst in Zukunft auf die Absolventen ihrer Ausbildungsstätte angewiesen ist, um ihren Bedarf an Fachkräften zu decken.

"Überzogen und unrealistisch"
Ministerialdirigent Fritz Johannes, kommissarischer Leiter der Bundesforschungsanstalt für Ernährung in Karlsruhe, beurteilt die Situation als schwierig. Er sei "bemüht, das Thema in Bonn anzusprechen", sagte er gestern Abend auf Nachfrage der Bayerischen Rundschau. Tatsächlich fordere das Ministerium alle seine Einrichtungen auf, Ausbildungsplätze anzubieten, "und dafür brauchen wir selbstverständlich den einen oder anderen Mitarbeiter". Fünf Neueinstellungen am Standort Kulmbach hält Johannes allerdings "für überzogen und damit für unrealistisch".

Auf welchen Personalbestand die Kulmbacher Bundesanstalt in Zukunft setzen kann, bleibt also weiterhin offen. Konkrete Zahlen, wann wie viele ausscheidende Mitarbeiter durch neue Kräfte ersetzt werden, sind derzeit nirgends zu bekommen. Momentan gibt es am Standort 79 Stellen, und eines scheint klar: Um jede einzelne Neueinstellung wird man kämpfen müssen.