Kugeln mit Sehnsuchtsfaktor

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Foto: Rolf Vennenbernd/dpa
Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Neulich, auf der Fahrt durch ein ziemlich kleines und ziemlich abgelegenes Dorf, sah ich an einer Scheunenwand einen Kaugummiautomaten hängen. Sie wissen schon: Diese roten Kästen, die es zu meiner Kinderzeit an allen Ecken und Enden gab.

Eine stetige Verlockung auf dem Weg zur Schule oder auch zum Kindergottesdienst. Dort kamen wir an vielen Sonntagen mit etwas Glück zwar an (unterwegs lockten Hecken, Gebüsche, alte Keller und die Plassenburg, wo es sich herrlich spielen ließ), das Zehnerla für den Klingelbeutel freilich hatten wir unterwegs geopfert. Immer war da die Hoffnung, aus einem dieser Automaten etwas ganz Besonderes herauszubekommen: Einen kleinen Ring zum Beispiel, oder ein winziges Plastikspielzeug von so minderer Qualität, dass jede Ü-Eier-Figur von heute im Vergleich dazu als Designer-Stück gelten kann.

Meist allerdings ergatterten wir weder Ring noch Spielzeug, sondern eine Kaugummi-Kugel. Große Risse in der bunten Zuckerhülle deuteten darauf hin, dass die Kugel schon etliche Zeit im Automaten gelegen haben musste.
Immerhin: Die Kugeln waren ziemlich groß, und wenn man sie erst einmal mit etlicher Mühe weichgekaut hatte, hatte man lange was davon.

Vermutlich haben wir uns als Kinder keine Gedanken darüber gemacht, wie viele Viren, Bakterien und Kleinstlebewesen wir zusammen mit den Kaugummikugeln aus dem Automaten geholt haben. Vielleicht habe ich die Tatsache, dass ich für Erkältungen, Magen-Darm-Infekte und ähnliche Ärgerlichkeiten wenig anfällig bin, jener frühkindlichen Immunisierung zu verdanken.

Schade, dass es die Kaugummiautomaten wohl nur noch in ziemlich kleinen und ziemlich abgelegenen Dörfern an irgendwelchen Scheunenwänden gibt.