Wie Hunderttausende im Bundesgebiet haben auch in Kulmbach viele der Gastronomiebranche den Rücken gekehrt. Eine 35-Jährige schildert, warum sie ihren Job als Servicekraft an den Nagel gehängt hat.
Das Gastgewerbe befindet sich in einer äußerst dramatischen Situation (siehe Seite 1). Zum gewaltigen Umsatzeinbruch gesellt sich ein weiteres, großes Problem: Bis Ende Februar ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den Betrieben im Bundesgebiet um 130 000 gesunken. Auch Hunderttausende Minijobber hat die Branche als Arbeitskräfte verloren. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) warnt vor drohenden Schließungen von Hotels und Gaststätten, weil die Corona-Pandemie den Personalmangel erheblich verschärft hat.
"Das Geld wurde schnell knapp"
Auch im Landkreis Kulmbach sind viele aus der Branche geflüchtet. Eine 35-jährige Kulmbacherin, die namentlich nicht genannt werden will, schildert unserer Zeitung, warum sie sich aus der Gastronomie verabschiedet hat. Über zweieinhalb Jahre war die Frau in einem Kulmbacher Wirtshaus beschäftigt, als auch sie Corona hart getroffen hat. Im März 2020 musste sie ihr Chef in Kurzarbeit schicken, in eine Zeit der Ungewissheit, in der die Mutter einer Tochter schnell in finanzielle Not geraten ist. "Schon nach drei Wochen ist mir Angst und Bange geworden", sagt die Frau, die Kurzarbeitergeld bezogen hat. Sie hat 67 Prozent ihres Festgehaltes erhalten. "Wenn man weiß, dass bei Servicekräften das Trinkgeld oft die Hälfte des monatlichen Entgeltes ausmacht, kann man erahnen, wie schnell das Geld knapp geworden ist. Das Kurzarbeitergeld hat kaum gereicht, um die Fixkosten zu bezahlen", teilt die 35-Jährige mit, die sich mit der Situation nicht abfinden konnte und schon nach wenigen Wochen Ausschau nach einem Job gehalten hat.
Jetzt in Bäckerei tätig
Den hat sie schnell gefunden. Die Kulmbacherin ist in eine Branche gewechselt, die die Pandemie nicht getroffen hat: Sie arbeitet heute in einer Bäckerei im Landkreis Bayreuth, in der sie ein geregeltes Einkommen bezieht. Dass sie dafür tagtäglich eine längere Anfahrt hat, nimmt sie gerne in Kauf, denn eines möchte sie nicht missen: Die Sicherheit, ohne staatliche Hilfe den Lebensunterhalt bestreiten zu können.
Die Unsicherheit
"Ich habe gerne als Bedienung gearbeitet, weil ich den Kontakt zu den Menschen ja liebe", sagt die Kulmbacherin, die gute Erinnerungen an ihre Zeit als Servicekraft hat, eines aber nicht mehr machen würde: "Vollzeit im Gastronomiegewerbe arbeiten." Warum? Weil sie gespürt habe, mit welchem Unwägbarkeiten man als Gastwirt wie auch als Mitarbeiter leben müsse. Man sei in der Pandemie ein Spielball der Politik gewesen, die Hotels und Restaurants in eine monatelange Zwangspause geschickt und dabei oft auch in eine Existenzkrise getrieben habe. Kaum ein anderes Gewerbe habe so unter der Pandemie gelitten. Wohin die Reise geht, wisse niemand. "Keiner kann heute ja sagen, ob noch einmal eine Zwangsschließung kommt." Die muss sie nicht mehr fürchten. Wie Hunderttausende, die dem Gastgewerbe den Rücken gekehrt und krisensichere Jobs gesucht haben.