Als erste Initiative im Landkreis Kulmbach ermöglichen Ärzte, ein Sportverein und ein Therapiezentrum Patienten in Ludwigschorgast Fitnesstraining statt Pillen. Maria Luise Rasch vom Ärztlichen Kreisverband hofft, dass das Schule macht.
Aus Bewegungsmuffeln aktive Menschen mit Freude am Sport zu machen - das ist das Ziel der Initiative "Rezept für Bewegung" der Landesärztekammer, des Sportärzteverbands und des Landessportverbands. Sport statt Pillen? Dieses Konzept gefiel der Allgemeinärztin Maria Luise Rasch vom ersten Moment an. Die Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbands Kulmbach machte sich bereits vor mehr als einem Jahr auf die Suche nach Verbündeten in der Ärzteschaft und Partnern bei den Sportvereinen. Sogar eine große Informationsveranstaltung für alle Sportvereine wurde im Juni vergangenen Jahres organisiert.
Verschreiben allein reicht nicht
Etliche Vereine zeigten damals Interesse, scheuten aber den mit dem für die Anbieter notwendigen Gütesiegel verbundenen Aufwand. Umso mehr freut sich Rasch, dass nun das erste Angebot angelaufen ist.
Der FC Ludwigschorgast hat sich mit dem Therapiezentrum Marlok zusammengetan, um gemeinsam etwas für die Gesundheitsvorsorge zu tun.
"Ich finde es wichtig, dass sich die Leute mehr bewegen und damit auch aktiv Krankheiten vorbeugen", sagt FC-Vorsitzender Christian Diller. "Möglichst viele Menschen sollten die Möglichkeit bekommen, das Rezept auf Bewegung für sich zu nutzen. Aber es reicht ja nicht, wenn es der Arzt verschreibt. Der Patient muss auch die Möglichkeit haben, sein Rezept irgendwo einzulösen." Diller findet es schade, dass nicht längst viel mehr Vereine dieses Angebot möglich machen. "Da muss tatsächlich ein kleiner Verein wie Ludwigschorgast vorangehen, um andere zu motivieren und um zu zeigen, dass es durchaus möglich ist, so etwas auf die Beine zu stellen."
Freilich hätte der FC das Angebot nicht allein stemmen können, sagt der Vorsitzende. "Wir sind dankbar für die Kooperation mit dem Therapiezentrum Marlok, das alle nötigen Voraussetzungen geschaffen hat."
Reinhold Marlok hatte in der Bayerischen Rundschau gelesen, wie schwierig es ist, das "Rezept für Bewegung" im Landkreis zu etablieren. "Ich finde, das ist eine sehr gute Idee, und da wir selbst schon lange Präventionskurse anbieten und geschultes Personal zur Verfügung haben, konnten wir das mit überschaubarem Aufwand umsetzen."
Die Hürden sind hoch
Tatsächlich sind die Hürden für einen Verein ohne Partner hoch: Jeder Kurs, für den die Krankenkassen bezahlen sollen, muss das Qualitätssiegel "Sport pro Gesundheit" tragen, um einen einheitlichen Qualitätsstandard zu gewährleisten. Das Siegel gibt es nur, wenn ein spezielles Bewegungsangebot für einen der Schwerpunkte Herz-Kreislauf, Muskel-Skelett-System, Entspannung-Stressbewältigung oder Koordination und motorische Förderung angeboten wird und der Kursleiter den Übungsleiterschein B "Sport in der Prävention" oder eine höherwertige Ausbildung vorweisen kann. Während es in Hof und in Bayreuth längst Angebote gibt, war Kulmbach bislang ein weißer Fleck auf der Kurs-Landkarte.
"Toll, dass wir diese Lücke jetzt schließen können", sagt Maria Luise Rasch, die selbst schon etwa zehn Rezepte ausgestellt hat. Auch eine Kollegin hat sich der Idee inzwischen angeschlossen. "Ich hoffe, dass das gute Beispiel aus Ludwigschorgast als Vorbild wirkt und mehr Ärzte und Vereine mitmachen."
Patienten, die das Angebot nutzen möchten, müssen nicht auf den Vorschlag ihres Arztes warten, sondern können ihn bitten, ihm bei entsprechenden Beschwerden oder Risikofaktoren ein Rezept auszustellen, so Maria Luise Rasch: "Die Verordnung belastet das Budget des Arztes nicht." FC-Vorsitzender Diller wird selbst mit gutem Beispiel vorangehen: "Ich werde meinen Arzt ansprechen."
Die Präventionskurse bereits ausprobiert hat Maria Kienzle. Die 52-Jährige aus Ludwigschorgast will sich gerne fit halten und absolviert schon zum zweiten Mal einen Kurs auf eigene Kosten. "Das hält beweglich und macht obendrein viel Spaß." Auch Petra Kuhlmey (59) findet es wichtig, sich fit zu halten: "Die meisten Leute sitzen zu viel rum. Man muss sich einfach aufraffen, etwas zu tun."
Das zahlen die Kassen
Verordnung Das "Rezept für Bewegung" kann jeder Arzt ausstellen. Verordnet werden kann Training mit Schwerpunkt Herz-Kreislauf, Muskel-Skelettsystem, Entspannung/Stressbewältigung und Koordination/motorische Förderung.
So geht's Der Patient löst sein Rezept für zehn Trainingseinheiten beim Kursanbieter ein und erhält eine Bestätigung der Teilnahme. Diese kann er bei der Krankenkasse einreichen, die die Gebühren komplett oder zu 80 Prozent übernimmt.