Wie erzieht man einen Hund? Hans Ruckdeschel trainiert in Fohlenhof nach der Devise: Zuneigung statt Angst. Von TV-Hundeprofis hält er wenig.
Seit mittlerweile 20 Jahren leitet Hans Ruckdeschel in Fohlenhof seine eigene Hundeschule. Warum er früher Angst vor Hunde hatte, wie er sich verantwortungsvolle Erziehung vorstellt und wieso er die Methoden von Cesar Milan & Co. skeptisch beäugt, erzählt er im Interview.
Hans Ruckdeschel und Hunde - das scheint eine lebenslange Symbiose zu sein.
Ehrlich gesagt, hatte ich ursprünglich eher Probleme mit Hunden. Ich bin als Kind mal vom Hund meiner Großeltern gezwickt worden und hatte großen Respekt vor diesen Tieren. Geändert hat sich das, als meine Frau - wir waren frisch verheiratet - den Wunsch nach einem Hund geäußert hat. Also haben wir uns einen belgischen Schäferhund angeschafft. Wäre das nicht gewesen, ich hätte womöglich bis heute nichts mit Hunden am Hut. So kam schließlich der Kontakt zu einer Züchterin in der Schweiz zustande, die Rettungshunde ausbildete. Das habe ich dann auch gemacht. Das war der Beginn.
Deswegen macht man aber nicht gleich eine eigene Hundeschule auf. Wie kam es denn dazu?
Besagte Züchterin, die auch Hundetrainerin ist, suchte vor 20 Jahren für Seminare ein größeres Gelände - und just zu dem Zeitpunkt wurde der Fohlenhof versteigert. Den habe ich dann erworben, damals habe ich mich sozusagen selbstständig gemacht und die Hundeschule eröffnet.
Hundeschulen boomen - und zwar vor allem die virtuellen, also die im Internet und im Fernsehen. Jeder zweite TV-Sender hält sich einen Hunde-Profi und Vier-Pfoten-Spezialisten. Ihre Meinung dazu?
Ich sehe das mit gemischten Gefühlen. Natürlich kann man sich Tipps holen, das Problem ist eher: Jeder Hund ist ein Individuum. Ich halte es für fragwürdig, irgendwelche Lehrmeinungen allgemeingültig über die gesamte Spezies stülpen zu wollen. Als Trainer brauche ich immer das Original vor mir - und zwar nicht nur den Hund, sondern vor allem den Mensch dazu. Was da bisweilen via Fernsehen geraten wird, ist oft höchstens das Herumdoktern an Symptomen.
Ein Klassiker: Der eigene Hund an der Leine bellt andere Hunde und Menschen an; also wird das Bellen abgestellt, zur Not sogar, indem der Hund plötzlich mit Wasser vollgespritzt wird. Mal abgesehen davon, dass das einen absoluten Schreckreiz für den Hund darstellt und zu einem herben Vertrauensverlust in Herrchen oder Frauchen führen kann, wird die Ursache für das Bellen an der Leine damit ja weder beachtet noch abgestellt. Ein solches Verhalten ist typisch für einen Hund, der unsicher ist, womöglich sehr unter Stress steht. Diese Unsicherheit müsste prinzipiell angegangen werden, dann ließen sich auch unliebsame Nebenerscheinungen von vornherein vermeiden. Oft aber reicht den Leuten, wenn ein Fehlverhalten nicht mehr stattfindet - aber zur Hundereziehung gehört eben mehr.
Als Heiland der Hundeerziehung gilt Cesar Milan mit einer weltweiten Fangemeinde.
Ihn finde ich bisweilen wirklich grenzwertig, weil er über den Schmerzbereich arbeitet. Wenn einer seiner Hunde etwa beim Leine-Gehen ein Fehlverhalten zeigt, werden ihm dünne Nylonoder Lederschnüre vom Hals über die Ohren gezogen und dann daran gezerrt, was unmittelbar auf die Nervenbahnen des Tieres drückt. So ein Hund kuscht natürlich, aber das hat mit Erziehung nichts zu tun. Das mag nach außen hin erfolgreich wirken, der Effekt mag der gewünschte sein - aber in meinen Augen ist das übel, weil es auf Schmerz und Angst aufbaut und nicht auf der existenziellen Zuneigung zwischen Mensch und Tier.
Wenn Sie draußen unterwegs sind, begegnen Ihnen fremde Hunde - Sie haben einen anderen Blick drauf. Wie viele Hunde sind nach Ihrem Dafürhalten so erzogen, dass sie auch in Ausnahmesituationen keine Gefahr für Artgenossen oder Menschen darstellen?