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"Schreckgespenst Höcke": Guttenberg wird bei Podcast über Wahl im Osten deutlich


Autor: Isabel Schaffner

Kulmbach, Mittwoch, 04. Sept. 2024

Der CSU-Politiker Karl-Theodor zu Guttenberg hat sich in einer Podcastfolge namens "Die Landtagswahlen im Osten - was ist da los?" mit Gregor Gysi (Linke) ausgetauscht. Dabei findet er klare Worte für Björn Höcke (AfD).
Karl-Theodor zu Guttenberg grenzt sich gegen die Rhetorik von Björn Höcke ab und staunt über den Zuspruch aus der Bevölkerung.


Jeden Mittwoch treffen sich der 76-jährige Linken-Politiker Gregor Gysi und der ehemalige Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (52) von der CSU zu ihrem Podcast "Gysi gegen Guttenberg". Sie tauschen sich über große Lebensfragen aus oder teilen ihre gesellschaftlichen und politischen Beobachtungen. Zu Guttenberg hat aufgrund seiner Familiengeschichte eine starke Verbindung zum Landkreis Kulmbach in Oberfranken, da hier die Plassenburg als Sitz seines Adelsgeschlechts liegt. Am letzten Augustmittwoch ging anlässlich der angestandenen Landtagswahlen in den nicht weit entfernten Bundesländern Thüringen und Sachsen die Folge "Die Landtagswahlen im Osten - was ist da los?" online.

In beiden Bundesländern erhielt die AfD am Sonntag (1. September 2024) über 30 Prozent der Stimmen. Viele Politiker äußersten sich im Nachgang bestürzt. So sei in den Worten Markus Söders (CSU) das "Unvorstellbare demokratische Realität geworden". In ihrem Podcast kommen Gysi und zu Guttenberg auf den Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke zu sprechen. 

"Erstaunlich": Zu Guttenberg und Gysi über Björn Höcke und Demokratie-Verdruss im Osten

"Ich hoffe, dass Bodo Ramelow Ministerpräsident bleibt", sagt Gysi über seinen Thüringer Parteifreund. "Es wird wahrscheinlich unglaublich schwierig, mit dem [...] Schreckgespenst Höcke [...] nach dem Wochenende eine Konstellation zu finden, die man stabil nennen kann", wirft zu Guttenberg daraufhin in den Raum. "Ja, das wird schwierig", entgegnet Gysi. Ramelow wurde letztlich als Ministerpräsident abgewählt, wie die TAZ zusammenfasst. Die Linke habe zwei Drittel ihrer Mandate verloren und auf Platz 4 gelandet. Gysi zitiert zudem einen Satz von Höcke, der für ihn wie "reines Nazideutsch" klinge:

"Es muss keine Umverteilung von oben nach unten geben, sondern von nicht-deutsch zu deutsch", laute dieser. "Das ist sowas von absurd und ich weiß auch gar nicht, welchen Nicht-Deutschen er wie wo wegnehmen will, um das den Deutschen zu geben. Es ist ein schlimmer Satz, er ist wirklich ein schlimmer Typ." Zu Guttenberg fügt hinzu: "Einer der vielen schlimmen Sätze und trotzdem ist es erstaunlich, wie viel Zulauf er hat." 

Auch die ablehnende Haltung vieler Ostdeutscher gegenüber der Demokratie ist im Podcast Thema. Zu Guttenberg zitiert aktuelle Studienergebnisse des Instituts für Demoskopie Allensbach. Menschen sei die Frage gestellt worden, ob die Demokratie ein Problemlöser in der Bundesrepublik sein kann. 55 Prozent der Westdeutschen hätten dem zugestimmt, jedoch nur 27 Prozent der Ostdeutschen. "Ich finde, das sind bemerkenswerte Zahlen."

Ex-Politiker mit Kulmbacher Heimat spricht Fehlverhalten von Kollegen an - "laut herausposaunt"

Das gelte in seinen Augen auch für die Frage, ob die Demokratie Deutschlands die beste Staatsform ist, oder ob es eine andere, bessere gibt. "Vor 33 Jahren haben in Westdeutschland diese Frage zu 80 Prozent mit Ja beantwortet und zu 31 Prozent der Ostdeutschen. Heute sind es 74 gegenüber 38 Prozent." Immer noch eine äußerst niedrige Quote im Osten, findet der Ex-CSUler.

Auf diversen Ebenen gebe es noch Unterschiede zwischen Ost und West, kommt im Podcast durch. Immer noch geltende ungleiche Löhne findet Gysi etwa untragbar. Unzufriedenheit in der Bevölkerung löse etwa auch die Kommunikation mancher Politiker aus. Laut Gysi komme die Mitte der Gesellschaft immer mehr in Bedrängnis und müsse gestärkt werden. Zu Guttenberg sagt hierzu: "Der Fokus auf die Mitte wird immer wieder in Sonntagsreden laut herausposaunt und am Ende bleiben immer nur Koalitionsstreite im Eindruck hängen."

Das bestärke bei den Menschen ein Gefühl, "dass das Fortkommen einer politischen Karriere manchmal wichtiger erscheint, als das Fortkommen der Menschen, die das Land in irgendeiner Form zusammenhalten". inFranken.de hat die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen in einem Ticker begleitet, in dem du weitere Reaktionen findest. Die Thüringer Grünen-Spitzenkandidatin Madeleine Henfling ergriff nach der Wahl das Wort und musste ihre Rede jedoch nach wenigen Sätzen unter Tränen unterbrechen