Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

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Speed-Dating mit (von links) Heike Söllner, Dagmar Keis-Lechner und stellvertretender Landrätin Christina Flauder. Fotos: Sonny Adam
Speed-Dating mit (von links) Heike Söllner, Dagmar Keis-Lechner und stellvertretender Landrätin Christina Flauder. Fotos: Sonny Adam
 
 
 
 
 
 

Faire Bezahlung für beide Geschlechter: Im Alpha-Café in Kulmbach fand ein Netzwerktreffen für Frauen statt. Im Mittelpunkt stand ein Speed-Dating.

Die Gleichstellungsbeauftragte der Landratsamtes Kulmbach, Heike Söllner, schlägt den Gong. Das Speed-Dating unter Frauen im Alpha-Café in Kulmbach kann beginnnen. Sie selbst setzt sich an den Tisch, wo Ingrid Wagner schon Platz genommen hat. Ingrid Wagner ist beim Mehrgenerationenhaus in Mainleus. "Ich versuche, Frauen zu helfen, indem ich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessere. Wir sind für Frauen, die wieder im Beruf einsteigen möchten, da."

Persönlich hält sie es für einen kleinen Skandal, dass Frauen immer noch mehr als doppelt so viel Zeit für Familie und Pflege aufbringen als Männer. "Wir versuchen Strukturen aufzubauen, um auch Randzeitenbetreuung zu ermöglichen."


Engagierte Teilnehmerinnen

Viele Frauen, die sich in Stadt und Landkreis Kulmbach engagieren, kamen zum "Equal Pay Day", auch die stellvertretende Landrätin Christina Flauder, Dagmar Keis-Lechner von den Grünen und Brigitte Soziaghi von der CSU. "Ich bin schon einige Jahre beim Netzwerk dabei und ich erhoffe mir einfach Kontakte mit anderen engagierten Frauen", sagt Brigitte Soziaghi.

Sie sitzt mit Heilpraktikerin Doris Hartwig an einem Tisch. Hartwig engagiert sich in Thurnau, ist in der Flüchtlingshilfe tätig. "Wir haben mit den Flüchtlingen so viele Formulare ausgefüllt. Auch Sprachunterricht haben ehrenamtliche geleistet, um die Integration voran zu bringen. Ich finde solch ein Treffen wichtig, um mit anderen Frauen, die sich engagieren, Strukturen aufzubauen, um sich auszutauschen."

Schon ertönt der Gong: Tischwechsel. Die Frauen wechseln die Sitzplätze, schreiben Visitenkarten, tauschen sich mit neuen Gesprächspartnern aus. Beim Netzwerktreffen, das von der Gleichstellungsstelle des Landratsamtes Kulmbach, von der Beratungsstelle für Arbeitslose in Kulmbach, vom Mehrgenerationenhaus in Mainleus und vom VdK Kreisverband Kulmbach in diesem Jahr bereits zum zehnten Mal initiiert worden ist, sind Frauen aller Altersgruppen mit von der Partie, aller Berufsgruppen, auch selbstständige Unternehmerinnen.

Brigitte Kellner vom VdK erzählt von ihrem Beruf als Verkäuferin. Sie hat dann ihrem Mann, der Freiberufler war, geholfen, hatte drei Kinder. Und wegen einer Operation, die schief ging, ist sie schon mit 38 Jahren in Rente. Brigitte Kellner erzählt, dass sie noch Glück hatte, weil sie noch unter die alten Vertragsbedingungen fiel. Doch allein von ihrer Rente könnte sie sicher nicht leben - und wäre damit wohl ein Parade-Beispiel für alle Frauen, die der Familie wegen die eigene Karriere hinten angestellt haben.


Aspekt der Karriereplanung

"Netzwerken ist für das berufliche Fortkommen ein wichtiger Aspekt für die Karriereplanung. Menschen, die über vielfältige berufliche Kontakte verfügen, sind vielfältiger als andere", betonte Agathe Wachter von der Beratungsstelle für Arbeitslose in Kulmbach. "Für Männer ist es viel selbstverständlicher, ein Netzwerk aufzubauen und beruflich zu nutzen. Aber uns Frauen fehlt neben Beruf und Familie zur Netzwerkpflege einfach manchmal die Zeit", bekundete Heike Söllner.

Natürlich wurden beim Speed-Dating und beim gemeinsamen Frühstück im Alpha-Café auch die roten "Equal Pay"-Taschen verteilt. Wie in jedem Jahr. Die roten Taschen sollen eine Zeichen setzen, Aufmerksamkeit erregen, das Thema in die Öffentlichkeit tragen.

Der "Equal Pay Day" möchte die noch immer vorhandenen Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen öffentlich anprangern. Frauen arbeiten häufiger Teilzeit, typische Frauenberufe sind auch im 21. Jahrhundert noch immer schlechter bezahlt. De facto beträgt die geschlechtsspezifische Lohnlücke in Deutschland 21 Prozent. Das bedeutet: Frauen arbeiten 77 Tage umsonst - im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen. Übrigens ist die Lohnlücke nur in Tschechien und Estland noch deutlicher ausgeprägt als in Deutschland.

Für die Lohnlücke sind zu 80 Prozent strukturelle Faktoren ausschlaggebend, wie heike Söllner erklärte. Aber auch nach Abzug dieser Faktoren bleibt noch eine Lücke von fünf bis sechs Prozent. "Immer noch zu viel."
Ursache für die Entgeltunterschiede sei, dass Frauen in bestimmten Berufen, in gut bezahlten Branchen und in Führungspositionen noch immer fehlten. Zudem brechen Frauen ihre Berufstätigkeit aus familiären Gründen häufiger ab. Auch bei den Renten wird diese "Ungerechtigkeit" deutlich. "Altersarmut ist weiblich", prangerte Söllner an.

In den vergangenen Jahren habe die Kampagne bereits wichtige Signale gesetzt. Das Kulmbacher Netzwerk hofft, dass das gemeinsame Frühstück mit Speed-Dating einen wertvollen Beitrag dazu leistet, dass Frauen sich besser vernetzen.

Nicola Probst und Agathe Wachter hatten für das Treffen eigene Lieder einstudiert. Christina Flauder sprach im Namen des Landkreises ein Grußwort und konnte das Engagement der Frauen nur unterschreiben. "Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du", erinnerte Flauder an ein Zitat von Mahatma Gandhi. "Das war zwar ein Mann, aber das trifft den Kern."