Anders sieht das Wilhelmine Denk, eine der Sprecherinnen der Bürgerinitiative und Vorsitzende der Ortsgruppe Himmelkron im Bund Naturschutz. Werde das neue Gewerbegebiet realisiert, verschwänden 240 000 Quadratmeter landwirtschaftlicher Fläche unter Beton und Asphalt. "Ist das die Zukunft?" Himmelkron habe Handel, Dienstleistungen und Gaststätten. Das Verkehrsaufkommen habe die Kapazitätsgrenzen erreicht.
Werde die Planung umgesetzt, werde das Flächenfraß und Artenschwund zur Folge haben. Ziel müsse aber vielmehr Nachhaltigkeit und schonender Umgang mit den Ressourcen sein, so Denk. "Wir müssen endlich umdenken."
Man wolle keinem Unternehmer den Weg verbauen, sagte sie. Aber dieses Vorhaben sei für Himmelkron "eine Nummer zu groß".
Die Ansichten sind in Himmelkron geteilt. Zu den Befürwortern der Erweiterung des Gewerbegebietes zählt Hermann Eckert. Er kritisierte den Vorschlag der Bürgerinitiative, Unternehmen doch verteilt auf noch vorhandenen erschlossenen Flächen anzusiedeln. Das werde die Verkehrssituation nicht verbessern, sondern vielmehr den Lkw-Verkehr in die Fläche verlagern.
Für Anette Dietrich-Lachance ist das Argument, hier würde wertvolle landwirtschaftliche Fläche vernichtet, nicht überzeugend: "Hier fahren täglich 80 000 Autos vorbei. "Ich möchte von diesem Acker keine Kartoffeln essen und keine Milch trinken von Tieren, die dort grasen müssen."
Auch Jenny Schill zeigte sich als klare Befürworterin der Erweiterung des Gewerbegebietes. Junge Leute wollten in ihrem Heimatort arbeiten und nicht in die Städte pendeln, so die 17-Jährige. "Wir wollen hier eine Zukunft." Ähnlich äußerte sich später Marco Müller.
Michael Kortmann ist ebenfalls ein Befürworter des Ausbaus. Gewerbeansiedlung sei nötig, "damit wir in Himmelkron eine Zukunft haben." So sieht das auch Reiner Bär, der die aktuelle Verkehrssituation im Bereich der Autobahn-Anschlussstelle als unzureichend bezeichnet. "Wenn das mit einem neuen Gewerbegebiet besser wird, bin ich dafür."
Wolfgang Aßmann machte deutlich, dass er prinzipiell ein Verfechter des Gewerbegebietes sei. Er gab allerdings auch zu bedenken, dass es noch bis zu zwei Jahren dauern könne, bis die Erschließung abgeschlossen sei. "Kein Investor wird da vorher Geld in die Hand nehmen. Wir sollten das Gebiet erst einmal entwickeln und dann weiter diskutieren. Machen wir es nicht, machen es andere Gemeinden."
"Frau Denk, was haben Sie gegen Himmelkron?" fragte Manfred Friedrich, der daran erinnerte, dass man stolz gewesen sei, als Himmelkron zum Mittelzentrum geworden sei. "Und nun wird's boykottiert. Wollt Ihr so enden wie Presseck oder das Fichtelgebirge?"
"Wir brauchen das Gewerbegebiet. Ein Stillstand wäre ein Rückschritt für unsere Gemeinde", betonte auch der frühere zweite Bürgermeister Hans Günther Naefken. "Wenn wir das Gewerbegebiet ablehnen, nimmt der Verkehr zu, weil die Unternehmen sich dann in der näheren Umgebung ansiedeln."
Derzeit würden würden nur 1,04 Prozent des Gemeindegebietes als Gewerbegebiet genutzt, so Naefken. Auch nach der Realisierung der Pläne seien es nur 3,4 Prozent. Unternehmer Andreas Woller, der berichtete, dass er seit vier Jahren vergeblich nach einer Fläche für eine Betriebserweiterung suche, betonte schließlich, in der Region zu Leben sei auch trotz Gewerbeansiedlungen im Vergleich zu Ballungszentren wie München "Luxus".
Aber auch die Gegner der Gewerbeflächen nördlich der Bundesstraße 303 meldeten sich zahlreich zu Wort. So vermisste Dieter Hornfeck, einer der Sprecher der Bürgerinitiative gegen das Gewerbegebiet, in der bisherigen Diskussion die Stellungnahme des Straßenbauamtes. In der Diskussion werde viel mit Begriffen wie "Zukunft" oder "Fortschritt" gearbeitet. "Was muss man sich darunter vorstellen?" Er habe, so Hornfeck, das Gefühl, dass man mit der Zustimmung zum Ratsbegehren die Katze im Sack kaufe, weil es noch keine detaillierten Informationen gebe.
Als entschiedener Gegner gab sich Hans Spiller, Landwirt aus Kremitz, zu erkennen.
"Mein Anliegen ist es, die Natur zu erhalten. Die Natur ist doch unsere Lebensgrundlage", sagte er. Wenn künftig in der Landwirtschaft nachhaltig produziert werden solle, werde man mehr Flächen brauchen - auch die an der B 303. Arbeitsplätze seien wichtig, aber ein Unternehmen könne von heute auf morgen schließen oder seinen Standort verlagern. "Wenn aber die Natur erst einmal zerstört ist, kann man das nicht mehr rückgängig machen."
Hartmut Geißler äußerte Bedenken hinsichtlich der Entwässerung: Wenn weitere Flächen versiegelt würden, gelange das Oberflächenwasser schneller in den Geiersbach und in den Langen Graben, was ein höheres Hochwasser-Risiko zur Folge habe - Bedenken, die auch Lydia Schoberth teilt.
Klaus-Dieter Schoberth ("Meine Familie lebt in der 14. Generation in Himmelkron.") betonte, er hätte mit einem Gewerbegebiet kein Problem, wenn es so etwas in der Gemeinde noch nicht gäbe. Himmelkron aber habe Arbeitsplätze sowohl für Fachkräfte als auch für ungelernte Kräfte. "Aus welcher Not heraus tun wir uns das an?"
Der Abend bot - trotz der Abwesenheit des Investors - auch Gelegenheit zu nachfragen. So wurden mehrfach Bedenken laut, dass sich die Gemeinde abhängig von einem Investor mache, wenn sie die Erschließung aus der Hand gebe. Bürgermeister Gerhard Schneider erläuterte dazu, dass Himmelkron die Erschließung aus eigener Kraft nicht werde stemmen können, dass man aber als Gemeinde die Planungshoheit habe und durchaus genaue Vorgaben machen könne. Man stelle sich vor, auf mindestens 60 Prozent der erschlossenen Fläche Handel, Handwerk und produzierendes Gewerbe anzusiedeln. Die Gemeinde werden auch den Kreisverkehr an der Autobahn-Auffahrt weiterhin ins Gespräch bringen mit dem Ziel, die Verkehrssituation zu entschärfen.
Wie geht es weiter?
Im April wird der Bayerische Verkehrsminister Hans Reichhart in Himmelkron sein, um sich selbst ein Bild von der Situation zu machen.
Am Mittwoch, 10. April, lädt die Bayerische Rundschau zu einer Podiumsdiskussion zum Thema ein. Beginn ist um 19 Uhr im Gasthaus Opel
Am 26. Mai, dem Tag der Europa-Wahl, sind die Himmelkroner aufgerufen, in zwei Bürgerentscheiden ihr Votum abzugeben. Es geht um das Ratsbegehren "Zukunft erfolgreich gestalten" (für ein Vorantreiben der Planung) und um das Bürgerbegehren "Für den Erhalt der Himmelkroner Kulturlandschaft" (für einen Planungsstopp).