Gestern kam der Abriss-Bagger

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Nach einer Viertelstunde ist das Anwesen schon verwüstet. Fotos: Jürgen Gärtner
Nach einer Viertelstunde ist das Anwesen schon verwüstet.  Fotos: Jürgen Gärtner
Frustriert muss Ingeborg Hugel mit ansehen, wie das Gebäude leergeräumt wird.
Frustriert muss Ingeborg Hugel mit ansehen, wie das Gebäude leergeräumt wird.
 

Nach jahrelangem juristischen Tauziehen um das Gebäude in Ebersbach ist Schluss: Das Anwesen am Ortsrand wird am Nachmittag dem Erdboden gleich gemacht.

Nein, das wollen sich Ingeborg und Hermann Hugel nicht mit Ansehen: "Wir gehen einen Cappuccino trinken", sagen sie, kurz bevor sich die Abriss-Kolonne an ihrer zum Wohnhaus umgebauten Scheune in Ebersbach ans Werk macht. "Wir sind maßlos vom Staat enttäuscht. An uns wurde ein Exempel statuiert", erklärt Hermann Hugel kopfschüttelnd.

Es ist 14.30 Uhr, als Jurist Jürgen Meins vom Landratsamt den Bauarbeitern grünes Licht gibt. Damit ist der Startschuss für den Abriss des Gebäudes am Ortsrand von Ebersbach gefallen und der Schlussstrich unter einem sieben Jahre dauernden Rechtsstreit zwischen dem Ehepaar und dem Landratsamt gezogen (die BR berichtete mehrfach). Doch das erleben Hermann und Ingeborg Hugel nicht mehr mit. Sie sind da schon von ihrem Grundstück verschwunden.

Sie gehen leise, ohne Diskussion. "Die Polizei ist da. Wenn wir jetzt ausflippen, sitzen wir in der Klappsmühle.
Die Freude machen wir dem Staat nicht", sind die letzten Worte von Ingeborg Hugel, ehe sie mit ihrem Mann langsam die Einfahrt von ihrem Grundstück hinabgeht.

Bis zuletzt hatte das Ehepaar gehofft, die Abrissbagger doch stoppen zu können. Noch am Vormittag hatte es beim Verwaltungsgericht den Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung gestellt. Vergeblich. "Das Verwaltungsgericht hat erfreulich schnell entschieden und den Antrag um 13.30 Uhr zurückgewiesen", wird Jürgen Meins vom Landratsamt später sagen.

Der Abriss ist schon der zweite schwere Schlag im Leben des Ehepaars, das einst die weithin bekannte Gaststätte "Röhrleinshof" in der Gemeinde Trebgast betrieb.

Nach der Insolvenz planten sie den Neustart mit einer Pferdepension in Ebersbach. Doch von Anfang an wurden ihnen Knüppel zwischen die Beine geworfen, sagen sie. Von der Bauabteilung des Landratsamts, vom Landwirtschaftsamt. Vor allem ein Dokument des Landwirtschaftsamts machte ihnen zu schaffen. "Das war plötzlich da, und es stand drin, dass wir keine Bauern sind."

Und dieses Schriftstück ("erstunken und erlogen") habe ihnen letztlich das Genick gebrochen. Denn dann, so glauben sie, hätte es keine Probleme gegeben. Die Rechtssprechung sieht vor, dass "im Außenbereich nur derjenige wohnen darf, der eine Landwirtschaft betreibt." Um die Anerkennung als Landwirte haben sie gekämpft, um ein neues Gutachten gerungen. Ohne Erfolg.

Rund 12 000 Euro hat das Ehepaar in den Innenausbau investiert, den Neuwert der Scheune schätzt Ingeborg Hugel auf 60 000 bis 80 000 Euro. "Wir haben nie etwas an der Grundfläche geändert, die Scheune steht so schon seit 20 Jahren", erklärt Ingeborg Hugel.

Doch sie müssen nicht nur den Verlust ihres Zuhauses verkraften, sie müssen ihn auch noch bezahlen: 10 000 Euro für den Abbruch und 3000 Euro für die Räumung, schätzt die 63-Jährige. Das ist Geld, das fürs Alter gedacht war, so Ingeborg Hugel, die gar nicht fassen kann, dass es soweit gekommen ist. "Ich habe immer gedacht, Gott lässt diesen Kelch an uns vorüber ziehen."

Wie es jetzt weitergeht, weiß das Ehepaar nicht. Wahrscheinlich im September ziehen sie in eine Mietswohnung in Ebersbach. Bis dahin schlafen sie im Zelt. Neben ihrem abgerissenen Zuhause ...



Das sagt das Landratsamt:


Jurist Jürgen Meins vom Landrats ist gestern beim Abriss des Anwesens Hugel dabei. Mit ernster Miene gibt er den Startschuss für die Maßnahme. "Das macht keinen Spaß, aber in einem Rechtsstaat muss man sich an die Gesetze halten", so der Jurist, der darauf verweist, dass alle Versuche einer einvernehmlichen Einigung erfolglos blieben.

In einer Pressemitteilung bezog das Landratsamt zusätzlich Stellung zum Fall Hugel. In dem Schreiben stellt die Behörde klar, dass das Gebäude auf einem Grundstück im Außenbereich rechtswidrig errichtet wurde. Die Arbeiten seien - trotz mehrfacher Einstellung und Versiegelung der Baustelle durch das Landratsamt - von dem Ehepaar immer wieder fortgesetzt worden.

Das Verwaltungsgericht Bayreuth habe die Klage der Eheleute abgewiesen und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München die Berufung gegen das Urteil nicht zugelassen. Damit wurde die Beseitigungsanordnung rechtskräftig. Der Bayerische Landtag sei mit mehreren Petitionen in der Sache befasst gewesen, die ebenfalls zurückgewiesen wurden. Das hätte die Rechtsauffassung und das Vorgehen des Landratsamtes Kulmbach bestätigt, schreibt die Behörde.

Die Tatsache, dass trotz offensichtlicher Unzulässigkeit in massivster Weise ungenehmigte Bauarbeiten fortgeführt wurden, habe in der Öffentlichkeit zu erheblichen Irritationen geführt und könne nicht länger hingenommen werden, so das Amt. In der Bevölkerung bestehe kein Verständnis, dass sich jemand so über Gesetze hinwegsetze.