Im Förderzentrum in Kulmbach ist das Miteinander von behinderten und nicht behinderten Kindern schon lang gelebter Alltag. Und es hat sich bewährt.
Noch eine ganze Weile nach der Vorlesestunde leuchten Celinas Augen: "Das hat mir gefallen", sagt das Mädchen ein ums andere Mal. Auch Ceki, Niklas, Chantal und die anderen Kinder, die den Nachmittag im Förderzentrum verbringen, strahlen: Eine gemütliche Vorlesestunde mit Kakao - das gibt es nicht alle Tage. Möglich gemacht haben das Erlebnis die Damen vom Kulmbacher Ladies' Circle, die ihre Bücherspende nicht einfach nur als Paket abgeben wollten.
Alle unter einem Dach Für Friederike Ködel und Peter Reuschlein von der Leitung des Förderzentrums sind solche Aktionen wichtig: Ihre Schützlinge sollen teilhaben an allem, was eine Kindheit ausmacht - ungeachtet ihrer geistigen Behinderung oder ihrer Entwicklungsverzögerung. "Inklusion" heißt das Stichwort, das seit geraumer Zeit in aller Munde ist und so viel bedeutet wie Teilhabe am Leben.
Regelschulen verschreiben sich der Inklusion - und nehmen behinderte Schüler auf. Arbeitgeber, die etwas für ihr Image tun wollen, berufen sich auf die Inklusion - und beschäftigen Menschen, die wegen eines Handicaps nur eingeschränkt leistungsfähig sind.
"Für uns ist Inklusion nichts Neues", sagt Friederike Ködel. "Die wird bei uns schon seit Jahren praktiziert." Im Sonderpädagogischen Förderzentrum in der Hannes-Strehly-Straße leben und lernen seit jeher Kinder mit Behinderung und Kinder ohne Behinderung unter einem Dach. Es gibt dort die zwei heilpädagogische Tagesstätten, einen Kinderhort, Beratungs- und Anlaufstellen für Eltern - und die Förderschule, die seit einiger Zeit "Werner-Grampp-Schule" heißt, und, wie Friederike Ködel betont, "eine ganz normale Schule ist, an der die Kinder auch ihren Hauptschulabschluss machen können." Dass mancher trotzdem immer noch von der
"Sonderschule" spricht, schmerzt sie ein bisschen. Denn "Inklusion" bedeutet für sie auch, die Kinder zu fördern je nach ihren individuellen Bedürfnissen, ohne dabei zu werten. Denn: "Es ist normal, verschieden zu sein."
Ob es Kinder mit geistiger oder mehrfacher Behinderung sind, Kinder mit einer Lernbehinderung oder Kinder, die die Regelschule besuchen: Das Miteinander spielt im pädagogischen Konzept eine wichtige Rolle. Ob es beim gemeinsamen Mittagessen in der Caféteria ist, auf dem Spielplatz vor dem Gebäude, in Neigungsgruppen oder bei Ferienaktionen: "Es ist ganz normal, dass sich die Kinder da mischen. Und es klappt prima", sagt Peter Reuschlein.
Ehrenamtliche gesucht Peter Reuschlein und seine Kollegin haben aber neben den hausinternen Angeboten noch mehr vorzuweisen, was den Prinzipien der Inklusion entspricht.
So sind seit Jahren schon Schüler der Adalbert-Raps-Fachoberschule regelmäßig zu Gast im Förderzentrum, ums ich mit den Kindern zu beschäftigen.In Kürze soll es ein Theaterprojekt gemeinsam mit jungen Leuten vom Caspar-Vischer-Gymnasium geben.
Das ganz große Ziel steckt freilich noch in den Kinderschuhen: Eine Ehrenamtsbörse schwebt Peter Reuschlein und Friederike Ködel vor - "für Menschen, die ihre Zeit und ihre Fähigkeiten für andere einbringen wollen - und das für unsere Kinder tun".
Definition Das Wort "Inklusion" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet "Einschluss" oder auch "Enthaltensein". Inklusion bezeichnet also einen Zustand der (selbstverständlichen) Zugehörigkeit aller Menschen zur Gesellschaft, verbunden mit der Möglichkeit zur uneingeschränkten Teilhabe in allen Bereichen dieser Gesellschaft.
Das Konzept der Inklusion wendet sich damit gegen das "an den Rand drängen" von Menschen - beispielsweise wegen einer geistigen oder körperlichen Behinderung. Verschiedenheit wird im sinne der Inklusion als positiver Bestandteil von Normalität betrachtet.
Spenden Dass sich das Bücherregal in der Caféteria des Förderzentrums kurz vor Weihnachten merklich gefüllt hat, ist dem Ladies' Circle Kulmbach zu verdanken. Die "Ladies" haben ein Bücherpaket im Wert von 300 Euro spendiert. Unterstützt hat die Aktion die Buchhandlung Friedrich.
Lesepaten Weil die Vorleseaktion so gut angekommen ist, wünscht man sich im Förderzentrum "Lesepaten" für die Kinder, die regelmäßig, je nach ihren individuellen Möglichkeiten, für die Kinder solche Lesenachmittage veranstalten.
Ehrenamtsbörse Im
Förderzentrum will man langfristig auch eine Ehrenamtsbörse aufbauen. Gedacht ist daran, Menschen, die Zeit und Lust haben, sich mit den Kindern zu beschäftigen, und die Kinder zusammenzubringen: Zum Malen, Werkeln, Sport treiben und mehr.
Kontakt Wer seine Zeit und seine Fähigkeiten für die Kinder einbringen möchte, kann sich im Sekretariat des Förderzentrums in der Hannes-Strehly-Straße unter Telefon 09221/65669 melden.