Nach dem verheerenden Unglück im Schwarzwald stellt sich die Frage: Kann so etwas auch bei uns passieren? Was die Behindertenwerkstätten und Heime für die Sicherheit ihrer Bewohner tun.
Das ist der Alptraum für all jene, denen die Sorge für Menschen obliegt, die sich selbst nicht oder nur schwer helfen können: In einer Werkstatt für geistig behinderte Menschen in Titisee-Neustadt im Schwarzwald ist am Montag ein Feuer ausgebrochen. 14 Menschen starben.
Am Tag danach drehen sich die Diskussionen vor allem um die Frage: Gab es Sicherheitsmängel in dem Werkstattgebäude? Hätte womöglich verhindert werden können, dass für die behinderten Menschen ihr Arbeitsplatz zur tödlichen Falle wird? Und nicht wenige Menschen im Raum Kulmbach fragen sich, wie es um die Sicherheit in den Behindertenwerkstätten und Wohnheimen in der Region bestellt ist.
Sehr betroffen "Unsere Mitarbeiter sind sehr betroffen", sagt Hartmut Springfeld, Geschäftsführer für die Werkstätten der Diakonie Bayreuth, am Tag nach der Katastrophe.
In seinen Zuständigkeitsbereich fallen drei Werkstätten für behinderte Menschen, darunter auch die im Kulmbacher Ortsteil Melkendorf mit 155 Mitarbeitern.
Dort gilt, wie in den anderen Werkstätten auch: Regelmäßiges Training des richtigen Verhaltens kann im Ernstfall das Risiko mindern. In erster Linie setzt die Diakonie dabei auf die umfassende Schulung des Personals. "Unser Personal muss dann die Inhalte dieser Schulung aufbereiten und an die behinderten Mitarbeiter weitergeben - immer entsprechend deren Aufnahmevermögen", sagt Springfeld.
Alarmtöne und Evakuierung würden dann ganz regelmäßig trainiert: "Es ist wichtig, den behinderten Menschen die Angst vor dem Alarm zu nehmen und dafür zu sorgen, dass sie sich im Gebäude orientieren können, also zum Beispiel ihren Sammelpunkt kennen." Für die Werkstatt in Melkendorf sei erst vor drei Jahren die Brandschutzordnung komplett
überarbeitet worden, berichtet Springfeld. "Und seither wird intensiv geübt."
Kerzen sind tabu Im Wohn- und Pflegeheim für geistig und körperlich schwerst behinderte Menschen in Marienweiher hat die Katastrophe von Titisee-Neustadt große Betroffenheit ausgelöst, wie Heimleiter Olaf Langer unterstreicht. 15 Frauen und Männer werden in der Einrichtung der Arbeiterwohlfahrt von eben so vielen Mitarbeitern rund um die Uhr betreut. Dabei gelten größtmögliche Sicherheitsvorkehrungen. "Kerzen sind zum Beispiel im ganzen Haus tabu", erklärt Langer und verweist auf die Ausstattung der Räume mit Brandmeldern, diverse Fluchtwegepläne und eine Vielzahl von Feuerlöschern.
Bewohner und Mitarbeiter werden zudem auf mögliche Zwischenfälle vorbereitet.
So fand vor einigen Jahren eine groß angelegte Übung statt, bei der die örtlichen Feuerwehren alle Personen unter möglichst realistischen Bedingungen aus dem Haus evakuierten. Im nächsten Jahr ist wieder eine solche Übung vorgesehen. "So schrecklich das Unglück in der Behindertenwerkstatt auch war - es schärft die Sinne für solche Situationen."
Dass der Brand in der WfB in Titisee-Neustadt auch die Beschäftigten in der Schwarzacher Werkstatt bewegt, erklärt der Regionalleiter der Rummelsberger Dienste für Menschen mit Behinderung, Fritz Glock. "Das geht ihnen schon nach." Die Menschen mit Behinderung würden die 15 Mitarbeiter ansprechen, ob sie auch von dem Brand in den Nachrichten gehört haben, das Gespräch darüber suchen.
Zufällig fand gestern in Schwarzach auch eine lange geplante Brandschutzbelehrung statt.
Die habe durch das Unglück eine unerwartete Aktualität erlangt. "So etwas veranlasst einen, im eigenen Haus noch genauer hinzuschauen, man ist dann einfach sensibilisiert."
Behinderte reagieren anders Glock betont, dass auf eine strikte Einhaltung der Brandschutzvorgaben geachtet werde, dass die Fluchtwegepläne aushängen, die Fluchtwege gekennzeichnet und nicht verstellt sind. "Die Mitarbeiter sind angehalten, morgens alle Fluchttüren aufzuschließen." Zudem informieren sich Glock zufolge die Feuerwehren aus Schwarzach und Schmeilsdorf regelmäßig über die örtlichen Gegebenheiten. "Die letzte Übung war vor einem Jahr."
Doch die Übungen haben noch einen anderen Hintergrund: Es sei wichtig für die Wehrleute, zu wissen, dass die 60 bis 70 Beschäftigten möglicherweise anders reagieren.
Und die Menschen mit Behinderung müssten wissen, wie die Feuerwehr aussehe und was sie mache, damit kein Schreckensszenario entstehe. "Die eine Seite muss die andere kennen."
In den Himmelkroner Heimen wird mit einem mehrstufigen Konzept für Sicherheit gesorgt, erklärt Pressesprecher Thomas Schaller von der Diakonie Neuendettelsau, zu der die Heime gehören. Zum einen werde darauf geachtet, dass der Brandschutz auf baulicher Seite stets auf dem aktuellen Stand ist. Zudem würden die Mitarbeiter jedes Jahr geschult.
Insgesamt unterhält die Diakonie Neuendettelsau sechs Werkstätten für Menschen mit Behinderung, in denen 1100 Personen beschäftigt sind. In Himmelkron sind es 298. Bei einer großen Brandschutzübung räume man einmal im Jahr die ganze Werkstatt. Dieses Evakuierungstraining habe das Ziel, dass die Menschen, die dort arbeiten, im Ernstfall schnell und ohne Panik die Einrichtung verlassen.
"Und es wird überprüft, dass die Fluchtwege immer frei sind."
Auch in Seniorenheimen wichtig Große Bedeutung hat der Brandschutz auch in den Seniorenheimen im Landkreis, wo Menschen vielfach nicht mehr mobil genug sind, um sich im Ernstfall selbst in Sicherheit bringen zu können. "Unsere Mitarbeiter werden in regelmäßigen Abständen vom Sicherheitsbeauftragten der jeweiligen Einrichtung - also meistens dem Hausmeister - unterwiesen", sagt zum Beispiel Peter Konrad, Kreisgeschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt.
Nach seinen Worten werden auch neue Mitarbeiter sofort mit den Sicherheitsvorkehrungen, der Funktion von Feuerlöschern und den unterschiedlichen Fluchtwegen vertraut gemacht. Rauchmelder sind in den Einrichtungen der Awo Standard.
"Und in den neuen Einrichtungen wie in Thurnau oder Neuenmarkt gibt es Brandmelde-Zentralen, die direkt mit der Rettungsleitstelle verbunden sind."
In den Häusern gibt es so genannte Brandabschnitte, die von einander getrennt sind. Sollte ein Feuer ausbrechen, so werden die Bewohner in einen sicheren Abschnitt gebracht, von wo aus die Feuerwehr die Evakuierung vornehmen kann. Erst vor acht Wochen, so Konrad, wurde im Seniorenheim in der Brenkstraße eine Übung mit der Feuerwehr durchgeführt, wo die Personenrettung über Dach und Treppen realitätsnah geprobt wurde - in der Hoffnung, dass der Ernstfall nie eintritt.
Und das sagt die FeuerwehrRegelmäßige Übungen in Behindertenwerkstätten und Wohnheimen sind nach Ansicht von Kreisbrandinspektor Thomas Limmer, Kulmbach, auch für die Feuerwehren immens wichtig.
Zum einen dienten sie dazu, sich einen Überblick über die Örtlichkeiten zu verschaffen. "Zum anderen hat man es hier mit Menschen zu tun, die einfach anders reagieren als gesunde Menschen", sagt er - gibt aber auch zu bedenken, dass in der ersten Phase eines Unglücks, der so genannten Chaos-Phase, sehr viele Menschen ohnehin nicht rational handeln. Dies sei den Feuerwehrkräften bewusst. "Das Verhalten der Menschen im Ernstfall können wir nicht steuern", sagt Limmer. "Deshalb kommt es gerade in Behinderteneinrichtungen auch darauf an, dass die Betreuer richtig reagieren."
Um zu verhindern, dass ein Feuer in eine Katastrophe mündet, setze die Feuerwehr auf den vorbeugenden Brandschutz. In Behindertenwerkstätten,Wohnheimen oder Altenheimen fänden regelmäßig Begehungen statt, in denen man auf die Fluchtwege, die Ausstattung mit Feuerlöschern oder die Funktionalität von Notausstiegen schaue.
Von den Feuerwehr-Führungskräften würden zudem die besonderen Verhältnisse in solchen Einrichtungen dokumentiert und der Rettungsleitstelle zugänglich gemacht. "Wenn dann ein Einsatz in einem Behindertenheim, einem Altenheim oder einem Krankenhaus nötig ist, werden ganz automatisch mehr Rettungskräfte als üblich hinzugezogen."
Nehmen wir mal folgendes an:
Brand im Behindertenheim Marienweiher !
Die hochgerüstete Stützpunktfeuer Marktleugast ist zu einem Einsatz im Oberland ausgerückt !
Die Ortsfeuerwehr (ohne Atemschutz) kommt nicht mehr in die verqualmten Räume !
Man muß einige Zeit vor den Türen warten bis die erste geeignete Nachbarwehr erscheint !
Schon haben wir das gleiche Szenario wie im Schwarzwald !!!!!
Wäre anstelle des Behindertenheimes eine "Politiker,-oder Managerakademie", gäbe es diesen erheblichen Missstand bestimmt nicht. Oder?
Das zeigt mir, wie wichtig die gewählten Vertreter der Gemeinde und die Feuerwehrverantwortlichen, die Sicherheit der Behinderten und auch der Bürger in Wirklichkeit nehmen !
Verglichen mit den Sitzungsgeldern der Gemeinderäte, können die Kosten für einen Atemschutz der marienweiherer Feuerwehr aus der Portokasse bezahlt werden !