Feierstunde in Kulmbach: Protzner übt deutliche Kritik

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Der Vorsitzende des Kreiskuratoriums, Wolfgang Protzner, fand bei der Gedenkfeier zum Tag der deutschen Einheit an der Berliner Brücke wie immer deutliche Worte. Foto: Stephan Stöckel
Der Vorsitzende des Kreiskuratoriums, Wolfgang Protzner, fand bei der Gedenkfeier zum Tag der deutschen Einheit an der Berliner Brücke wie immer deutliche Worte.  Foto: Stephan Stöckel
Rainer Streit (rechts) und Benedikt Schindele umrahmten die Feier. Foto: Stephan Stöckel
Rainer Streit (rechts) und Benedikt Schindele umrahmten die Feier. Foto: Stephan Stöckel
 
Vor dem Mahnmal an der Berliner Brücke legten Landrat Klaus Peter Söllner, Oberbürgermeister Henry Schramm, die Stadträte Thomas Nagel und Simon Moritz sowie der Vorsitzende des Kreiskuratoriums, Wolfgang Protzner, ein Blumenbukett nieder. Foto: Stephan Stöckel
Vor dem Mahnmal an der Berliner Brücke legten Landrat Klaus Peter Söllner, Oberbürgermeister Henry Schramm, die Stadträte Thomas Nagel und Simon Moritz sowie der Vorsitzende des Kreiskuratoriums, Wolfgang Protzner, ein Blumenbukett nieder. Foto: Stephan Stöckel
 

Auch "Oberbedenkenträger" und "Berufsblinde" müssten erkennen, dass seit der deutschen Wiedervereinigung viel erreicht wurde.

Von Misstönen keine Spur: So harmonisch wie die Musik, mit der Rainer Streit und Benedikt Schindelen auf ihren Posaunen die Veranstaltung umrahmten, so harmonisch war auch die Feier zum Tag der deutschen Einheit am Mahnmal bei der Berliner Brücke. Anders als bei der zentralen Gedenkfeier in Dresden blieben dem Kulmbacher Gedenken Störenfriede fern. Viele Bürger, darunter zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, hatten sich auf Einladung des Kreiskuratoriums eingefunden, um der deutschen Wiedervereinigung vor 26 Jahren zu gedenken.

Dessen Vorsitzender Wolfgang Proztner fand wie gewohnt deutliche Worte. Der langjährige Stadt- und Kreisrat (CSU) machte kein Hehl aus seinem Verdruss, wie hierzulande mit dem Nationalfeiertag ("Ein überraschendes Geschenk der Geschichte an Deutschland") umgegangen wird: "Über Geschenke freut man sich gemeinhin und empfindet Dankbarkeit. Nicht so in Deutschland.
Hier freut man sich nur unbeobachtet im dunklen Keller." In der hellen Öffentlichkeit hingegen, so der Redner, werde - mit dem entschuldigenden Verweis auf einen demokratischen Diskurs - an allem und jedem herumkritisiert. Protzner: "Oberbedenkenträger haben die Menschheit noch nie vorangebracht."


Es gibt blühende Landschaften

Der Redner beklagte, dass es mühsam sei, dagegen anzugehen. Zugleich strich er heraus, dass es die vom ehemaligen Bundeskanzler Helmut Kohl versprochenen blühenden Landschaften in Ostdeutschland inzwischen geben. "Nur politisch Berufsblinde können das anzweifeln", sagte er.

Musiklehrer Rainer Streit und sein Schüler Benedikt Schneider spielten erstmals bei der Gedenkfeier. Für beide ist es eine Ehre, die Feierlichkeiten festlich umrahmen zu dürfen, und eine Selbstverständlichkeit. "Sie erinnern uns daran, dass es nicht selbstverständlich ist, in Freiheit leben zu dürfen", sagte Streit. Schneider, der als 16-jähriger zu den Spätgeborenen zählt, meinte: "Wenn es die Wiedervereinigung nicht gegeben hätte, dann gäbe es heute keine Reisefreiheit und Freizügigkeit zwischen West- und Osteuropa. Die Vorstellung, dass 60 Kilometer entfernt von Kulmbach, ein streng bewachter Grenzzaun verlaufen würde, wäre für mich ein unschöner Gedanke."

Gedanken über die Ursachen, warum einige Bürger mit dem Nationalfeiertag nichts anfangen können, machte sich auch Stadt- und Kreisrat Simon Moritz (SPD). Unter dem Eindruck der Geschehnisse der vergangenen Monate stellte er fest: "Viele Menschen in Ost und West sehen sich - ob objektiv berechtigt oder nicht - als scheinbare Verlierer der Wiedervereinigung. Diese Enttäuschung bringen sie durch Abkehr von unseren demokratischen Institutionen, ja vielleicht auch durch Fremdenhass zum Ausdruck."

Stadt- und Kreisrat Thomas Nagel (FDP) rief in seinen Schlussworten den Zuhörern in Erinnerung, dass man in den vergangenen 26 Jahren im wiedervereinigten Deutschland viel geschaffen habe. "Das müssen wir ins Bewusstsein rücken. In der Politik und in den Medien müssen wir den Mut haben zu sagen, was wir gemeinsam in Deutschland alles erreicht haben", betonte er.

Mit breiter Brust sangen die Teilnehmer der Feierstunde - darunter auch Landrat Klaus Peter Söllner (FW) und Oberbürgermeister Henry Schramm (CSU) - die deutsche Nationalhymne und die Europahymne. Zur Erinnerung an die Opfer der deutschen Teilung wurden Blumen niedergelegt.